Als portugiesische Seefahrer 1418 auf der unbewohnten Vulkaninsel Madeira landeten, hätte wohl niemand zu prophezeien gewagt, dass hier dereinst einer der berühmtesten und langlebigsten Likörweine erzeugt werden würde. Aufgrund des gleichmässigen feuchtwarmen Klimas wurde zunächst vorwiegend das damalige Luxusprodukt Zuckerrohr angepflanzt.

Madeira war Anfang des 16. Jahrhunderts der grösste Zuckerrohrproduzent der Welt. Erst um 1570, als Brasilien billigeres Zuckerrohr liefern konnte, begann man auf Rebbau umzustellen. Die Schiffe, die den Hafen von Funchal als Zwischenstation auf dem Weg nach Afrika, Asien und Südamerika anliefen, nahmen die auf der Insel erzeugten Weine an Bord.

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Schon bald begann man die Weine mit Alkohol zu spriten, damit sie die langen Seereisen unbeschadet überstehen konnten. Dabei stellte man fest, dass die in Fässern transportierten Weine besser schmeckten, wenn sie die Reise durch die Tropen im Rumpf eines Schiffes hinter sich hatten. Es kam deshalb der Brauch auf, Madeira-Weine in Fässern auf Schiffen mitzuführen, um sie auf diese Art zu verfeinern, bevor sie weiterverkauft wurden.

Typische Karamellnoten

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab man jedoch diesen kostspieligen und riskanten Brauch auf. Seither werden die Weine auf der Insel ausgebaut, wobei die besten Madeiras in Fässern in den warmen Dachgeschossen der Kellereien schonend gereift (Canteiro-Methode) werden.

Der Grossteil der Weine wird nach der Estufagem-Methode in beheizten Räumen oder in Tanks erwärmt. Auf diese Art simuliert man die Wirkung der tropischen Hitze gewissermassen im Schnellverfahren. Dabei entwickeln die Weine (es handelt sich vorwiegend um Verschnittweine) oft die für dieses Verfahren typischen Karamellnoten.

Sie werden mit Finest respektive 3 Years Old Madeira oder Reserve respektive 5 Years Old bezeichnet und in den Geschmacksvarianten Dry, Medium Dry, Medium Sweet und Sweet angeboten. Die am meisten verbreitete Traubensorte ist die rote Tinta Negra Mole. Fast alle jungen Madeiras werden aus ihr gekeltert.

Malvasia ist der süsseste Madeira-Typ

Die besten und interessantesten Madeiras werden dagegen aus vier weissen Edelsorten erzeugt. Aus der Sorte Sercial, die vorab in kühleren Höhenlagen auf der Nordseite der Insel kultivierten wird, werden trockene, säurebetonte Madeiras gekeltert. Nach einer mindestens zehnjährigen Lagerung vermögen diese Weine durch ihre subtile, finessenreiche Aromatik zu beeindrucken.

Halbtrockene Weine werden dagegen aus der Sorte Verdelho gekeltert, die nach einigen Jahren Reife Aromen von Trockenfrüchten, Nüssen und Honig entwickeln. Halbsüss präsentieren sich die Weine der Bual-Traube, die vor allem auf der wärmeren Südseite Madeiras angebaut wird. Der süsseste Madeira-Typ ist der Malvasia (Malmsey), bei dem Aromen von Vanille, Honig, Kaffee und kandierten Früchten dominieren.

Die aus den vier Edelsorten gekelterten Madeira-Weine werden in verschiedenen Varianten angeboten: Mit Alters- oder mit Jahrgangsangabe, wobei Letztere in zwei Varianten auf den Markt gelangen, als Frasqueira, der offiziellen Bezeichnung für Vintage Madeira, und als Colheita.

Anders als banale Modeweine

Während ein Frasqueira-Madeira mindestens 20 Jahr im Fass lagern muss, bevor er in den Verkauf gelangen darf, beträgt die vorgeschriebene Fassreife der Colheita-Weine lediglich 5 Jahre.

Die Welt der Madeira-Weine mag, wie vieles, was auf eine lange Tradition zurückblicken kann, kompliziert und unübersichtlich erscheinen. Darin liegt wohl auch einer der Gründe dafür, dass diese oftmals grossartigen Weine aus der Mode gekommen sind.

Doch anders als bei den banalen und uniformen Modeweinen eröffnet sich einem mit jedem Schluck eine Geschmackswelt voller Überraschungen und Finessen. Und zudem zeichnen sich die besten Madeiraweine durch etwas aus, von dem wir alle nur träumen können. Sie können ewig altern.

 

Vier hervorragende Madeira-Häuser: