Mit dem Absturz der BZ-Gruppe ist offensichtlich geworden: Um seinen Ambitionen gerecht zu werden, nahm Martin Ebner (57) halsbrecherische Risiken in Kauf. Der Hang zum unternehmerischen Vabanquespiel, dieses apodiktische Alles-auf-eine-Karte-Setzen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Vita des gestrauchelten Finanzakrobaten.

«Ebner war schon immer ein Gratwanderer, der mit einem Fuss über dem Abgrund schwebte», beschreibt ein ehemaliger BZ-Kadermitarbeiter die Spielernatur des BZ-Strategen. Für Hunderte von Millionen Franken, erinnert sich dieser, habe Ebner bereits in den Anfangsjahren auf Zusehen hin Aktien gekauft – in der unerschütterlichen Überzeugung, die betreffenden Titel noch am gleichen Tag bei seiner institutionellen Klientel unterzubringen. Mit stoischer Gelassenheit ging der Aktiengrossist im Verlauf seiner Karriere – nicht selten voll investiert – durch mehrere «Börsencrashs», stellte selbst bei gröbstem Gegenwind ein undurchdringliches Pokerface zur Schau und offenbarte auch in seiner unmittelbaren Umgebung kaum je so etwas wie Nerven.

Vor diesem Hintergrund von einem Ausrutscher oder einer Pechsträhne zu sprechen, die das BZ-Imperium zu Fall gebracht hat, wäre gründlich verfehlt. Mit fremdfinanzierten Wetten auf den Börsenaufschwung hat Martin Ebner alles gewagt und – so wie es gegenwärtig aussieht – alles verloren. Aus einem mehrfachen Milliardär und schier allgegenwärtigen Strippenzieher der Schweizer Finanzszene ist innerhalb weniger Monate ein Nonvaleur geworden. Ebners BZ Gruppe Holding (BZGH) mit Sitz in Freienbach SZ ist massiv überschuldet. Die bei den Banken aufgenommenen Lombardkredite übersteigen den kumulierten Wert der im BZGH-Portefeuille verbliebenen Beteiligungen noch immer um mehr als eine halbe Milliarde Franken.

Auch seinen Mitarbeitern verlangte Ebner stets höchste Risikobereitschaft ab. Mit Massnahmen, die zuweilen an Nötigung grenzten, drängte er junge BZ-Angestellte dazu, sich mit eigenen finanziellen Mitteln massgeblich an der BZGH zu beteiligen. Mit verlockenden Optionsplänen versuchte Ebner, aufstrebende Kaderleute für mindestens fünf Jahre an ihren Arbeitsplatz bei der BZ zu ketten. Wer es vorzog, seinen Job vor Ablauf der vereinbarten Optionsfrist an den Nagel zu hängen, oder diesen wegen Differenzen mit dem anspruchsvollen Chef unfreiwillig verlor, wurde nachträglich auch noch dafür bestraft. Laut Arbeitsvertrag verfielen die Optionen vorzeitiger BZ-Abgänger wertlos. Selbst wer es fünf Jahre oder länger im Ebner-Stall aushielt, blieb beim Einlösen der Optionen beziehungsweise beim Rückverkauf seiner BZGH- Anteile auf den Goodwill des dominierenden Alphatiers angewiesen.

Von den langjährigen Mitstreitern des Aktiengurus scheint seit Jahren niemand mehr abgesprungen oder ausbezahlt worden zu sein. «Seit Anfang der Neunzigerjahre hat keiner der beteiligten Partner Geld gesehen», weiss ein Insider. Die grössten Anteile an der BZGH halten – abgesehen von Martin und Rosmarie Ebner (46 Prozent der Stimmen) – die Getreuen der ersten Stunde: Philipp Achermann (9,9 Prozent der Stimmen), Alfred Hostettler (9,5 Prozent) und Walter Strub (7,8 Prozent).

Mit geschätzten Anteilen von jeweils zwei bis drei Prozent an der Dachgesellschaft beteiligt sind des Weiteren auch noch der langjährige VR-Präsident der BZ Bank, Rechtsanwalt Konrad Fischer, der schwedische Ebner-Intimus Johan Björkman und die Erbengemeinschaft des vor zweieinhalb Jahren bei einem Flugunfall ums Leben gekommenen Ebner-Schülers Ernst Müller-Möhl.

Wenn aber die BZGH auf dem Papier nichts mehr wert ist, gehen auch Ebners Weggefährten leer aus. Besonders ungemütlich wirkt sich der eingetretene Buchverlust für diejenigen unter ihnen aus, die dem Vorbild des Meisters gefolgt sind und sich auf der Basis ihres fiktiven Beteiligungsvermögens bei den Banken verschuldet haben. Eng werden könnte es etwa für den BZ-Veteranen Walter Strub, der an seinem früheren Wohnort Oberrieden ZH im Jahr 2000 noch ein Vermögen von rund 400 Millionen Franken versteuert hat. Für einen zweistelligen Millionenbetrag hat sich Strub mittlerweile ein neues Eigenheim mit allen Schikanen errichten lassen. Seit letztem August residiert er hinter einer überdimensionierten Betonfassade in der Gemeinde Freienbach, nicht weit von Ebners Wohnsitz entfernt.

Geschmackvoller nimmt sich die grosszügige Villa mit Seeblick aus, die sich Philipp Achermann in der steuerprivilegierten Prominenten-Enklave St. Niklausen zugelegt hat. Wie bei allen BZ-Direktoren üblich liess sich auch der diplomierte Bücherexperte von Ebner ein Grundsalär von lediglich 180 000 Franken pro Jahr überweisen. So schafften es Achermann und seine ausgebufften Kollegen, den Fiskus bei der Einkommenssteuer über Jahre hinweg leer laufen zu lassen.

Seinen Alterswohnsitz ins Tessin verlegt hat Alfred Hostettler, der einer der gewichtigsten BZGH-Miteigentümer geblieben ist, obwohl er sich schon vor Jahren vom Tagesgeschäft zurückgezogen hat.

Ende der Achtzigerjahre hatte der Sohn eines Luzerner Töffmechanikers seinen Erbteil an der Hostettler AG in Sursee (Yamaha-Generalimporteur) eigens liquidiert, um sich mit dem frei gewordenen Kapital bei Ebners Finanzholding einzukaufen. So wie es um die BZ-Gruppe heute steht, wäre «Hosti» mit seiner Töffbeteiligung entschieden besser gefahren.
Partner-Inhalte