Nick Hayek (47) zeigt noch immer Piratenflagge. Das Markenzeichen hat den Umzug vom Swatch-Chefbüro in die Konzernzentrale der Swatch Group überstanden und signalisiert heute wie früher: Hier führt ein Freigeist das Kommando, einer, der sich selbst treu geblieben ist, auch wenn er bald als Kapitän auf der Brücke des grössten Uhrenherstellers der Welt stehen wird. Zum Jahreswechsel wird Georges Nicolas Hayek junior, wie er mit vollem Namen heisst, das CEO-Ruder von seinem Vater übernehmen. Der Aufstieg von Hayek junior an die Konzernspitze kam nicht über Nacht. Nick arbeitet seit 1994 im Unternehmen, zuerst als Marketingleiter bei der Swatch AG, ab 1998 als deren Präsident, seit 2000 als deren VR-Delegierter und zusätzlich als Verantwortlicher für mehrere Schlüsselmärkte der Swatch Group. Mit seiner fordernden, häufig auch ungeduldigen Art hat er sich auf diesem Weg nicht nur Freunde gemacht. «Don’t be Swiss!», lautet sein Lieblingsspruch, wenn es ihm zu wenig schnell geht. Der seit 1991 mit der aus Sarajewo stammenden Liliana verheiratete Hayekist als Manager ein Quereinsteiger. Nach wenigen Semestern an der Hochschule St. Gallen wechselte er an eine Filmakademie in Paris. Seine Jahre als Filmschaffender, sagt Hayek, möchte er nicht missen, sie hätten ihn für immer geprägt. Der unkonventionelle Werdegang hat jedoch zur Folge, dass Hayek kaum auf ein eigenes Business-Beziehungsnetz ausserhalb der Firma zurückgreifen kann. «Die Beziehungen des Vaters», sagt ein ehemaliger Swatch-Weggefährte des Juniors, «werden auf den Sohn übertragen. Es wird sich zeigen, ob dieses Netz Bestand hat, wenn der Vater weg ist.»


Sein Clan
Die wichtigste Bezugsperson im Umfeld von Hayek junior, da sind sich Kenner der Swatch-Verhältnisse einig, bleibt bis auf weiteres Nicolas G. Hayek. Das Verhältnis zwischen den beiden, so berichten Vertraute übereinstimmend, sei in den vergangenen Jahren immer ausgeglichener geworden. Der Vater ist dem Sohn ein grosses Vorbild («herausragender Unternehmer», «visionäre Ideen»), unter einem Vaterkomplex leidet er deswegen nicht. Er werde keine Kopie seines Vaters abgeben, erklärt Nick Hayek in der Öffentlichkeit regelmässig. «Ich habe keine Profilneurose.»

Nicht unwesentlich an der guten Beziehung zwischen Vater und Sohn beteiligt ist Marianne Hayek Mezger. Das Kindermädchen aus dem bernischen Kallnach und der spätere helvetische Vorzeigeunternehmer lernten sich in dessen Heimat Beirut kennen. Das Verhältnis von Nick Hayek zu seiner Mutter gilt als ausgesprochen eng, der tägliche Telefonanruf ist eine Selbstverständlichkeit.

Mit Schwester Nayla Hayek verkehrt Nick nicht nur privat, sondern auch geschäftlich. Seit 1995 sitzt sie im Verwaltungsrat der Swatch Group. Mit ihrem Gestüt in Schleinikon ZH ist Nayla in erster Linie eine bekannte Züchterin von Araberpferden. Als Vertreterin der Uhrenindustrie sitzt sie im Verwaltungsrat der Suva. Naylas Sohn Marc Alexander Hayek ist einer der engsten Vertrauten von Nick Hayek überhaupt. Wie Brüder sind die beiden im Hayek-Haushalt in Meisterschwanden aufgewachsen, und bis vor kurzem teilten sie sich ein Haus am Zürichberg. Nun aber ist der Neffe und Intimus des kommenden Swatch-Konzernleiters nach Lausanne umgezogen. Denn nach Anfängen im Swatch-Marketing und einem Abstecher in die Gastronomie ist Marc Hayek heute Chef der Traditionsmarke Blancpain, eines der Luxus-Labels der Swatch Group, mit Sitz am Genfersee. Aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen hat sich Onkel Sam Hayek, einst Partner von Nicolas G. bei der Unternehmensberatung Hayek Engineering und später glückloser Chef der Freiburger Brauerei Sibra.

Seine Connections im Film-Business
Den Einstand als Unternehmer gab Nick Hayek Ende der Achtzigerjahre als Gründer der Produktionsgesellschaft Sésame Films in Paris und der Hayek Film in Zürich. Zu den Beziehungen aus dieser Zeit zählen Florence Borelly, Geschäftsführerin von Sésame, und Liberato Maraia, Regisseur und Produzent bei der Zürcher Eye to Eye. Prominentere Hayek-Bekannte aus vergangenen Filmtagen sind die Regisseure Spike Lee und Pedro Almodovar, die beide als Gestalter von Swatch-Modellen oder -Werbefilmen in Erscheinung getreten sind. Freundschaftlichen Umgang pflegt Hayek nach wie vor mit Schauspieler Peter Fonda («Easy Rider»), dem Star aus seinem ambitioniertesten Spielfilm, «Family Express» (1990). Eine kleinere Rolle in dem nicht eben erfolgreichen Streifen spielte auch Teco Celio, einer der wenigen engen Freunde Hayeks. Bundesratsfilius Teco und seine Frau Silvia Celio gehörten zu den 600 VIP-Gästen, als die Swatch Group kürzlich mit königlichem Pomp den 200. Geburtstag ihrer Edelmarke Breguet feierte – im Schloss Versailles.

Die Gleichgesinnten
Der kommende Mann an der Swatch-Spitze bezeichnet sich selbst als «Teamplayer», der in seinem Arbeitsumfeld alle Beziehungen gleichwertig pflegt. Was allerdings nicht heisst, dass die Sympathien auf der Swatch-Chefetage gleichmässig verteilt wären. Besonders gut kann es Hayek junior mit dem Italiener Michele Sofisti, seinem Nachfolger als Verantwortlicher für die Marke Swatch. Der gelernte Geologe amtete bereits erfolgreich als Omega-Chef.

Eine eigentliche Freundschaft verbindet Nick Hayek mit Jean-Claude Biver, ehem als Blancpain-Chef und heute Berater der Swatch-Konzernleitung. Zwischen den beiden, so erzählen Mitarbeiter, spiele eine besondere persönliche Chemie und Biver sei begeistert von Hayeks kreativem Output. Einen guten Draht unterhält Hayek junior auch zu Ernst Tanner, dem Chef von Lindt & Sprüngli und Mitglied des Swatch-Verwaltungsrates. Die beiden beraten sich auch ausserhalb der VR-Sitzungen. Zum Beispiel über Strategien für das US-Retailgeschäft, in dem sich Tanner bestens auskennt.

Die Crew seines Vaters
Seit Nick Hayek 1998 als Chef der Marke Swatch in die Leitung des Konzerns eingezogen ist, kann er sich auf eine seit Jahren eingespielte Truppe stützen – das zuverlässige und effiziente Dreamteam seines Vaters. Die drei Herren Bally, Geiser und Rentsch zählen schon beinahe zum Inventar des Hauses. Sie standen Hayek seniorals Mitglieder der Konzernleitung treu zur Seite, seit dieser 1986 die serbelnde Schweizer Uhrenindustrie zur SMH und späteren Swatch Group neu aufbaute. Edgar Geiser ist der Finanzchef des Konzerns, Anton Bally wacht als ETA-Chef über dessen industrielle Basis, und Hanspeter Rentsch ist verantwortlich für Rechts- und Personalfragen. «Würde sich Nick mit diesen tragenden Figuren nicht gut stellen», so ein Eingeweihter, «hätte er ein Problem – mit seinem Vater.»
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