Als ihre Reputation noch auf luftigen Höhen tänzelte, galt es als die grösste Stärke der promovierten Physikerin Angela Merkel, die Probleme vom Ende her zu denken – so räumte sie ihre meist testosteron-gesteuerten Rivalen ab. Sie versucht es auch dieses Mal: Eine Frau namens Annegret Kramp-Karrenbauer, so ihr Masterplan, soll sie beerben.

Schon Merkel setzte eher tiefe Standards in den Kategorien Ausstrahlung und Redegewalt, doch sie hat es tatsächlich geschafft, eine Nachfolgekandidatin zu finden, die sie hier noch unterbietet (und man mag gar nicht daran denken, wie Engländer oder gar Franzosen eine mögliche Kanzlerin Annegret Kramp-Karrenbauer aussprechen würden).

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Dass da mit einem gewissen Friedrich Merz, ein Mann fast aus dem letzten Jahrtausend, aus dem Stand an Merkels Favoritin vorbeizieht, offenbart für mich vor allem eines: den Niedergang der politischen Klasse in den letzten Jahren. Und das nicht nur in Deutschland – Nahles! Lindner! Sondern in ganz Europa.

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Auch Europa fehlt es an politischer Klasse

In England hat Jeremy Corbyn, ein Alt-Linker mit antisemitischen Neigungen, reelle Chancen, den EU-wunden Sprechroboter May abzulösen. In Italien gibt der simpel strukturierte Polit-Flegel Salvini den Ton an. In Spanien hat der neue Regierungschef gerade 24 Prozent der Abgeordneten hinter sich, in Schweden findet sich gar keine Regierung, und über Osteuropa schweigen wir lieber. Selbst Jupiter Macron schwächelt, nachdem er zuvor die morsche Classe politique zertrümmert hat.

Und wer hat derzeit die besten Chancen, im nächsten Jahr als oberster Europäer den taumelnden Juncker zu beerben? Ein gewisser Manfred Weber, grauer EU-Parlamentarier aus Bayern, der selbst dort nur zweite Wahl war. In diesem Klima kann in der mächtigsten Wirtschaftsnation Europas plötzlich ein schon ausrangierter Polit-Veteran wie Merz zum grossen Hoffnungsträger aufsteigen. Unser Bundesrat strahlt plötzlich sehr hell.