Ernst Schneiders persönliches Fitnessprogramm: eine leichte Zigarre frühmorgens, eine kräftigere nach dem Mittagessen und abends eine zum Abrunden. Damit hat er es zu einem rüstigen Alter gebracht. 83 ist er kürzlich geworden, und noch immer amtet er als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates der Oettinger-Davidoff-Gruppe.

Dass einer in diesem Alter noch an der Spitze eines Milliadenkonzerns steht, entspricht nicht dem Ideal der Nachfolgeindustrie, die in ihren Seminaren eine Regelung der Stabübergabe ab 55 empfiehlt. Doch der Bonvivant der alten Schule sagt: «Bis jetzt ist noch keiner gekommen und hat gesagt, ich müsse abtreten. Es ist ja alles geregelt für den Fall, dass mir etwas passiert. Wir haben einen CEO, und die Firma gehört heute der Familie, die sich in einer Holding organisiert hat.»

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Vor sieben Jahren erst, mit 76, hat er die operative Leitung abgegeben – an einen Externen, der nicht aus seiner Familie stammt, die den Tabakkonzern heute allein besitzt. Im vergangenen Herbst nahm Schneider dann die eigene Dynastie in die Pflicht. Man fuhr an einen Workshop ans IMD in Lausanne, um sich darüber klar zu werden, was mit dem stattlichen Unternehmen, das zwei Milliarden Umsatz macht, geschehen sollte. «Hätte es in der Familie Streit gegeben, hätte ich verkauft», sagt er. Doch die 15 Mitglieder des Schneider-Clans stellten sich hinter das Unternehmen und beschlossen, auf die Enkel zu setzen. Das Ziel ist, dass einer von ihnen mittelfristig auch die operativen Geschäfte übernimmt.

Ernst Schneider hat das Unternehmen zur heutigen Grösse geführt, er hat die legendäre Marke Davidoff ins Haus geholt. Noch heute nimmt er nicht mehr als eine Woche Ferien am Stück. Eine delikate Ausgangslage für die Enkel, von denen einer bereits im Unternehmen arbeitet: Christian Schaffner (32), Jurist wie der Grossvater. Kein Problem, sagt natürlich Schneider, «ich lasse ihn an der langen Leine». Kein Problem, sagt auch Schaffner, der die Lizenzpartner betreut. «Man kann ihm alles sagen, wenn man nicht einverstanden ist.» Und wer entscheidet schliesslich? «Ich», lacht Schneider und zieht genüsslich an seiner Davidoff Millennium Blend Robusto.

Der Patron, der selber einst in jungen Jahren nicht mit dem etwas cholerischen Schwiegervater zusammenarbeiten wollte, ist immer zu Scherzen aufgelegt. «Loslassen ist für mich kein Problem», sagt er, ein geübter Causeur, «in den Ferien vergesse ich das Geschäft sofort.» Oder: «In Ehe und Firma sind die ersten fünfzig Jahre die schwierigsten. Die habe ich bereits hinter mir.»

Der Enkel sitzt ihm gegenüber, saugt an einer Zigarette und hört höflich zu – er kennt die Sprüche schon. «Ich habe nie einen Druck verspürt, dass ich hier arbeiten müsste. Aber es war angenehm zu wissen, dass sich da gegebenenfalls etwas machen liesse.» Was das schliesslich genau sein wird, weiss er nicht. Sagt er. Er gibt sich zurückhaltend, will keinesfalls den Anschein erwecken, dass da schon etwas entschieden ist.

Der Nachfolger, so sagt Schneider, der sich vorbehält, ein gewichtiges Wort mitzureden, muss seinen Posten auch ausfüllen können. «Wir wollen den richtigen Mann, die richtige Frau am richtigen Platz.» Er ist nicht pressiert, und man glaubt es ihm, wenn er einwirft, er schliesse nicht aus, als graue Eminenz weitere siebzehn Jahre anzuhängen. «Meine Schwiegersöhne sind angewiesen, mich kaltzustellen, sobald ich gaga werde.»