Als Anti-Establishment-Kandidat hat er das Weisse Haus erobert - und nun ist es ausgerechnet ein Vertreter des politischen Establishments, den Donald Trump für einen Schlüsselposten in seiner Regierung ernannt hat. Reince Priebus, der bisherige Vorsitzende der Republikanischen Partei, wird sein Stabschef.

Die Personalentscheidung ist ein Signal an die von Trump im Wahlkampf geschmähte Elite der eigenen Partei, dass er eine enge Zusammenarbeit mit ihr anstrebt.

Der Stabschef ist der zweitwichtigste Mann im Weissen Haus. Er leitet den Mitarbeiterstab und entscheidet, wer Zugang zum Präsidenten bekommt. Priebus' wichtigste Aufgabe wird es sein, die Beziehungen zum Kongress zu pflegen und so die Umsetzung der Vorhaben seines Chefs zu erleichtern. Der pragmatische und umgängliche Jurist hat als Leiter der Parteizentrale enge Kontakte zu den republikanischen Parlamentariern aufgebaut, von denen Trump profitieren will.

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Stephen Bannon wird Chefstratege

Einen besonders kurzen Draht hat Priebus zum mächtigen Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, der wie er aus dem Mittelweststaat Wisconsin stammt. Ryan soll sich denn auch zusammen mit dem republikanischen Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, nach Informationen des TV-Senders CNN bei Trump dafür eingesetzt haben, dass Priebus Stabschef wird.

Im fanatischen Flügel der Trump-Anhängerschaft könnte die Nominierung des 44-Jährigen allerdings einigen Missmut hervorrufen. Dort gab es Hoffnungen, dass Trumps Kampagnenleiter, der ultrarechte Heisssporn Stephen Bannon, Stabschef werden könnte. Allerdings wurde Bannon keinesfalls abserviert, sondern bekommt ebenfalls einen Top-Posten: Er wird Chefstratege des Präsidenten.

Wille zum Konsens

Dass Trump diese beiden ersten Besetzungen in seinem Regierungsteam zeitgleich bekanntgab, kann als Ausdruck seines Bestrebens verstanden werden, einen flügelübergreifenden Konsens als Basis der Regierungsarbeit herzustellen. Der designierte Präsident hob hervor, dass Priebus und Bannon als «gleichberechtigte Partner» zusammenarbeiten würden.

Aufgrund der Erfahrungen im Wahlkampf scheint Trump darauf zu vertrauen, dass seine beiden charakterlich so konträren Spitzenberater sich im Weissen Haus nicht in Machtkämpfe verstricken werden. Denn bislang haben Priebus und Bannon offenbar gut zusammengearbeitet. Auch an der Entscheidung über ihre Regierungsposten sollen sie laut CNN beide selber mitgewirkt haben.

Für Loyalität belohnt

Mit seiner Nominierung wird Priebus nicht zuletzt für die Loyalität belohnt, die er während des Wahlkampfs gezeigt hat. Zwar hielt der Parteichef mit Kritik am Kandidaten keineswegs völlig hinterm Berg. Als etwa das Skandalvideo mit Trumps frauenverachtenden Sprüchen publik wurde, erteilte Priebus dem Immobilienmogul eine scharfe Rüge: «Keine Frau sollte jemals mit derartigen Worten beschrieben werden.»

Doch inmitten der heftigen innerparteilichen Streitigkeiten um die Präsidentschaftskandidatur des polternden Quereinsteigers warb Priebus stets nachdrücklich dafür, dass die Republikaner sich hinter ihrem Präsidentschaftskandidaten zu versammeln hatten. Schon damals bemühte er sich auch darum, die zwischen Trump und Ryan wiederholt aufgewallten Wogen zu glätten.

Wenig bekannt

In der US-Öffentlichkeit ist Priebus bislang wenig bekannt - was auch damit zu tun hat, dass die Parteichefs in den USA keine so wichtige Stellung wie etwa in der Schweiz haben. Ihre Aufgaben sind grossteils organisatorischer Art.

Priebus hat sich im Parteiapparat innerhalb weniger Jahre hochgearbeitet. Nach dem Jura-Abschluss in Miami trat der Sohn eines Elektrikers in Wisconsin in eine Anwaltskanzlei ein, einige Jahre später wurde er Parteichef der Republikaner in seinem Heimatstaat.

2011 wurde er dann zum landesweiten Parteivorsitzenden gekürt - ein Posten, den der zweifache Familienvater inzwischen so lange ausübt wie niemand vor ihm.

Trump als «freundlichen, angenehmen Typ» kennengelernt

Während des Wahlkampfs scheint Priebus eine vertrauensvolle Beziehung zu Trump entwickelt zu haben. Nach der Krawall-Kampagne des Populisten arbeitet der 44-Jährige nun daran, das Image des gewählten Präsidenten weichzuspülen.

Die Wahlkampfauftritte hätten keineswegs den ganzen Donald Trump gezeigt, beteuert Priebus. Abseits der Tribüne habe er Trump als «nachdenkliche Person» und «freundlichen, angenehmen Typ» kennengelernt.

(sda/ccr)