Vibrierende Farbflächen, rotierende Scheiben, flimmernde Lichtspiele: Die kinetische Kunst sowie die verwandte Op-Art machen sich die Trägheit des menschlichen Auges zunutze, um statische Bilder in bewegte Oberflächen zu verwandeln. Die Grenzen zwischen den beiden Kunstrichtungen, die ihren Höhepunkt in den 1960er- und 1970er-Jahren erreichten, sind fliessend. Die gegenstandslose, konstruktive Op-Art (abgeleitet von «optical art») suggeriert die Bewegung jedoch lediglich, indem sie Licht- und Oberflächenreize vortäuscht. Die Bilder, Reliefs und Skulpturen verdanken ihre Raumwirkungen den Flimmereffekten, die durch die mangelnde Auflösungsfähigkeit des menschlichen Auges hervorgerufen werden. Als entscheidende Impulsgeber der Op-Art gelten die Engländerin Bridget Riley sowie Victor Vasarely mit seinen geometrischen, intensiv farbigen Bildern.

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Victor Vasarely ist in den letzten Jahren zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere in den 1970er-Jahren hatte er die enorme Nachfrage nach seinen Werken nicht zuletzt mittels Editionen und Multiples bedient. Die damit einhergehenden Diskussionen um Aura, Echtheit und Wert eines Kunstwerkes begründeten schliesslich das Ende seiner Karriere. Mit «Victor Vasarely – Die Wiederentdeckung des Malers» widmet das Zürcher Museum Haus Konstruktiv dem aussergewöhnlichen Künstler nun bis zum 18. Mai eine umfassende Ausstellung. Vasarely (geb. 1906 im ungarischen Pécs) experimentierte bereits während seines Kunststudiums mit räumlichen Effekten. Nach seiner Übersiedlung nach Paris im Jahr 1930 arbeitete er als Werbegrafiker und begann gleichzeitig mit der Ausformulierung seiner künstlerischen Formensprache. Als Zeitgenosse der Zürcher Konkreten Max Bill, Richard Paul Lohse, Camille Graeser und Verena Loewensberg stand Vasarely deren Kunstauffassung nahe. Ab dem Ende der 1940er-Jahre schlug er jedoch einen anderen Weg ein. Die Ausstellung umfasst den Zeitraum 1947 bis 1974, der von verschiedenen Schaffensperioden gekennzeichnet ist. Von 1951 bis 1954 beschäftigte sich der Künstler ausschliesslich mit Schwarz-Weiss-Kompositionen, während zugleich seine ersten «kinetischen Tiefenbilder» entstanden: Übereinander montierte Plexiglasscheiben mit schwarz-weissen Kompositionen, die spezifische räumliche Wirkungen erzeugen. Während die «kinetischen Tiefenbilder» eine reale Bewegung des Betrachters animieren, sollten die zweidimensionalen strukturellen Überlagerungen den Sehprozess aktivieren mit dem Ziel einer generellen Verunsicherung der Wahrnehmung.

Italienischer Kinetismus stark im Trend

Während bei der Op-Art das Bewegungsmoment virtuell ist, werden kinetische Kunstwerke mithilfe von Wind- oder Motorkraft tatsächlich in Bewegung gesetzt – aus der Abbildung von Bewegung wird echte Bewegung. Berühmte Beispiele dafür sind etwa die Kunstmaschinen Jean Tinguelys oder die Mobiles von Alexander Calder. Für die Werke Calders, der zu den Hauptvertretern der kinetischen Plastik zählt, werden heute nicht selten siebenstellige Preise auf dem Kunstmarkt gezahlt. Auch Kinetismus aus Italien ist immer stärker gefragt. So verkaufte Dorotheum in Wien letztes Jahr ein optisch-dynamisches Objekt von Dadamaino für 134 500 Euro. Auch die Werke der 1958 gegründeten deutschen Künstlergruppe «Zero», berühmt durch ihre lichtkinetischen Arbeiten, sind auf dem Markt gefragt. In den 1980er-Jahren wurden schliesslich auch Spiegelflächen oder elektrische Lichtquellen in die Arbeiten integriert. Die Bilder und Bildobjekte wurden dadurch jeglicher Materialität beraubt. Ein solches sphärisches Hohlspiegelglasobjekt von Adolf Luther ist beim Dorotheum am 20. Mai auf 35 000 bis 45 000 Euro geschätzt. In dieser Auktion mit zeitgenössischer Kunst werden etliche Werke der Kinetik und der Op-Art angeboten, unter anderem von Ludwig Wilding und Victor Vasarely.