Schon vor Jahren begann der Londoner Kunsthändler Robin Symes damit: Er präsentierte antike Kunstobjekte nicht in erster Linie als archäologische Fundstücke, sondern kombinierte sie mit Kunst aus völlig anderen Kulturen und Epochen. Nicht nur in Grossbritannien schätzt man den eklektischen Gedanken. Den Mix der Stile und Epochen zelebriert etwa auch der Münchner Kunsthändler Konrad Bernheimer, der Werke alter Meister mit moderner Fotografie mischt und mittlerweile über die Hälfte seiner Altmeistergemälde an Sammler moderner Kunst verkauft. Denn für die Summe, die man heute auf Auktionen für einen zeitgenössischen Künstler zahlt, bekommt man auch einen sehr guten alten Meister.
Der Gedanke des Crossover spricht vor allem Sammler zeitgenössischer Kunst an. Ging es traditionellen Sammlern früher darum, ihre Kennerschaft zu dokumentieren und ein Fachgebiet möglichst vollständig zusammenzutragen, streben Crossover-Sammler danach, ein individuelles Ensemble möglichst perfekt zu gestalten. Einer der bekanntesten Vertreter des Crossover ist der Belgier Axel Vervoordt – Galerienbesitzer, Kunsthändler, Kunstsammler und Interior-Designer. Bekannt geworden ist Vervoordt mit seinem unverwechselbaren Stil, der sich weder auf eine Kunstrichtung noch auf ein Kunsthandwerk noch auf eine spezielle Epoche festlegen lässt. Die Mischung ist es, welche seine unverwechselbare Handschrift ausmacht. An der kürzlich zu Ende gegangenen Brafa in Brüssel, wo Vervoordts Stand zu den Publikumsmagneten gehörte, bestritt er auch einen Art Talk zum Thema «Living with Style». Denn während an Messen wie der Tefaf in Maastricht die einzelnen Sparten fein säuberlich getrennt sind, gehört es zum Konzept der Brafa, Sammelgebiete und Stile ganz ungezwungen zu mischen. Asiatische Kunstwerke finden sich hier neben Art-déco-Möbeln, antike Skulpturen neben modernen Gemälden, Altmeistergemälde neben afrikanischer Stammeskunst. Das fördert neue Sichtweisen und soll zugleich vermehrt jüngere Kunden ansprechen.
Das wohl wichtigste Kriterium beim Crossover-Sammeln ist, dass die Qualität der einzelnen Kunstobjekte stimmt. Nur dann entsteht ein harmonischer Gesamteindruck. Wie ein perfektes Miteinander aussieht, macht Axel Vervoordt in seinem Renaissance-Schloss in ’s-Gravenwezel in der Nähe von Antwerpen deutlich: Ägyptische Alabastervasen, japanische Wandschirme, antike Khmer-Skulpturen und barocke Elfenbeinarbeiten hat er vermeintlich beiläufig mit Werken von Picasso, Lucio Fontana oder des Zero-Künstlers Jef Verheyen zu harmonischen Interieurs gruppiert. Nichts wirkt hier künstlich oder gewollt. So unterschiedlich die einzelnen Kunstwerke und Objekte auch sind – ihnen allen gemeinsam ist die absolute Ruhe, die sie ausstrahlen. Viele von ihnen sind einzeln betrachtet sogar eher unspektakulär, aber in der Kombination mit anderen Werken entstehen spannungsvolle Wechselwirkungen. Die Sitzmöbel im Schloss stammen hingegen aus Vervoordts eigener «Home Collection», bieten antike Möbel doch längst nicht denselben Komfort wie moderne. Und Komfort muss sein, will man mit seinen Kunstschätzen auch wirklich leben.
Mehr als 10 000 Kunstwerke und Möbel befinden sich in Vervoordts Lager. 1999 hat er in der Nähe seines Wohnorts eine alte Malzfabrik aus dem 19. Jahrhundert gekauft und dort zusätzliche Lager, grosszügige Showrooms sowie ein Restaurierungsatelier untergebracht. «Kanaal» heisst der Gebäudekomplex, der von Sohn Boris verwaltet wird. Er dient als Mehrzweck-Kunstzentrum für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und antiker Skulpturen, für die Inszenierung von Lofts und für Konzerte moderner Musik. Was hier zelebriert wird, geht noch einen Schritt weiter als das Crossover-Sammeln. Es ist die perfekte Fusion von Kultur und Lifestyle.