BILANZ: Sind Sie grün aus Überzeugung oder aus Geschäftslogik?
RICHARD BRANSON:
Beides. Ich habe gerade das neue Buch von James Lovelock gelesen, dem wohl bedeutendsten Umweltschützer. Ich glaube, und das ist sehr bedrückend, dass die Erderwärmung ein sehr ernsthaftes Problem ist, und wir müssen voranschreiten, um es zu lösen.

Sie unterscheiden sich aber von vielen traditionellen Grünen.

Jeder sollte grün sein. Aber man muss vernünftig grün sein. Greenpeace ist grün, aber sie sind gegen Atomkraft, was sinnvoll erscheint, aber wenn man es genau untersucht, macht es keinen Sinn. Kernkraft ist eine sehr saubere und sichere Technologie, die negativen Folgen sind viel weniger schlimm als bei Kohlekraftwerken. In England wollen wir unsere Regierung überzeugen, dass sie die Atomkraft ausbaut.

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Sie sehen hier auch grosse Geschäftsmöglichkeiten?

Die Energie wird immer teurer, und das bietet jungen Unternehmen riesige Gelegenheiten. Die Welt hat nicht mehr genügend fossile Brennstoffe, die Nachfrage nach Öl wird das Angebot im Jahr 2016 übersteigen. Wenn wir aus dieser Rezession kommen, könnten wir direkt in die nächste geraten, mit Ölpreisen, die wieder auf 150 Dollar hochschiessen. Das müssen wir verhindern, und deswegen brauchen wir einen wettbewerbsfähigen sauberen Treibstoff.

Und den entwickeln Sie.

Ja, wir entwickeln alternative Treibstoffe wie Butanol, einen auf Zuckerrohr basierenden Treibstoff, der für Flugzeuge benutzt werden kann. In zwei bis drei Jahren wird die ganze Virgin-Flotte damit fliegen.

Warum steigen Sie nicht aus dem schmutzigen Transportgeschäft aus?

Dann würde jemand anders unser Geschäft übernehmen. Der gesamte Gewinn, den wir im Fluggeschäft erzielen, geht in die Entwicklung von sauberen Treibstoffen. Wir sind die einzige Fluggesellschaft der Welt, die so vorgeht.

Sie haben auch einen Preis ausgerufen, die «Virgin Earth Challenge»: 25 Millionen für die beste Idee im Kampf gegen die Treibhausgase.

Wir haben viele sehr gute Bewerbungen erhalten, es gibt aber noch keinen klaren Sieger. Wir haben auch einen «carbon war room» eingerichtet, in dem wir jeden Schritt aufzeichnen, der im Kampf gegen Kohlendioxid einen Beitrag leistet.

Passt es da, dass Sie mit dem Brawn-Team die Formel 1 sponsern?

Für uns war es eine Bedingung, dass die Formel-1-Verantwortlichen Bernie Ecclestone und Max Mosley diesen Sport zu einem sauberen, grünen Sport machen. Sie versprachen, dass bis spätestes 2013 der Treibstoff Butanol alle Motoren antreibt. Deswegen können wir die Formel 1 zu einem grünen Sport machen. Die Grünen sollen keine Spielverderber sein. Sportarten wie die Formel 1, die grossen Spass machen, sollen weiter existieren, aber sauber. Auch müssen die Leute reisen. Wenn man nicht mehr nach Afrika reisen kann, leiden die Länder dort. Die Menschen müssen ihre Waren auch exportieren können, sonst leiden ebenfalls die Länder. Deshalb brauchen wir sauberen Treibstoff für Flugzeuge.

Wie grün ist Ihr Weltraumprojekt Virgin Galactic?

Das erste Mutterschiff, «Eva», ist fertig, wir gehen in die Testphase, die ersten Flüge sollten in 18 Monaten beginnen. Die ersten beiden Menschen, die mit uns in den Weltraum reisen wollen, sind der Physiker Stephen Hawkins, der glaubt, dass die Menschheit das Weltall erkunden muss, falls unsere Spezies gezwungen sein wird, andere Planeten zu bevölkern, und der Umweltschützer James Lovelock. Er will, dass die Menschen die Erde aus dem Weltraum sehen, sodass sie umso fester entschlossen sind, den Planeten zu retten. Unser Spaceship-Programm wird auch in puncto Umweltstandards vorbildlich sein. Wir senden jemanden in den Weltraum mit den Umweltkosten, die ein Flug von London nach New York verursacht. Die Nasa braucht dafür die Strommenge, die New York in zwei Wochen verbraucht.

Sollte die Ökologisierung der Wirtschaft von der Regierung oder von Unternehmern ausgehen?

Sie sollte von Unternehmern kommen, die Regierungen sollten sie durch Steuern auf schmutzige Brennstoffe und Subventionierung von sauberen Brennstoffen fördern. Nur so werden die Leute motiviert, ihr Verhalten zu ändern.

Ihr Ziel ist es, von zwei Ihrer Inseln in der Karibik jegliches Kohlendioxid zu verbannen. Wie weit sind Sie damit?

Wir haben etwa die Hälfte geschafft. Wir haben die ersten Windmühlen installiert und arbeiten mit Solarenergie. Das hat es dort noch nie gegeben.

Wo harzt es?

Wir müssen kämpfen, denn die Regierung hat Interesse, schmutzige Energie zu verkaufen.

VIRGIN GROUP: Von allen bewundert.

Richard Branson hat aus einem Plattenlabel einen Weltkonzern geformt.
Richard Branson. gründete als 20-Jähriger die Plattenfirma Virgin und nahm zwei Jahre später mit Mike Oldfield dessen legendäres Album «Tubular Bells» auf. Es folgten die Sex Pistols, Culture Club und die Rolling Stones sowie die Ausweitung des Virgin-Brands auf andere Bereiche: Fliegerei, Telekommunikation, Geldverwaltung. Heute besteht die Virgin Group aus mehr als 200 Firmen, beschäftigt 50  000 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Dollar. In England wurde Virgin mehrfach zum «most admired brand» gekürt. Der 59-jährige Sir Richard hat sich wie nur wenige Unternehmer der grünen Sache verschrieben: Der gesamte Gewinn aus seinem Fluggeschäft geht in die Förderung schadstoffarmer Treibstoffe, und bis 2012 will er die gesamte Virgin-Flotte – u.a. Virgin Atlantic – kohlendioxidfrei machen. 2007 lancierte Branson die «Virgin Earth Challenge», einen Preis von 25 Millionen Dollar, der die besten Ideen zur Bekämpfung von Treibhausgasen auszeichnet. Branson ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt vorwiegend auf den British Virgin Islands in der Karibik.

Dirk Schütz
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