Im Schweizer Veloverleih trotzen lokale Anbieter der ausländischen Konkurrenz, die oft im Ruf steht, minderwertige Velos anzubieten. Insgesamt teilen sich rund zehn Akteure den Markt. Dieser scheint zwar noch wenig lukrativ, ist aber weltweit längst auf der Überholspur.

Noch vor kurzem hätten die grossen Schweizer Städte über noch kein sehr dichtes Netz an Mietvelos verfügt, sagt Valérie Sauter, Generalsekretärin des Forums Bikesharing Suisse und Projektverantwortliche bei Pro Velo. Die dichtesten Netze seien in den letzten Jahren in Biel, Thun und Luzern aufgebaut worden. Mit den jüngsten Projekten in Bern und Zürich holten die grossen Städte allerdings etwas auf. Der Markt entwickle sich derzeit stark.

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Der wachsende Stellenwert des Velos in der Mobilität zeigt sich auch an der kommenden Volksabstimmung vom Sonntag. Dann stimmen die Schweizer Stimmbürger darüber ab, ob sie die Velowege in der Verfassung verankern.

Wenig lukratives Geschäft

Die ersten Veloverleihanbieter tauchten in der Schweiz vor fast zehn Jahren auf. So würde 2009 Publibike (früher Velopass) gegründet, ein Jahr später folgte Velospot. Publibike ist eine Tochter von Postauto. Für die Investitionen gewährt der gelbe Riese dem Bikesharinganbieter einen Kredit, wie Publibike-Chef Bruno Rohner sagt. Für den vollständigen Aufbau eines Netzes in einer Stadt wie Bern mit 2'400 Velos beziffert er die Investitionen auf rund 8 Millionen Franken.

Viel Geld lässt sich mit dem Verleih dieser Velos allerdings kaum verdienen. Die Profitabilität sei schwierig, sagt Sauter. «Wir schätzen, dass ein Velo zwischen fünf und sieben Mal pro Tag ausgeliehen werden muss, damit das System rentiert.» Vor dem Debakel mit den geknackten Veloschlössern zählte Publibike rund 1'600 Ausleihungen pro Tag in Zürich, wo eigentlich 700 Velos vorgesehen sind. Das ergibt gerademal zwei Ausleihungen pro Velo. Derzeit sind allerdings die Velos eingezogen, um die Schlösser diebstahlsicher zu machen.

Das System sei sehr teuer für die Gemeinden und die Akteure, sagt Emmanuel Ravalet, Forscher an der Lausanner EPFL und Mobilitätsspeziallist. «Ein Velo kostet zwischen 2'500 und 4'000 Franken und oft wird die Abnützung unterschätzt», sagt er.

Diese Dienstleistungen könnten nicht nur für sich stehen, sondern funktionierten gemeinsam mit anderen Verkehrsmöglichkeiten wie dem Bus oder Zug. Der Experte zeigt sich jedoch zuversichtlich: «Das Ziel ist nicht immer die sofortige Rentabilität. Zudem finanzierten sich die Velos sich vermehrt auch mit Werbung.»

Ausländische Anbieter zieht es in die Schweiz

Zuletzt sahen sich die einheimischen Anbieter allerdings immer mehr mit günstiger ausländischer Konkurrenz konfrontiert, die ihre Velos dank mobilen Apps ohne Stationen frei über die Städte verteilten.

Einige davon mussten allerdings bereits wieder zusammenpacken. So musste das Singapurer Unternehmen oBike, das unter mit Pauken und Trompeten in die Schweiz gekommen war, wegen Konkurses seine Velos bereits wieder einsammeln. Die Mietvelos von oBike seien nicht an die Schweizer Topographie angepasst worden, sagt Publibike-Chef Rohner dazu.

Mit dem Startup Limebike drängt allerdings schon der nächste auf die Schweizer Strassen. Hinter dem kalifornischen Unternehmen steht unter anderem auch Uber als Investor. Velospot-Chef François Kuonen kritisiert die freistehenden Velos, die oft anarchisch geparkt würden. «Ich habe nie an diese billigen Bikes geglaubt. Die Schweiz ist ein anspruchsvoller Markt.»

Das Bieler Unternehmen Velospot zählt heute 2'000 Velos. Das Unternehmen hegt allerdings grosse Wachstumspläne, im nächsten Jahr sollen 10 bis 15 neue Stationen dazu kommen.

Wachsende Anbieterschar

An aufstrebenden Anbietern mangelt es auch in der Schweiz nicht. So setzt die ehemalige Mobiliar-Tochter Smide auf einen stationslosen Verleih von E-Bikes. Derzeit plant das zunächst in Zürich tätige Unternehmen, nach Bern zu expandieren. Die für den Aufbau eines städtischen Bike-Sharing-Systems in der Bundesstadt nötigen 250'000 Franken will sich das Unternehmen über Crowdlending besorgen.

Auch der E-Lastveloverleiher Carvelo2go ist ein wachsender Schweizer Player im Veloverleihmarkt. Die eCargo-Bikes von carvelo2go werden lokal von sogenannten Hosts betreut, die diese im Gegenzug für ihren Betrieb kostenlos nutzen können. 2018 habe Carvelo2go die Flotte auf über 120 Lastenvelos fast verdoppelt, sagte Jonas Schmid, Projektchef Carvelo2go bei der Mobilitätsakademie des TCS.

Im Mai ist zudem in Basel mit Pick-e-Bike ein neuer Anbieter auf den Plan getreten, der über eine Flotte von 250 Velos und 50 Elektroscootern verfügt. Hinter dem Unternehmen stehen Baselland Transport, EBM Energie und die BKB.

Weltweit ist der Markt für Veloverleihsysteme am Expandieren. Laut einer im August veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger dürfte der weltweit Bikesharingmarkt bis 2021 auf 7 bis 8 Milliarden Euro anwachsen. Allein im letzten Jahr hat sich die Zahl der Velos auf 10 Millionen mehr als verdoppelt.

(awp/mlo)