Bis letztes Jahr verzeichnete sie einen beispiellosen Boom – jetzt konsolidiert sich die weltweite Telekom-Branche in mindestens ebenso hohem Tempo. Das ist auch in der Schweiz spürbar: Mehrere Anbieter drohen übernommen zu werden oder zu verschwinden. Viatel, in der Schweiz als Econophone aktiv, hat sich in New York unter Gläubigerschutz (Chapter 11) gestellt. Ihre Niederlassungen in sechs europäischen Ländern hat Viatel bereits dichtgemacht.

Auch die Schweizer Econophone wird nicht mehr lange unter dem Viatel-Dach bleiben: «Die Trennung von der Mutter ist im Gange», sagt Econophone-Chef Samuel Gross. Ein Management-Buy-out oder ein Verkauf ist eine Frage der Zeit. Denn Econophone ist im Gegensatz zum Mutterhaus profitabel und als Nummer vier auf dem Schweizer Markt mit geschätzten 200 000 Kunden eine attraktive Beute. Beispielsweise für Telefónica: Dann hätten die Spanier, die eine Schweizer UMTS-Lizenz gewonnen haben, eine Kundenbasis für ihre geplanten Mobilfunkdienstleistungen.

Bereits verkauft wurde die Kundenbasis der Schweizer RSL Com: Die 20 000 Kunden der Firma gingen an den wenig bekannten Anbieter Abalon in Cham. Für das verbleibende Whole-Sale-Geschäft wird noch ein Käufer gesucht – denn die Mutter RSL Communications, im Besitz von Estée-Lauder-Erbe Ronald Lauder, hat ebenfalls Insolvenz beantragt. Und die Schweizer Tochter, obwohl nach eigenen Angaben profitabel, ist mit ihren Interkonnektionszahlungen an die Swisscom im Verzug.

Genauso ernst ist die Lage bei World Access, seit Anfang Mai unter Chapter 11: Ihrer Schweizer Tochter Netnet, zu der die früher selbstständigen Anbieter GTE und Facilicom gehören, droht die Liquidation. Im April konnte das Lausanner Unternehmen (9500 Kunden, 18 Millionen Franken Umsatz) seine Ausstände bei der Swisscom nicht begleichen; die Swisscom drohte, die Leitungen zu kappen. Inzwischen sind die Schulden bezahlt, doch die Zukunft der Netnet ist ungewiss. Länderchef Michael Kartner sieht finanziellen Spielraum für ein halbes Jahr. Für Verkaufsdirektor Gilles Vaziri ist die Lage dramatischer: «Wenn sich bis Ende Juni kein Käufer für Netnet findet, werden wir wohl die Bilanz deponieren müssen.» Und die Kunden sich einen neuen Carrier suchen.

Dann wird sich auch die Swisscom ihre Forderungen aus Interkonnektionsleistungen ans Bein streichen müssen. Nicht das erste Mal: Bereits beim liquidierten WLL-Anbieter Callino musste der Exmonopolist einen sechsstelligen Betrag abschreiben. Obwohl er seine Forderungen konsequent eintreibt: Als Starfon, die Tochter des Warenhauskonzerns Manor, mit ihren Zahlungen nicht mehr nachkam, kappte ihr die Swisscom nach zweimaligem Mahnen die Leitungen und focht diesen Entscheid bis zum Bundesgericht durch.
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