Seine Bewohner pflegte Hergiswil bisher stärker mit pekuniärer als mit kulinarischer Raffinesse zu verwöhnen. Nun ist der Nidwaldner Ort nicht mehr nur eine erstklassige Adresse für Steueroptimierer, sondern auch für feines Essen und Trinken. Der Koch Fabian Inderbitzin hat auf seiner Tour um den Vierwaldstättersee im neu eröffneten «Belvédère» Anker geworfen und wird die Segel hoffentlich nicht so schnell wieder hissen.
Die Reise hat ihm nicht zugesetzt. So wohlgenährt wie stets fabriziert er seine Köstlichkeiten, die auf einer klassisch-soliden französischen Küche aufbauen, eine mediterrane Schlagseite nicht verbergen und ab und an von einem kühnen Abstecher in asiatische Gefilde gewürzt sind. Inderbitzin verliert seine Ruhe auch nicht, wenn die Elemente krachen, der See von Türkis ins Moosiggrüne wechselt, die Motorboote in den sicheren Hafen preschen und die Serviceangestellten auf der Terrasse die Gläser vor Windböen in Schutz bringen.
Inderbitzin kann man rustikal erleben – etwa mit der hausgemachten Wollschwein-Bratwurst, den sorgfältig entgräteten, bissfesten Hechtfilets oder dem in Brioche-Bröseln knusprig gebackenen Limousin-Kalbskotelett. Man kann ihn aber auch als Meister der Entenlebervariation kennen lernen oder als virtuosen Fleischkoch, der das perfekt dunkelrosa gebratene Filet und die butterzart glasierte Rippe vom Angusrind mit tiefer Trüffeljus und Erbsenpurée unterlegt. Zum Würzen pflegt er eine offensive und zum Dessert eine erotisch grundierte Beziehung. Ohne den Genuss einer seiner Schokoladespezialitäten sollte man das von der Architektin Gret Loewensberg designte Restaurant nicht verlassen. Die Süssigkeiten setzen den warmen Kontrapunkt zum schnörkellos kühlen Interieur.
Seerestaurant Belvédère
Fabian Inderbitzin
6052 Hergiswil
Tel. 041 630 30 35
montags geschlossen
15 «Gault Millau»-Punkte.