In Grossbritannien gibt das renommierte Nachschlagewerk «Who's is Who» seit dem 19.Jahrhundert Einblick, wer zur Elite in Wirtschaft und Gesellschaft zählt. Ein Pendant für die Gesamtschweiz fehlt seit zwei Jahrzehnten. Im Mai erscheint jetzt das «Swiss Who's Who» mit den Biografien von 700 wichtigen Menschen im Lande – auf Englisch, als der wichtigsten Geschäftssprache. Während das Werk Details aus dem Leben der Mächtigen berichtet, halten sich die Macher bedeckt. Ein siebenköpfiges Komitee hat die Publikation erstellt, doch einzig Verleger Edouard Gueudet gibt seine Identität preis. Die anderen sechs wollen so ihr unabhängiges Urteil wahren, erklärt Gueuedet. Im Gespräch mit «Handelszeitung.ch» erzählt er, wie er das Vertrauen der Einflussreichen erwarb und welche Informationen es nicht in das «Who's Who» geschafft haben.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das Schweizer «Who’s Who» ist erstmals in den 1950er Jahren publiziert worden, das Projekt ist allerdings über die Jahre eingeschlafen. Warum haben Sie sich entschieden, es wieder aufzugreifen?
Edouard Gueudet*: Als wir das Projekt vor zwei Jahren gestartet haben, ist uns bewusst geworden, dass es kein biographisches Nachschlagewerk für die Gesamtschweiz gibt. Warum, war etwas schwer nachvollziehbar für uns – die Schweiz ist so voller talentierter Menschen und interessanter Organisationen.  Wir haben uns also in einer Gruppe von sieben Leuten zusammen getan und mit unserer Recherche begonnen. Zehn Monate lang haben wir uns jede Woche getroffen, bis unsere Liste vollständig war.

Wer stand auf Ihrer Liste?
Wir hatten eine Liste von 5000 Namen, aus jeder Bereich und jeder Region. Wir haben uns dabei auf vier Schwerpunkte konzentriert:  Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kunst und Kultur, mit Innovation als einem Element, das alle Bereiche verbindet. Uns waren Unternehmer und Besitzer von KMU genauso wichtig wie Chefs der Grosskonzerne. Wichtig waren für uns ausserdem Schweizer, die im Ausland leben, zum Beispiel als Unternehmer im Silicon Valley oder Schweizer Gastronomen, die überall in der Welt leben. Auch Schweizer Diplomaten und Vertreter internationaler Organisationen zählen dazu.

Ihre Biografien enthalten detaillierte Angaben zur Person. Wie haben Sie die bekommen?
Wir haben um die 2000 Personen angeschrieben, jeden einzelnen persönlich. Das war wichtig, weil das tradtionelle «Who’s Who»-Konzept als biografisches Nachschlagewerk einigen durch die Ausgaben in anderen Ländern vertraut war, anderen aber gar nichts sagte. Wir wollten uns bekannt machen und auch unsere Seriosität beweisen, um ein Vertrauensverhältnis zu den von uns Porträtierten aufzubauen.

Wie haben die Angeschriebenen reagiert?
Wir haben alle möglichen Antworten bekommen. Einige haben sofort positiv reagiert, andere haben sich gegenüber der ersten Ausgaben zurückgehalten, andere brauchten Bedenkzeit. Am Schluss hatten wir 700 Biografien gesammelt, die jetzt in dem Buch enthalten sind. Wir hätten noch mehr aufnehmen können, aber bei einigen war es schwierig, Daten zu bestätigen, darum haben wir sie vorerst ausgelassen. Wir planen aber eine zweite, erweiterte Ausgabe.

Was haben Sie durch das Projekt «Who’s Who» gelernt?
Wir haben gelernt, wie breit  und unterschiedlich die Schweiz in den einzelnen Sektoren aufgestellt ist. Ich möchte dabei gar nicht so sehr einzelne Personen in den Fokus stellen, für uns Verfasser sind sie alle gleichberechtig. Einige sind bekannter,  andere wirken jenseits des Rampenlichts. Aber sie alle verbindet die gleich Idee – Exzellenz in ihrem jeweiligen Sektor zu erreichen und die Ausrichtung des Landes zu formen. Darum steht zum Beispiel ein kleiner Geigenbauer, der über rares Spezialwissen verfügt neben dem Schweizer Botschafter in Washington, D.C. und daneben wiederum ein grosser Konzernchef.

Wie haben Sie das Vertrauen derjenigen erworben, denen Sie viele und persönliche Fragen stellten?
Es ist wahr, unser vierseitiger Fragebogen kann ein bisschen abschreckend wirken. Am wichtigsten sind für uns aber die Meilensteine einer Karriere. Es gibt natürlich auch den Teil, der nach Familie, Ausbildung, Mitgliedschaften, Sportvorlieben oder Hobbies fragt. Das ist für die Leser interessant, aber niemand ist zu einer Antwort gezwungen. Wichtig ist allerdings, dass jede Biografie die Kontaktdaten enthält. Einige haben auch ihre privaten Kontaktinformationen über ihre berufliche Adresse und E-Mail hinaus angegeben. Das ist sehr wichtig, weil das «Swiss Who’s Who» auf diese Weise als Netzwerk genutzt werden kann.

Wie haben Sie die einzelnen Biografien bearbeitet?
Für uns ist wichtig, dass die Biografien auf Fakten basieren und nicht bewerten. Einige der Porträtierten wollten, dass wir zum Beispiel schreiben: XYZ zählt zu den wichtigsten Architekten der Schweiz. So etwas schreiben wir nicht und wir überprüfen auch jede Information, die uns als biografische Angabe geschickt wird. Die Angaben müssen so objektiv und zuverlässig sein wie möglich, da es sich beim «Swiss Who’s Who» um ein Arbeitswerkzeug handelt.


Sie haben in der Beschreibung des Projektes angegeben, dass Sie eine Biografie ausschliessen würden, sobald jemand mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Ist das unbedingt richtig, wenn der Betreffende nach wie vor eine Person von öffentlichem Interesse bleibt?
Wir schliessen erst dann jemanden aus, wenn er verurteilt wird. Aber während jemand zum Beispiel im Gefängnis sitzt, wird er mit Sicherheit vom «Who’s Who» ausgeschlossen. Vielleicht kann er zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. Das ist bisher für uns kein Thema gewesen, aber etwas, dass vor der Publikation geklärt werden muss.

Haben Sie jemanden aufgrund seiner kriminellen Vergangenheit ausgeschlossen?
Meines Wissens nach hatte in der Vergangenheit niemand grosse Probleme mit dem Gesetz. Einige hatten Privatklagen, aber das kann passieren.

Sie bieten auch ein Online-Tool an, in dem Sie die Informationen aktuell halten wollen. Wie oft werden Sie die Biografien überarbeiten?
Wie senden einmal jährlich Fragebögen an alle aus. Bei denjenigen, die verstärkt im Fokus der Medien stehen, verfolgen unser Team und Mediendienste die Berichterstattung konstant, um mindestens einmal in der Woche die Angaben zu aktualisieren. Das soll sicherstellen, dass die Informationen in den Biographien aktuell und zuverlässig sind.

Wie viel hat die Publikation – Online und Print – gekostet?
Ich werde keinen genauen Betrag nennen. Aber es ist alles mein eigenes Geld, ich habe selbst in das Projekt investiert.

Wie viele Exemplare wollen Sie verkaufen?
Ich möchte mindestens 1000 Exemplare verkaufen. 200 haben wir schon jetzt vor Veröffentlichung verkauft. Das sehe ich als ein grosses Zeichen von Vertrauen an.  Viele Leute sind gespannt auf das Buch.

*Bevor Edouard Gueudet sich entschied, das Schweizer «Who's Who» wiederzubeleben und zu diesem Zweck einen Verlag gründete, arbeitete der Jurist bei der Privatbank Hottinger & Cie. Davor hatte er verschiedene Positionen beim franzöisischen Automobilhersteller Gueudet inne. Das «Swiss Who's Who 2015» kostet 599 Franken, Erscheinungsdatum: 1. Mai 2015.

Wer sind die Wichtigsten der Schweiz? Die grosse Übersicht der BILANZ zeigt Ihnen, wer wirklich etwas zu sagen hat. Das «Who is Who der Schweizer Wirtschaft» über die wichtigsten Schweizer Wirtschaftsgrössen - gratis