Am ersten Sonntag im August wasserte die erste bemannte Raumfahrtmission Crew Dragon von Elon Musks Firma SpaceX im Golf von Mexiko. Der Tech-Unternehmer sprach von einer neuen Ära des Raumflugs und der Weltraumforschung und nannte den Erfolg eine «Errungenschaft der Menschheit». Das mag zwar – wie bei Musk üblich – etwas hoch gegriffen sein, doch tatsächlich ging mit dem Flug eine lange Durststrecke der USA zu Ende.

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Crew Dragon SpaceX

Wasserlandung der bemannten Dragon-Kapsel von SpaceX am 2. August 2020.

Quelle: imago images/ZUMA Wire

Seit dem Ende des Space-Shuttle-Programms im Jahr 2011 waren die USA auf Russland angewiesen, wenn sie Astronauten auf die Internationale Raumstation (ISS) bringen wollten. Die wiederverwendbaren Space Shuttles hatten das Versprechen einer preiswerteren Raumfahrt nicht erfüllen können. Wegen hoher Wartungskosten und nach zwei verheerenden Unfällen mit insgesamt 14 Toten gab die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa die Raumfähre auf.

Stattdessen rief sie das sogenannte Commercial Crew Program ins Leben. In dessen Rahmen erhielten seit 2010 diverse Firmen Geld vom Staat, um ein neues Raumschiff zu bauen. SpaceX und Boeing gingen mit den Projekten Crew Dragon und Starliner als Sieger aus dem Wettbewerb hervor und wurden beauftragt zwei konkurrierende Systeme zu entwickeln. Boeing erhielt dafür fast 5 Milliarden Dollar, SpaceX gut 3 Milliarden.

SpaceX Crew Dragon

Die Astronauten Robert Behnken (l.) and Douglas Hurley nach der Landung von Crew Dragon.

Quelle: NASA via Getty Images

Tummelplatz der Milliardäre

Eine andere Schiene ist die kommerzielle bemannte Raumfahrt in Form des Weltraum-Tourismus. Führend ist in dem Bereich die Firma Virgin Galactic des britischen Unternehmers Richard Branson. Trotz mehreren Rückschlägen – wie dem tödlichen Absturz eines Prototypen 2014 – ging Virgin Galactic letzten Oktober an die Börse.

600 Kunden haben bereits ein Ticket für einen suborbitalen Raumflug bezahlt und 700 weitere eine Anzahlung geleistet. Branson selbst will nach einer neuerlichen Verschiebung 2021 in den erdnahen Weltraum fliegen. Wann es für die Passagiere losgeht, ist indes noch offen.

SpaceShipTwo

Das SpaceShipTwo von Virgin Galactic ist an einem Trägerflugzeug befestigt.

Quelle: imago images/ZUMA Press

Zur Konkurrenz von Virgin Galactic gehört Blue Origin. Die Firma wurde im Jahr 2000 von Jeff Bezos gegründet und ist in verschiedenen Bereichen der bemannten Raumfahrt tätig. Sie forscht an suborbitalen Raumfahrzeugen, bewarb sich erfolglos im Commercial Crew Program und erhielt im April 2020 den Lead in einem Konsortium, welches für die Nasa eine bemannte, dreistufige Mondlandefähre entwickeln soll.

SpaceX hat die Nase vorn

Im Duell mit Boeing war die Crew-Dragon-Mission zur ISS ein weiterer Etappensieg für SpaceX. Zuvor hatte Musks Firma bereits beim ersten unbemannten Flug zur Raumstation die Nase vorn. Während Crew Dragon im März 2019 problemlos an die ISS andockte, wurde der Testflug der Starliner-Kapsel im Dezember des selben Jahres von Softwareproblemen überschattet. Das geplante Andocken kam nicht zustande. Boeing und die Nasa einigten sich auf einen Wiederholungsflug im November 2020. Der erste bemannte Flug könnte dann im ersten Quartal des nächsten Jahres stattfinden.

SpaceX und Boeing wurden beide für jeweils bis zu sechs zusätzliche bemannte Flüge zur Raumstation engagiert. Die Nasa schätzt, dass mit der Vergabe der Entwicklung neuer Raumschiffe an private Firmen dem amerikanischen Steuerzahler Ausgaben von 20 bis 30 Milliarden Dollar erspart wurden. «Und wir kriegen zwei voneinander unabhängige Systeme», sagte Philip McAlister, Direktor der kommerziellen Raumflugabteilung der Nasa dem Fernsehsender CNBC.

SpaceX Crew Dragon

Crew Dragon nach der Landung im Golf von Mexiko.

Quelle: NASA via Getty Images

Zum Mond und zum Mars

Seit dem ersten Raumflug des SpaceShipOne von Scaled Composites im Jahr 2004 – es handelte sich dabei um das Vorgängermodell von Virgin Galactics SpaceShipTwo – hat die private bemannte Raumfahrt einen weiten Weg zurückgelegt. Doch der Erfolg von SpaceX soll noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein. «Das nächste Projekt wird die Big Falcon sein, das Vehikel, das Menschen zum Mars befördert», sagte Gwynne Shotwell, die Präsidentin und COO von SpaceX (siehe Box).

Denn Elon Musks Ziel mit SpaceX ist letztlich die Kolonisierung des Mars. Nur so könne die Menschheit langfristig überleben, sagte er dem Kulturmagazin «Aeon». Wie realistisch das sein mag, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht einzuschätzen. Doch in der Tat dürfte sowohl die Rückkehr der Menschen zum Mond, wie auch eine allfällige bemannte Mission zum Mars angesichts der gewaltigen Kosten, die solche Projekte verschlingen, nur noch mit Hilfe privater Firmen möglich sein.

Gwynne Shotwell: Die Frau hinter dem Erfolg von SpaceX

Im Rampenlicht steht bei SpaceX meist Elon Musk, der mit grossen Versprechungen und unrealistischen Zeitplänen für Aufsehen sorgt oder als PR-Stunt auch mal einen Tesla in eine Umlaufbahn um die Sonne befördert. Das Tagesgeschäft im Raumfahrtkonzern führt indes Ingenieurin Gwynne Shotwell, Präsidentin und Chief Operating Officer (COO) der Firma.

Shotwell zog unter anderem den Auftrag für Versorgungsflüge zur ISS an Land. Als Präsidentin (seit 2008) machte sie SpaceX zum weltweiten Marktführer bei Trägerraketenstarts sowie mit dem Starlink-Projekt zum weltgrössten privaten Satellitenhersteller und -betreiber. Für «Forbes» gehörte Shotwell 2019 zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt und stand mit Platz 55 noch vor Greta Thunberg.

Die 56-jährige sei die Person, die bei SpaceX die Vision, die Technik und das Geld zusammenbringe, sagen Insider. Ein Porträt der Topmanagerin erschien kürzlich in der deutschen «Wirtschaftswoche» hier.

SpaceX COO Gwynne Shotwell

Gwynne Shotwell: Präsidentin und COO von SpaceX.

Quelle: WireImage