Der Muscat blanc à petits grains, wie der kleinbeerige Muskateller auf Französisch genannt wird, gilt als die älteste bekannte Weinrebe und zugleich als eine der besten Rebsorten für die Erzeugung von Süssweinen. Im Mittelmeergebiet ist er seit vielen Jahrhunderten heimisch, und im Piemont, dem heute wichtigsten Anbaugebiet in Italien, wurden Moscato-Reben erstmals im Laufe des 13. Jahrhunderts angepflanzt.

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Zu jener Zeit begannen die Mächtigen und Reichen, auf ihren Tafeln süsse Muskateller- und Malvasierweine auszuschenken, die zu horrenden Preisen aus Griechenland, Sizilien oder Spanien importiert worden waren.

Konzentration auf lokale Herstellung

Gleichzeitig intensivierte man die Bemühungen, solche Weine vor Ort herzustellen. In der Folge konzentrierte sich die Moscato-Produktion auf den südlichen Teil des Astigiano, mit dem Epizentrum im Belbotal und den angrenzenden Hügelgebieten. Im 17. Jahrhundert galten die Moscato-Weine aus Canelli als die besten weit und breit.

Die Savoyer Herzöge sandten ihre Sommeliers in das Gebiet von Canelli und Santo Stefano Belbo, um in den Kellern der Weinbauern die besten «moscadelli» ausfindig zu machen. So begehrt und angesehen die süssen, aromatisch-fruchtigen Moscato-Weine im Südpiemont waren, ausserhalb des Gebiets kannte sie kaum jemand, weil der Grossteil der Produktion von der regionalen Aristokratie aufgekauft und getrunken wurde.

Transport war schwierig

Dazu kam, dass die traditionell erzeugten restsüssen Moscato-Weine nicht stabil waren und sich nur schlecht über längere Distanzen transportieren liessen. Um Nachgärungen zu verhindern, mussten die Weine kühl gelagert und möglichst rasch konsumiert werden. Während die Grossbetriebe der Spumante-Industrie bereits seit den 1930er-Jahren mittels Tankgärung stabile Süssweine produzierten, erzeugten kleinere Winzerbetriebe ihren Moscato bis in die 1970er-Jahre auf herkömmliche Art. Erst als sich ab 1980 kühlbare Drucktanks und moderne Filteranlagen allgemein durchzusetzen begannen, wurde die produktionstechnische Grundlage gelegt, um zugleich stabile, haltbare sowie qualitativ hochstehende Moscato-Weine zu keltern.

Romano Dogliotti vom Weingut La Caudrina in Castiglione Tinella war der erste Winzer, der den traditionellen Moscato d’Asti auf moderne Art herstellte und in den Verkauf brachte. «Die Leute, die damals meinen Moscato gekostet hatten, sagten zu mir, dass er genau so sei wie jener, den sie aus ihrer Kindheit kannten», erinnert sich Dogliotti. Es sprach sich schnell herum, dass der Dogliotti einen guten Moscato mache, und wenig später folgten auch Giorgio Rivetti (La Spinetta), die Vignaioli di Santo Stefano und Paolo Saracco, Dogliottis Vorbild. Waren es Mitte der 1990er-Jahre lediglich zwei Dutzend Winzerbetriebe, die zusammen rund 3 Millionen Flaschen Moscato d’Asti abfüllten, so sind es heute mehr als 100 Selbstvermarkter, die jährlich über 25 Millionen Flaschen auf den Markt bringen.

Nicht verwechseln mit dem Asti Spumante

Damit hat sich der Moscato d’Asti, der aus Trauben von Rebflächen von 53 Gemeinden der drei piemontesischen Provinzen Asti, Alessandria und Cuneo erzeugt werden darf, als qualitativ hochstehendes Produkt mit Terroir- und Jahrgangsunterschieden erfolgreich etabliert. Er darf nicht verwechselt werden mit dem Asti Spumante, der ebenfalls aus Moscato-Trauben hergestellt wird. Der ehemals noble süsse Schaumwein ist jedoch in den Nachkriegsjahren zu einem hauptsächlich von Grosskellereien erzeugten Industrieprodukt verkommen, das rund um die Welt zu Billigpreisen in Supermärkten verkauft wird. Ein guter Moscato d’Asti ist mehr als nur ein teilvergorener, perlend-süsser Traubensaft. Er ist eine wahre Delikatesse.

Mit seiner intensiven und finessenreichen Blüten- und Fruchtaromatik, seinem ausbalancierten Süsse-Säure-Spiel und seinem moderaten Alkoholgehalt von rund 5 Volumenprozent lässt er sich praktisch zu jeder Tageszeit auftischen. Zu Fruchtdesserts oder Kuchen etwa, aber auch zu Käse oder – gerade jetzt in der wärmeren Jahreszeit – als erfrischendes Getränk – wann immer es einen danach gelüstet.