Der Wirtschaftsnobelpreis in diesem Jahr geht an den US-Ökonomen Richard Thaler. Der 1945 in New Jersey geborene Wirtschaftswissenschaftler unterrichtet an der renommierten Universität Chicago. Er wird geehrt für seine Beiträge im Bereich der Verhaltensökonomie.

Er habe psychologisch realistische Annahmen in ökonomische Modelle eingebaut und es geschafft, die Verhaltensökonomie von einem Teilbereich der Wissenschaft zum Mainstream zu machen. «Er hat es geschafft, die Wirtschaftswissenschaften menschlicher zu machen», begründete die Königlich-Schwedische Wissenschaftsakademie am Montag in Stockholm die Entscheidung.

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Der Mensch steht bei Thaler im Zentrum

Thalers Arbeit steht im krassen Gegensatz zur traditionellen Wissenschaft, die in ihren Modellen ein streng rationales Individuum verwendet, das immer den eigenen Nutzen maximiert – bekannt als homo oeconomicus. Für den Chicagoer Ökonom indessen steht die Imperfektheit der Menschen im Zentrum seiner Arbeit: Er untersuchte, warum Menschen ihre Entscheidungen treffen, wie sie tatsächlich konsumieren und wie sich die kleinen humanen Fehler auf Wirtschaft und Finanzmärkte auswirken.

Thalers Beiträge sind dabei höchst anwendungsorientiert: Er gilt als Erfinder des «Nudge» (Englisch für Stups), so lautet auch sein 2008 erschienenes Buch, das ihm grosse Bekanntheit einbrachte. Denn oft braucht es nur einen kleinen Stups, damit Menschen richtige Entscheidungen treffen. Wichtig dabei: Diese Nudges sind transparent und sollen die persönliche Freiheit von Individuen nicht einschränken.

Nudging – ein kleiner Stups für die klügere Entscheidung

Damit kommt Thaler auch in der Politik an, er berät Regierungen rund um den Globus. In einem Interview gab Thaler einmal Einblicke in die praktischen Erfolge seiner Arbeit. «In Grossbritannien zum Beispiel hatten es viele Hausbesitzer trotz Subventionen vor sich hergeschoben, ihren Dachboden isolieren zu lassen», sagte er. Das Problem jedoch war, dass viele Menschen schlicht nicht die Nerven hatten, ihren Speicher aufzuräumen. «Schliesslich bot man vor der Isolierung einen Entrümpelungsdienst an – das funktionierte. Häufig bringt es auch schon sehr viel, Gesetze verständlicher zu formulieren», so Thaler.

Dieses Beispiel zeigt, dass mit der Auszeichnung Thalers der Nobelpreis in diesem Jahr an einen sehr praxisorientierten Wissenschaftler geht. Das war in der Vergangenheit oft nicht der Fall. Thaler wird bereits seit Jahren als einer der potenziellen Gewinner gehandelt. Sein erster Gedanke, als er von der Auszeichnung erfuhr, sei gewesen, so Thaler, dass er Eugene Fama auf dem Golfplatz nun nicht mehr mit «Herr Professor» ansprechen müsse. Fama gewann den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zusammen mit Robert Shiller im Jahr 2013.

Gewinnerschema – Amerikaner und männlich

Einmal mehr gewinnt damit ein US-Amerikaner den wichtigsten Preis in den Wirtschaftswissenschaften, Ökonomen aus Europa oder anderen Teilen der Welt sind die grosse Ausnahme. So wurde auch noch nie ein Schweizer geehrt. Erst einmal wurde mit Eleonor Ostrom eine Frau mit der Auszeichnung bedacht. Streng genommen ist der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft kein Nobelpreis. Den Wirtschaftspreis stiftete die schwedische Reichsbank in Erinnerung an Alfred Nobel im Jahr 1968.