Was will der Mensch? Das Chalet in den Bergen oder den Offroader in der Stadt? Mancher Europäer kann sich vieles leisten, doch die Wahl fällt ihm nicht selten schwer.
Da trifft das Schweizer Reiseunternehmen STA Travel den Nerv der Zeit, wenn es mit seinem neusten Angebot «Reisen und Helfen» die Idee von Luxus revolutioniert: Reich ist, wer auf Reisen freiwillige Arbeit leistet und dabei die Ferne authentisch erlebt (siehe Kasten). Gegen Bezahlung bereichert er die Menschen vor Ort und sich selbst im eigenen Herzen.
Ringen nach Essenz des Lebens
Dieses Geschäftsmodell will ich erproben und fliege nach Peru. Am «Nabel der Welt», in Cusco auf 3416 Metern über Meer, ringe ich nach der Essenz des Lebens – nach Luft. Naiv und doch ganz nüchtern erfahre ich in der Hauptstadt des verblichenen Inkareiches, wie einem die Natur «den Atem raubt». Aber hier verweile ich nicht. Der Weg führt mich Volontärin weiter, von der Natur hin zur menschlichen Kultur, die sich im peruanischen Cusco ohne Aufhebens, aber bestimmt gegendas Schicksal behauptet.
Die Kinder im «Inti runakunaq wasin», im Haus der Sonnenmenschen, im Stadtteil Miraflores können nichts dafür, dass sie arm geboren sind. Aber Planeterra verhindert, dass sie arm erwachsen werden.
Die exklusive Zusammenarbeit der kanadischen Non-Profit-Organisation mit dem Reiseanbieter STA Travel, die sich in der Kindertagesstätte inmitten von Cusco manifestiert, bereichert die Kids in mehrfachem Sinn: Eine gekochte Mahlzeit wärmt den Magen, die Lehre schult den Geist, die Handarbeit stärkt das Selbstbewusstsein, und die Freundschaft schmeichelt der Seele.
In der Schuld der Kinder stehen
Zwar ernten wir Volontäre als Küchenhilfen und Englischlehrer Dankesworte. Doch draussen im Garten bin ich Diejenige, die dankbar ist. Für dass mich die Mädchen Marta und Ana mit ihren Faxen lachen machen; für dass ich dank Esteban meine Freude am Malen entdecke und für dass mich die unerschütterliche Zuversicht der Heimleiterin Luz Marina FigueroaArias demütig stimmt.
Im «Inti runakunaq wasin» erkenne ich als freiwillige Helferin, dass mein Wollen auch das Begehren meines Nächsten sein kann. Auch in Ccaccaccollo, einem urigen Dorf unweit von Cusco, erfahre ich den geteilten Willen. Planeterra und STA Travel ermöglichen uns, zu zweit oder allein im sogenannten Homestay zu leben, das heisst, mit einer einfachen peruanischen Bauernfamilie Haus und Hof zu teilen.
Meine Volontärkollegin Vanessa und ich sind privilegiert: Matteo, der Gemeindepräsident, bietet uns Logis. Isabella feiert heute Geburtstag Hungrig macht die Luft in der Höhe, und die Arbeit auf dem Feld ist hart. Ein Glück, dass die Knaben die jungen Stiere im Zaum zu halten wissen. Wie die Dunkelheit über das Land zieht – und es plötzlich kalt wird in den Bergen –, lassen wir Pflug und Harke ruhen. Ein Fest steht an: Isabella feiert heute Geburtstag. Der peruanischen Trachten möchten wir uns bald entledigen, doch Theodora, unsere Gastmutter, duldet das nicht.
So sitzen wir – pink, gelb, gemustert, aber in jedem Fall bunt – in einer Tenne eng beisammen und lauschen dem Lied, dass Ccaccaccollo für uns anstimmt: Matteo, unser Vater auf Zeit, rührt die Trommel, José Luis spielt Flöte, und die Frauen setzen zum Singen an.
Dann folgt von unserer Seite das Widerspiel: «Döt änä am Bergli, döt schtoht ä wissi Geiss» – ein Lumpenliedchen, das jeder von uns kennt. Wie wir aber beginnen, die Weise auf Spanisch zu übersetzen, folgt Staunen, Zögern und schallendes Gelächter. Der Clash of Civilization ist musikalischer Art.
Verdientes Bier am Feierabend
Nicht etwa Matteo ermuntert meinen Reisekollegen Antonio dazu, das lokale Bier in schieren Massen zu trinken, sondern Franziska. Das erfrischende Gärgetränk hat sie sich redlich verdient: Wie die anderen Frauen hat sie, seit der Gemeindepräsident über ein Megaphon den Anbruch des Arbeitstages ausgerufen hat, hart geackert. Dass nicht nur die Männer bei ihren Tragediensten auf dem Inkatrail vom aufkommenden Fremdenverkehr profitieren, sondern auch die Frauen, ist der Zusammenarbeit von STA Travel und Planeterra zu verdanken. Vor fünf Jahren haben sie gemeinsam das Handwerks-Projekt nach Ccaccaccollo gebracht, für die notwendige Infrastruktur gesorgt und den Leuten banale unternehmerische Kniffs beigebracht.
Heute verarbeiten Franziska und ihre Freundinnen an einfachen Webstühlen Alpakawolle zu robusten Fäden, um hieraus Pullover und Taschen zu fertigen. Und wenn ausländische Touristen das Dorf passieren, lassen sie sich von den Frauenmit ihren bunten Handarbeiten gewöhnlich gerne aufhalten.
«Will you tell your friends from Ccaccaccollo?» Ob ich meinen Freunden von Ccaccaccollo erzählen werde, fragt mich Isabella an ihrer Geburtstagsfeier. Ich werde erzählen: Etwa wie gebratenes Cuy (Meerschweinchen) schmeckt und welchen Spass es macht, gegen peruanische Kinder Fussball zu spielen. Aber was der innigste Wunsch von Gemeindepräsident Matteo ist, werde ich niemandem verraten. Wer als Volontär nach Peru reist, kann es selbst herausfinden.
Infos: «Reisen und Helfen» kommt allen zugute
Voluntourism Der Begriff existiert erst seit wenigen Jahren. Vom Voluntourism ist das Konzept der Volontärreisen zu unterscheiden, das ganz im Zeichen des freiwilligen Helfens steht und dabei touristische Aspekte vernachlässigt. Voluntourism anerkennt demgegenüber die Wichtigkeit beider Seiten. Ein ausgeglichenes Engagement, das freiwillige Dienste mit touristischen Aktivitäten verbindet, soll so einen nachhaltigen Austausch mit Gemeinden und Menschen ferner Länder ermöglichen.
Planeterra Die kanadische Non-Profit-Organisation hat ihren Sitz in Toronto. Ihr Engagement ist aus dem Bedürfnis von Reisenden hervorgegangen, den von ihnen besuchten Menschen und Orten etwas zurückzugeben. Gegenwärtig können Reisende in mehr als 30 Projekten rund um den Globus Leute, Natur und Umwelt erfahren und dabei selbst fördern sowie nachhaltig schützen. Planeterra hat sich gemeinsam mit dem Schweizer Partner ST A Travel zum Ziel gesetzt, in den kommenden fünf Jahren 1 Million Dollar für entsprechende Reisekonzepte zu investieren.
STA Travel Das Schweizer Reiseunternehmen wirbt mit seinem neuen Katalog «Reisen und Helfen» für Voluntourism. Die Kooperation mit der kanadischen Non-Profit-Organisation Planeterra ermöglicht es den Reisenden, Menschen, Tiere und Umwelt hautnah zu erleben und für deren Wohlergehen einen persönlichen Beitrag vor Ort zu leisten.
Kuoni Der Schweizer Reisekonzern bietet Voluntourism seit kurzem unter dem Namen «Ananea Volunteering» an. In 21 Projekten weltweit können sich die Reisenden für Natur- und Tierschutzprojekte einsetzen. Kuoni arbeitet hierfür unter anderem mit der Non-Profit-Organisation Earthwatch Institute zusammen.