Kleiner, effizienter, günstiger. Das war jahrelang die Vorgabe der Politik an die Armee. Nun hat SVP-Bundesrat Ueli Maurer diesen Trend gestoppt. Nach jahrelangem Abbau wird das Budget der Armee zum ersten Mal wieder aufgestockt – auf immerhin fünf Milliarden Franken pro Jahr. Und wenn der Verteidigungsminister am 18. Mai auch noch den Abstimmungskampf gewinnt, kann er 22 neue Gripen für gut 3,1 Milliarden kaufen.

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Bundesbern hat lange gerätselt, ob er überhaupt neue Kampfjets beschaffen wolle oder ob das Ganze nur ein Manöver sei, um das Armeebudget aufzubessern. Jetzt sind die Zweifel verschwunden. Denn Maurer legt sich mächtig ins Zeug und dabei mit allen an. Mit den politischen Gegnern, wie SP-Nationalrätin Evi Allemann oder Martin Bäumle, dem Chef der Grünliberalen, mit den Kritikern in den eigenen Reihen, wie SVP-Nationalrat Thomas Hurter, der gerne ein teureres Flugzeug gehabt hätte. Und mit den Kollegen im Bundesrat, mit den Medien, den Frauen. Seine Botschaft: Wer gegen den Gripen ist, ist auch gegen die Armee. Der SVP-Bundesrat gibt Interview um Interview, absolviert Auftritt um Auftritt. Ein Ja zum Gripen ist möglich, auch wenn die aktuellen GfS-Umfrageergebnisse nicht sehr gut sind. Ein Nein wäre historisch: Es wäre das erste Mal, dass sich die Schweizer Bevölkerung gegen die Armee stellt.

Die Freunde

Persönlich schätzen ihn viele, auch seine politischen Gegner. Doch der Kreis, dem Ueli Maurer vertraut, ist klein. Zu seinen Freunden gehören etwa die SVP-Nationalräte Gregor Rutz und Hans Fehr. SVP-Präsident Toni Brunner eilte seinem Bundesrat sofort zu Hilfe, als CVP-Präsident Christophe Darbellay im Februar plötzlich die Gripen-Ja-Kampagne nicht mehr anführen wollte. Eher ein Zweckbündnis im Gripen-Abstimmungskampf ist die Verbindung mit CVP-Nationalrat Jakob Büchler, Präsident des Vereins für eine sichere Schweiz. Ein treuer Mitstreiter im Verteidigungsdepartement ist Armeechef André Blattmann. Wie Maurer stammt auch er aus Hinwil im Zürcher Oberland, wo auch Peter Sauber seinen Rennstall hat. Dorthin nahm Maurer seine Bundesratskollegen mit auf die Schulreise, die er 2013 als Bundespräsident organisieren durfte. Es gibt aber Sportarten, die ihn mehr interessieren. Als Ambrì-Piotta-Fan besucht er ab und zu einen Eishockeymatch des Tessiner Clubs, der von CVP-Fraktionspräsident Filippo Lombardi präsidiert wird. Beim Fussball schlägt sein Herz für die Berner Young Boys. Die Liebe für YB und fürs Velofahren ist es auch, die er mit den Sonova-Grossaktionären Andy und Hans-Jörg Rihs teilt. Im Winter mag Ueli Maurer den Langlauf, insbesondere den Vasa-Lauf in Schweden. Dorthin nahm er im Februar sein ganzes Topkader mit. Der Team-Name für das Staffelrennen: Vogel Gryff – oder auf Schwedisch: Vogel Gripen.

Die Gegner

Über mangelnde Gegner kann sich Maurer nicht beschweren. Wird es zu ruhig, sorgt der SVP-Magistrat gerne selbst für öffentlich wirksamen Zoff: so etwa mit dem Interview, das er jüngst Roger Köppels «Weltwoche» gab und in dem er Bundespräsident Didier Burkhalter frontal angriff. Zwar hat er sich dafür entschuldigt, doch die Botschaft war platziert: Seine Regierungskollegen würden sich nur unzulänglich für die Interessen der Schweiz und die Wahrung der Neutralität einsetzen. Ebenfalls verärgerte er die Frauen, als er sie im Gripen-Abstimmungskampf mit Gebrauchsgegenständen verglich. Übrigens keine Premiere. Vor der Abstimmung über die Waffenschutz-Initiative bezeichnete er die Frauen als «komisch». Immer wieder muss auch die von Roger de Weck geleitete SRG Schelte einstecken. Zuletzt bekam «Rundschau»-Moderator Sandro Brotz dies zu spüren. Im letzten Herbst von Verbandspräsident Hanspeter Lebrument eingeladen, las Maurer auch den privaten Verlegern die Leviten – und wurde dafür von ihnen ausgepfiffen. Schwer tun sich mit Maurer auch die von Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer angeführten Wirtschaftsverbände. Anders als seine nationalpatriotische SVP will die Wirtschaft international frei Personal rekrutieren können.

Die Gripen-Connection

Obwohl die Franzosen mit ihrer Rafale bei Kampfjet-Evaluationen am besten abschnitten, entschied sich Maurer Ende 2011 für den Gripen des schwedischen Saab-Konzerns, der von Jacob und Marcus Wallenberg kontrolliert wird. Das war auch ein Sieg für das PR-Büro Hirzel.Neef.Schmid. Konsulenten, namentlich für den Dossierverantwortlichen Jürg Wildberger. Vielleicht hat auch Maurers gutes Verhältnis zur schwedischen Verteidigungsministerin Karin Enström geholfen, die ihn zuletzt Mitte März in Bern besuchte. Jetzt hält sich Schweden offiziell aus dem Abstimmungskampf um den neuen Kampfjet heraus, doch so richtig glauben will das niemand. Denn immer wieder gelangen neue Geheimpapiere des schwedischen Botschafters in Bern, Per Thöresson, über die «Neue Luzerner Zeitung» an die Öffentlichkeit.

Die Karriere

Der Volkstribun Christoph Blocher und sein treuer Helfer Ueli Maurer waren ein unbesiegbares Gespann: Sie haben die SVP zur grössten Partei der Schweiz gemacht. Doch ihr Verhältnis war und bleibt kompliziert. Denn während Blocher letztlich in Bundesbern gescheitert ist und als Bundesrat abgewählt wurde, konnte sich Maurer behaupten, schaffte die Wiederwahl und wurde Bundespräsident. Perfekt harmoniert hat Maurer als SVP-Präsident auch mit seinem damaligen Generalsekretär Gregor Rutz, der heute im Nationalrat sitzt. Auch heute sind die beiden noch befreundet. Wichtig waren Maurer immer seine bäuerlichen Wurzeln: Von 1994 bis 2008 war er Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes. Als solcher pflegte er enge Kontakte mit dem langjährigen Bauernpräsidenten und Parteikollegen Hansjörg Walter. Beim Agrarkonzern Fenaco war Maurer Vizepräsident des Verwaltungsrats, in dem auch der frühere SVP-Fraktionspräsident Caspar Baader sass.

Die Familie

Ueli Maurers Ehefrau Anne-Claude scheut die Öffentlichkeit. Sie posierte nur einmal mit ihrem Mann für ein Foto: im Dezember 2008 nach dessen Wahl zum Bundesrat. Ebenfalls auf dem Familienfoto sind fünf der sechs Kinder: Ursina, Corsin, Björn, Sidona und Benjamin (v.l.). Danach zog sich Anne-Claude Maurer wieder ins gemeinsame Zuhause in Hinwil zurück. Beim Staatsbesuch des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö im letzten Herbst liess sich Maurer von seiner damals 22-jährigen Tochter Sidonia begleiten. Nicht auf dem Foto ist Ueli junior, der älteste Sohn der Maurers, der in Norwegen wohnt und politisch seinem Vater folgt: So kandidierte er auch schon für den Nationalrat, und zwar auf der SVP-Liste der Auslandschweizer.