Pierin Vincenz ist nach 15 Wochen in Untersuchungshaft seit Dienstag wieder auf freiem Fuss. Vincenz kritisierte in einer ersten Erklärung die lange Haft. Die Ermittlungen gegen den früheren Chef der Raiffeisen-Bank laufen laut Staatsanwaltschaft weiter.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft III für Wirtschaftsdelikte führt eine Untersuchung wegen des Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung gegen den illustren Manager. Vincenz soll sich bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und der Investmentgesellschaft Investnet persönlich bereichert haben.

Die Untersuchung sei «weit fortgeschritten», teilte die Zürcher Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Deshalb sei Vincenz «unter Auflage verschiedener Ersatzmassnahmen» aus der Haft entlassen worden. Ein langjähriger Geschäftspartner von Vincenz, wie er ein ehemaliger Aduno-Verwaltungsrat, wurde ebenfalls freigelassen.

Laut Oberstaatsanwaltschaft laufen die Ermittlungen aber gegen «sämtliche Beschuldigten» weiter. Nebst Vincenz und dem Geschäftspartner wird gegen «weitere Personen aus deren beruflichem Umfeld» ermittelt. Weitere Auskünfte will die Staatsanwaltschaft nicht geben. Die Zeitung «Blick» hatte vorab über die Freilassungen der beiden Männer, für die die Unschuldsvermutung gilt, berichtet.

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An Übernahme verdient

Vincenz und sein Geschäftspartner waren am 27. Februar in Untersuchungshaft versetzt worden. Im Mai war diese vom Gericht verlängert worden, nachdem die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben auf weitere strafrechtlich relevante Transaktionen gestossen war. Dort stünden noch weitere Ermittlungen an.

Auslöser für das Strafverfahren gegen Vincenz ist eine Anzeige von Aduno vom Dezember 2017. Bekannt ist aus einem Gutachten, dass Vincenz 2005 an einer Firmenübernahme der von ihm präsidierten Aduno rund 1,7 Millionen Franken verdient hat.

«Mit allen Mitteln wehren»

Der 62-jährige Vincenz verbreitete am Mittwoch nach seiner Freilassung über seine Kommunikationsagentur eine Erklärung. Darin wies er erneut die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. «Ich werde mich mit allen Mitteln dagegen wehren», liess er sich zitieren.

Zudem äusserte er sich kritisch zur Untersuchungshaft. Diese sei «unnötig und in ihrer Länge völlig unverhältnismässig gewesen». Die Themenkreise des Verfahrens lägen Jahre zurück und seien bestens dokumentiert, begründete er seine Kritik.

Die Eröffnung des Strafverfahrens sei für ihn völlig überraschend gekommen, sagte Vincenz weiter. Was er in den letzten Wochen erlebt habe, wünsche er niemandem. «Es geht mir den Umständen entsprechend gut und ich danke allen, die in dieser schwierigen Zeit zu mir stehen und mich unterstützen.«

Ämter verloren

Vincenz verlor in den vergangenen Monaten mehrere seiner Ämter, so beispielsweise beim Stromkonzern Repower, bei dem er Präsident war. Bei der Versicherungsgruppe Helvetia trat er schon Ende 2017 als Präsident zurück.

Bei der Raiffeisenbank, bei der Vincenz von 1999 bis 2015 Chef und die sich mit einem Imageschaden konfrontiert sieht, läuft derweil die Aufarbeitung des Falls. Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg-Stürm legte im März sein Amt nieder. Interimspräsident Pascal Gantenbein kündigte eine «schonungslose» Aufklärung an.

Der heutige Chef Patrik Gisel - Vincenz' langjährige Nummer 2 - wurde von den Strafverfolgern ebenfalls befragt. Ein Strafverfahren gegen ihn wurde jedoch nicht eröffnet.
Bei Raiffeisen räumte auch Vincenz' Ehefrau, Chefjuristin Nadja Ceregato, ihren Posten. Ceregato befand sich seit Herbst in einem Sabbatical und kam mit ihrem Arbeitgeber zum Schluss, dass eine Rückkehr nicht opportun wäre. Raiffeisen betonte, dass es keine Verdachtsmomente gegen sie gebe.

(sda/ccr)