Was in Frankreich die Regel ist, ist hierzulande die Ausnahme. Fast jedes Weingut der Grande Nation, das etwas auf sich hält, schmückt seinen Namen mit dem prestigeträchtigen Wort «Château». Die helvetischen Weinprozenten geben sich wesentlich bescheidener. Sie verwenden die Bezeichnung nur, wenn das Gutsgebäude tatsächlich ein schlossartiges Bauwerk ist. Dazu gehören historische, architektonische wie auch juristische Merkmale. In der Regel war ein Schloss einst der befestigte Wohnsitz und das Zentrum der landwirtschaftlichen Domäne eines Lehensherrn. Erst im Laufe der Zeit trat der Wehrcharakter in den Hintergrund und die Schlossanlagen samt Ländereien wurden in repräsentative Herrschaftssitze umgewandelt.
Mit seinen 42 Weinbauschlössern gilt das Waadtland als nobelster Kanton der Schweiz. Um dieses reiche kulturelle Erbe bekannter zu machen und um die auf den Gütern erzeugten Weine unter einem gemeinsamen Gütesiegel (einer rot-silbernen Banderole um den Flaschenhals) auf den Markt zu bringen, wurde 2004 die Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux gegründet. 25 Mitglieder zählt die Vereinigung bis heute, 21 Weingüter und vier Weinhändler. «Ein schönes Schloss zu besitzen, genügt aber nicht, um bei uns Mitglied werden zu können», präzisiert André Fuchs, Präsident der Vereinigung und Direktor der Schenk SA mit Sitz in Rolle. «Ausschlaggebend ist die Qualität der erzeugten Weine.»
Ein verbindliches Pflichtenheft schreibt vor, dass der Ertrag mindestens 10 Prozent unter dem von der AOC vorgeschriebenen Wert und dass die Öchslegradation der Trauben über dem Durchschnitt der AOC liegen muss. Ferner werden eine Mindest-Blattoberfläche und umweltschonender Anbau (mindestens Integrierte Produktion) verlangt. Eine Kommission kontrolliert die Rebberge zweimal jährlich, und vor dem Abfüllen müssen die Weine das Plazet einer Degustationskommission erhalten.
Tatsächlich dürfen sich nicht nur die Schlossgüter, zu denen insgesamt 187 Hektaren Rebland gehören, sehen lassen, sondern auch deren Weine. 70 verschiedene Gewächse füllen die Mitglieder der Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux ab. Traditionsgemäss und zu Recht zum Pflichtprogramm gehören die Chasselasweine, die je nach Terroir ihre eigenen aromatischen Charakteristiken offenbaren. So gilt etwa der gut strukturierte, mineralische Chasselas des oberhalb von Yvorne gelegenen Château Maison Blanche als einer der besten Vertreter seiner Art im Kanton Waadt. Die 7,5 Hektaren Rebland stehen auf den kargen Kiesböden, die der Felssturz von 1584 hinterlassen hat und der auch damals das Schloss zerstört hatte. Ebenfalls von beeindruckender Eigenständigkeit und Qualität präsentiert sich der Chasselas des im La-Côte-Gebiet gelegenen Château de Vinzel, das einst dem Berner Landvogt als Wohnsitz diente, wenn er die Ernte überwachen und den Zehnten einkassieren kam. Bei einer Vertikalverkostung, die bis ins Jahr 1971 zurückreichte, zeigte sich auf eindrückliche Weise, dass ein guter Terroir-Chasselas wie jener des Château de Vinzel in erster Linie ein exzellenter Essensbegleiter ist. Solche Weine vermögen – je nach Jahrgang – problemlos ein bis zwei oder mehr Jahrzehnte zu altern und können mit ihren vielschichtigen Sekundär- und Tertiäraromen von Honig, Pilzen und getrockneten Früchten bei Tisch grosses Trinkvergnügen bereiten.
Neben weiteren Weissweinen aus diversen anderen Sorten werden auf den Schlossgütern auch Rotweine gekeltert. Der Pinot noir gehört gewissermassen zum Standardrepertoire. Daneben werden aber auch Assemblagen abgefüllt. Besonders zu beeindrucken vermochte bei der Verkostung der verschiedenen Rotweine die Cuvée d’Entreroches, ein vollmundig-würziger Gamay des in der Appellation Côtes-de-l’Orbe gelegenen Château d’Eclépens. Das Schloss, das sich seit sechs Generationen im Besitz der Familie De Coulon befindet, verkörpert beispielhaft, was die Mitglieder der Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux verbindet: Jahrhundertealte Geschichte, imposante Architektur und qualitativ hochstehende Weinbaukultur.
Mehr Informationen zu den Schlössern und ihren Weinen unter: www.c-d-c.ch.