Hillary Clinton will die erste Präsidentin der USA werden. Ins Weisse Haus gehöre endlich eine Frau, sagen ihre Unterstützer. Aber ausgerechnet mit den Wählerinnen hat sie es schwer.

Vielleicht ist es so etwas wie die Gretchenfrage im US-Wahlkampf. Sollte man Clinton wählen, weil sie eine Frau ist - um jeden Preis und ungeachtet dessen, wofür sie steht? Einfach um der Signalwirkung willen? Weil dann endlich mal eine Frau die Chance hätte, ins Weisse Haus zu kommen? Oder sollte man seine Stimme Bernie Sanders geben, weil er der Kandidat wäre, der sich stärker für Gleichberechtigung einsetzen würde, weil er sich diesem Kampf nun einmal so hartnäckig verschrieben hat?

Bei der Vorwahl der Demokraten in New Hampshire gewann Sanders in der vergangenen Woche bei so ziemlich allen Gruppen. Bei den Frauen lag der 74 Jahre alte Senator von Vermont um 11 Prozentpunkte vor Clinton. «Wie sich herausstellt, sehen die Wählerinnen in Hillary eine Kandidatin, keinen historischen Imperativ», schrieb die Kolumnistin Maureen Dowd in der «New York Times».

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«Eine Frau gehört ins Weisse Haus»

Clintons Wahlkampf war von Beginn an auf diesen historischen Imperativ ausgerichtet - auf das, was die Geschichte vermeintlich gebietet. Und auf ein Versprechen: Sie, die erste Frau im Weissen Haus, ein Himmel voller Möglichkeiten für die vielen Frauen da draussen. Die 68-Jährige beschrieb es so: «Väter werden dann endlich zu ihren Töchtern sagen können: 'Auch Du kannst Präsidentin werden, wenn Du gross bist.'»

Die Erzählung kommt nicht ohne die passenden Accessoires und Anekdoten daher. In Clintons Wahlkampf-Shop kann man ein Sofakissen kaufen, auf dem in Anlehnung an eine altbackene Redensart in gestickter Schrift steht: «Eine Frau gehört ins Weisse Haus.»

Mit der Schauspielerin und Autorin Lena Dunham («Girls») sprach Clinton in einem Interview so lange über ein schulterfreies, schwarzes Kleid aus ihrer Zeit als First Lady, dass die beiden wie alte Freundinnen wirkten. Dunham, die das Unperfekte zu ihrer Marke gemacht hat, ging später auch auf Wahlkampftour für Clinton. Es war die perfekte Besetzung, um die junge Generation zu erreichen. Aber die wählte bei den ersten Vorwahlen in Iowa und New Hampshire eher Sanders.

Grosse Institutionen stehen hinter Clinton

Und eine grosse Frauenbewegung gibt es nicht hinter der früheren First Lady und Ex-Aussenministerin. Es ist vor allem der institutionalisierte Feminismus, auf den sie bauen kann.

Grosse Organisationen unterstützen sie, etwa die National Organization for Women (NOW) oder Planned Parenthood. Und die, die schon seit Jahrzehnten dafür kämpfen, dass eine Frau ins mächtigste Amt der Welt kommt - die frühere Aussenministerin Madeleine Albright etwa oder die Frauenrechtlerin Gloria Steinem.

Eine 58 Jahre alte Wählerin in New Hampshire beschreibt es so: «Wenn sie es nicht wird, bekommen wir wahrscheinlich in den nächsten 20 Jahren keine Frau als Präsidentin. Ich sehe einfach niemanden sonst, der stark genug ist.» Und ja, Clinton habe es schwerer mit den jungen Frauen. «Die wissen einfach nicht, wie schwer es war, überhaupt erst an diesen Punkt zu kommen.»

Generationenunterschied

An Aussagen wie diesen zeigt sich vielleicht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem feministischen Verständnis zweier Generationen. Diesen Unterschied beschrieben drei Autoren in der «Washington Post» kürzlich so: Dieser neue Feminismus definiere sich weniger durch einen gemeinsamen Kampf gegen Unterdrückung als vielmehr durch ein gemeinsames Streben nach individuellen Freiheiten.

Er mühe sich weniger damit ab, penibel genau definierte Feindbilder anzugreifen, als die feministische Idee durch Einigung zu erweitern. Er werde weniger von einer Handvoll nationaler Organisationen und charismatischer Führungsfiguren getragen als durch die unsichtbaren Bande des Internets und der sozialen Netzwerke.

Die Kolumnistin Kathleen Parker hat eine simple Erklärung: Die jungen Frauen heute hätten wirklich alle Möglichkeiten, schreibt sie. Auch die, nicht für eine Frau zu stimmen, nur weil sie eine Frau sei.

(sda/ccr)