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Luc Piguet, Digital Shapers 2023
Quelle: ZVG

PersonLuc Piguet

Man stelle sich vor, alle Autos, die seit der Erfindung des «Fahrzeugs mit Gasmotorenbetrieb» durch Carl Benz 1886 ihren Geist aufgaben, wären nie entsorgt worden und stünden noch immer am Strassenrand. Der Autoverkehr, wie wir ihn heute kennen, wäre undenkbar. Doch genau das passiert zurzeit im All. Alte Satelliten werden nicht aus dem Verkehr gezogen, sondern kursieren nach Ablauf ihres Lebenszyklus weiter. Das ist nicht nur unschön, sondern auch extrem gefährlich. «Bei einer Geschwindigkeit von 28 000 Kilometern pro Stunde, mit der die Abfallteile unterwegs sind, kann schon ein Objekt von der Grösse eines kleines Balls bei einem Zusammenstoss die Sprengkraft einer Handgranate entfalten», sagt Luc Piguet, CEO und Co-Gründer von ClearSpace. Die Herausforderung ist gigantisch. Schon heute befinden sich 5000 ausrangierte Objekte im All, und die Kommunikationsbedürfnisse und damit die Zahl der Objekte wird exponentiell zunehmen. Zudem werden sie mit jedem Zusammenstoss fragmentiert. «Der Müll wird über kurz oder lang die Funktionsfähigkeit unserer Infrastruktur im All gefährden», sagt der 51-jährige.
Ziel von ClearSpace ist es, beim grossen Reinemachen im All eine entscheidende Rolle zu spielen. 2026 soll der erste Reinigungsroboter ClearSpace-1 ins All geschickt werden. Und so funktioniert die Müllbeseitigung: ClearSpace-1 muss zuerst die gleiche Geschwindigkeit erreichen wie das Objekt, das er entsorgen soll. Er greift dann mit vier etwa drei Meter langen Armen zu, verlangsamt die Geschwindigkeit und bringt die ausgedienten Satelliten kontrolliert zum Absturz. Der Rest erledigt sich von selbst, die Objekte verglühen beim Eintritt in die Erdatmosphäre. Der ganze Prozess dauert ein bis zwei Monate.
Die Mission ClearSpace-1 wird massgeblich von der europäischen Raumfahrtagentur ESA finanziert. Die Waadtländer haben sich in einem Wettbewerb gegen zwölf Konkurrenten durchgesetzt. Zu den Investoren von ClearSpace gehören der Venture Capital Fund der Swisscom und Private-Equity-Investoren. Wer auf lange Sicht für die Abfallentsorgung im All bezahlen soll, ist noch unklar. Ein Vorschlag geht dahin, die privaten und öffentlichen Satellitenbetreiber in die Pflicht zu nehmen. Sie müssten einen festen Beitrag an die Entsorgung leisten, so wie Autofahrer in der Schweiz Mitglied beim TCS sind, damit ihr Gefährt im Falle einer Panne abgeschleppt wird. Die ESA hat sich verpflichtet, bis 2030 alle ihre Satelliten am Ende ihres Lebenszyklus zu entsorgen. Sicher ist: Für den TCS im All wird es in den nächsten Jahren viel zu tun geben.

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