Gerne möchte sie die EU beerdigen: Die Rechtsextreme Marine Le Pen will Frankreichs Präsidentin werden und mit einem Austritt des Landes das Ende der EU einläuten. Die 48-Jährige hat keine Skrupel, zur Totengräberin der Europäischen Union zu werden - «Ja», sie würde diesen Titel sogar als Kompliment auffassen, bekennt sie im TV-Interview. Le Pen liebt martialische Bilder und drückt so aus, was sie vom Euro hält. Er sei wie ein Messer, das den Franzosen «in die Rippen gerammt» worden sei, hämmert die Chefin des rechtsextremen Front National (FN) ihren Anhängern mit ihrer markanten rauen Stimme ein. Nun tritt sie in der Stichwahl am 7. Mai gegen Emmanuel Macron an, der nicht nur in der Europapolitik die diametrale Gegenposition vertritt.

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Die Währung sei nach den Vorstellungen Deutschlands gestaltet. Sie passe nicht zu Frankreich, das sie in einem europäischen «Gefängnis» wähnt. Eine Volksabstimmung soll nach ihrem Wahlsieg den Weg aus der Gefangenschaft weisen. «Im Namen des Volkes - Marine 2017» heisst der Slogan, mit dem die Tochter des FN-Gründers Jean-Marie Le Pen bei den Franzosen um Vertrauen für ihr anti-europäisches Projekt wirbt.

Le Pens Vater aus dem Visier

Auch wenn sich die in Neuilly-sur-Seine bei Paris geborene Juristin gerne als Frau aus dem Volk stilisiert, ist ihre Herkunft doch eher grossbürgerlich. Sie wuchs im Pariser Nobelvorort St. Cloud auf. Mit ihrem greisen Vater hat sich die zweifach geschiedene resolute Endvierzigerin jedoch mittlerweile überworfen.

Der hatte die Gaskammern der Nazis im Zweiten Weltkrieg wiederholt als «Detail der Geschichte» bezeichnet. Seine Tochter, die den FN bereits seit Jahren führt, distanzierte sich. Die Entfremdung vom Vater spielt wohl eine Rolle dabei, dass der Nachname bei den Wahlkampfauftritten Marine Le Pens praktisch getilgt wurde. In einem Wortspiel mit ihrem Vornamen firmiert sie nun als Anführerin einer «marineblauen Bewegung».

Le Pen will das Unmögliche möglich machen

Doch der lange Schatten des raubeinigen FN-Gründers lässt sich nie ganz abschütteln, wie sie in ihrer Biografie bekennt. Ihr Vater habe ihr und ihren Schwestern bereits früh eingebläut: «Ihr Mädchen seid euer ganzes Leben lang eine Le Pen. Das wird nicht einfach sein, stellt euch schon mal darauf ein.» Die Mahnung sollte zur Prophezeiung werden, denn 1976 wurde das Domizil der Le Pens Ziel eines Bombenanschlags.

Die Familie überlebte, und die rechtsradikale Bewegung bestand weiter. Jean-Marie Le Pen gelangte 2002 sogar in die Stichwahl um die Präsidentschaft, unterlag jedoch dem Konservativen Jacques Chirac deutlich. Nun will die Tochter den Vater übertrumpfen und in den Elysée-Palast einziehen.

Ja zu Katzen, nein zu Ausländern

Auf dem Weg zu ihrem grossen Ziel greift die Rechtsextreme auch gerne zum Weichzeichner, um ihr Hardliner-Image in milderem Licht erscheinen zu lassen. So präsentiert sie sich in einem Video im Spiel mit ihren Hauskatzen als Tierschützerin. Die Politikerin mit einer Vorliebe für E-Zigaretten ist sichtlich bemüht, den FN salonfähig zu machen. Doch sie kann sich auch in Rage reden – zum Beispiel, wenn es um Ausländer geht.

Nur noch maximal 10'000 Einwanderer pro Jahr sollen ins Land gelassen werden. Wer illegal eingereist ist, soll keine Grundversorgung durch das Gesundheitswesen erhalten. Zudem will sie alle Moscheen schliessen, die im Verdacht stehen, mit dem radikalen Islam in Verbindung zu stehen.

Keine Kredite für ihre Kandidatur

Aufsehen erregte Le Pen jüngst im Libanon mit der Weigerung, zu einem Gespräch mit einem islamischen Geistlichen mit Kopftuch zu erscheinen. Um ihr internationales Profil zu schärfen, reiste sie unlängst auch nach Moskau und wurde von Präsident Wladimir Putin empfangen. Sie erhalte keine finanzielle Unterstützung von Russland oder einem russischen Finanzinstitut, betonte Le Pen.

Für sie gebe es aber keine Alternative als im Ausland Geldgeber zu suchen. «Was bleibt mir übrig? Die französischen Banken haben allen Präsidentschaftskandidaten Kredite gewährt - ausser mir.» Dass sie als Investorenschreck gilt, ficht sie nicht an. Auch ihr Wahlsieg würde keine Kapitalflucht auslösen, sagt sie im Fernsehen. «Es ist soviel Liquidität in der Welt, dass sie ihre Einsätze nicht aus Frankreich abziehen werden.»

(reuters/ccr)