Bundesrat Ueli Maurer hat sich in einem Zeitungsinterview skeptisch zu einer möglichen Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht geäussert. Mehr als die Hälfte der Restaurants befürchten laut einer Umfrage von Gastrosuisse, dass ihr Umsatz mindestens um 30 Prozent zurückgeht, sollte das Covid-Zertifikat für den Restaurant-Besuch doch noch Pflicht werden.

Eine mögliche Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht wäre nach Meinung von Finanzminister Ueli Maurer (SVP) schwierig. «Bei Massenveranstaltungen geht es. Aber Servierpersonal, das zum Beispiel Berufsleuten ohne Zertifikat beim Znüni den Kaffee verweigert? Das gibt ein Puff», sagte der Finanzminister dem «Sonntagblick» in einem Interview.

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Die Schweiz kann laut Maurer eine Ausweitung der Zertifikatspflicht wie etwa in Österreich oder Italien zwar ebenfalls durchziehen. «Die Frage ist einfach: Welchen gesellschaftlichen und staatspolitischen Schaden richten wir an?», sagte er.

Der Bundesrat hatte angesichts der steigenden Zahl von Covid-19-Patienten in den Spitälern Ende August eine Ausdehnung der Zertifikatspflicht zur Diskussion gestellt. Am vergangenen Mittwoch verzichtete er aber vorläufig auf den Schritt, weil sich die Zahl der Neuansteckungen auf hohem Niveau stabilisiert hatte.

Gastrosuisse verlangt weitere Entschädigungen

Für Gastrosuisse wären Einschränkungen ohne Entschädigungen nicht tragbar. «Die Situation im Gastgewerbe ist angespannter als noch vor einem Jahr», schrieb der Verband am Sonntag in einer Mitteilung. Die Liquidität habe sich über den Sommer verschlechtert. Die Reserven seien aufgebraucht.

Gleichzeitig würden die Betriebe hohe Umsatzeinbussen bei weiteren Einschränkungen erwarten. Die Härtefall-Entschädigungen hätten die Branche nur kurzzeitig entlastet. Die Gastronomie sei bisher schweizweit 30 Wochen und sechs Tage geschlossen gewesen.

«56,7 Prozent der befragten Gastrobetriebe befürchten, dass eine Einführung einer Zertifikatspflicht trotz Aufhebung der Kapazitätseinschränkungen zu Umsatzeinbussen von mindestens 30 Prozent führen wird», sagte Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer am Samstag in der Sendung «Echo der Zeit» von SRF.

Demonstration in Bern

Die Zertifikatspflicht war auch Thema einer Kundgebung am Samstag in Chur. Nach Polizeiangaben protestierten rund 4000 Kritikerinnen und Kritiker der Corona-Massnahmen gegen einen Zwang zum Impfen gegen das Coronavirus und eine Zertifikatspflicht.

In Bern demonstrierten am Sonntag rund 300 Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen. «Kein Impfzwang, kein Zertifikat, keine Spaltung» stand auf einem der Transparente. Anlass war ein Beschluss der Leitung der Universität Bern: Seit 1. September gilt dort eine Covid-Zertifikatspflicht für alle Aktivitäten, die im Rahmen der Uni stattfinden - mit Ausnahme der Lehre auf Bachelor- und Masterstufe.

Impfungen ohne Voranmeldung

In Lausanne besuchten rund 150 Personen am Wochenende das provisorische Test- und Impfzentrum im Zentrum des Lausanner Stadtteils Flon. 120 Impfungen wurden ohne Voranmeldung verabreicht. Mehr als 80 Prozent der Geimpften waren zwischen 18 und 49 Jahre alt.

Knapp die Hälfte von ihnen liess den Antigentest gleichzeitig mit der Impfung durchführen, hauptsächlich, um am Wochenende ausgehen zu können, wie das Gesundheitsdepartement des Kantons Waadt am Sonntag mitteilte.

Der Urner Regierungsrat wiederum beschloss, dass in Gebäuden der Volksschule ab (morgigem) Montag wieder eine Maskentragpflicht für Erwachsene gilt. Der Kanton weitet auch die Angebotspflicht für repetitive Tests auf Primarschulen und Kindergärten aus.

Mit der Maskentragpflicht für Erwachsene soll ein Beitrag dazu geleistet werden, den Schulbetrieb auch bei steigenden Fallzahlen aufrecht erhalten zu können. Zudem sollten die Schulkinder unter zwölf Jahren, die sich zurzeit noch nicht impfen lassen dürften, besser vor einer Infektion geschützt werden, hiess es.

Die Schweiz plant die Repatriierung von derzeit rund 80 im Ausland an Covid-19 erkrankten Personen. Der Koordinierte Sanitätsdienst informierte die Kantone über das Vorhaben. Rund die Hälfte der Betroffenen erkrankte offenbar in den Ferien in Balkanländern. Ein Sprecher der Gesundheitsdirektorenkonferenz bestätigte einen Bericht der Tamedia-Zeitungen.

(sda/gku)