Die Zahl hat eingeschlagen: 2500 Franken verlieren die Schweizer und Schweizerinnen im Schnitt pro Jahr, wenn die Verträge mit der EU nicht zustande kommen und in der Folge die Bilateralen I auf der Kippe stehen. Kaum eine Zeitung hat diese Ecoplan-Studie nicht zitiert, die vom Bundesrat als eines der wichtigen Argumente für das Abkommen ins Feld geführt wurde. Und es spricht ja auch gar nichts dagegen, solche Studien zu erstellen. Nur wer Kosten und Nutzen kennt, kann sich eine fundierte Meinung bilden.

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Und doch ist es gefährlich, wenn sich der Bundesrat so stark auf Drittmeinungen und insbesondere auf Zahlen wie diese verlässt, anstatt selber und mit Überzeugung für das Vertragspaket zu kämpfen. Denn das tut er meiner Meinung nach entschieden zu wenig.

Die 2500 Franken sind greifbar und werden von jedem verstanden. Doch das ist gerade das Problem. Vielleicht sind sie etwas zu griffig. Bereits haben Ökonomen wie Reiner Eichenberger, die selber nicht viel von Verträgen mit der EU halten, zum Taschenrechner gegriffen und begonnen, die Zahl zu relativieren. Selbstverständlich beruht jede Studie auf Annahmen und Vereinfachungen – nichts ist einfacher, als diese infrage zu stellen. Und dann geht das Ganze nach hinten raus.

Man denke nur an die Abstimmung zur AHV-Finanzierung von 2022, nach der auskam, dass sich der Bund bei einer Prognose verrechnet hatte, die im Vorfeld von vielen als Argument für ein Ja verwendet worden war. Die Vorlage war damals mit nur gerade 50,6 Prozent durchgekommen. Forderungen, die Abstimmung wegen der Panne zu wiederholen, kamen zwar nicht durch. Aber das Image des zuständigen Bundesamts war ramponiert, der Glaube an Zahlen dahin.

Entsprechend gefährlich ist es, sich bei einer so bedeutenden Abstimmung wie jener über das EU-Paket so stark auf vermeintlich harte Zahlen zu verlassen und mit einer finanziellen Abstrafung im Falle eines Neins zu drohen. Was es viel mehr bräuchte, wäre eine Vision des Bundesrats, ein politisches Projekt. Doch man hat das Gefühl, dass sich die Regierungsmitglieder – und noch viel mehr die Parlamentarierinnen und Parlamentarier – am Thema nicht die Finger verbrennen wollen.

Dabei sind die Verträge mit der EU entscheidend, und es steht viel mehr auf dem Spiel, als die 2500 Franken abzubilden scheinen. Es geht um nichts weniger als um die Frage, ob die Schweiz sich als Teil eines europäischen Marktes versteht oder ob sie eine Offshore-Strategie fahren will und dabei riskiert, von zahlreichen europäischen Institutionen und Märkten ausgeschlossen zu werden. Ein Stromabkommen braucht die Schweiz nicht nur wegen möglicher Gewinne von Axpo und Alpiq, sondern um die Stromversorgung sicherer zu machen. Bildungsabkommen nützen Schweizer Studierenden und dem Forschungsstandort Schweiz. Und ja, bei Themen wie den Handelshemmnissen profitieren Schweizer Firmen.

Wer sich aus politischer Bequemlichkeit nur auf vermeintlich nüchterne Zahlen beruft, wird dem Thema nicht gerecht. Und riskiert, das Projekt ohne Not angreifbar zu machen.