Eine wahrlich historische Abstimmung steht bevor. Eine frühere Kriegs- und Krisensteuer aus den 1930er-Jahren, die sich in Form des steuerbaren Eigenmietwerts verselbstständigt hat, soll abgeschafft werden. Sie brachte in all den Jahren viel Bürokratie hervor. Und viele verstanden nicht, warum Eigentümerhaushalten ein fiktives Einkommen angerechnet wird.

Die Abstimmung interessiert vor allem die 43 Prozent der Stimmberechtigten, die in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus leben. Sie zahlen wegen des tiefen Hypothekarzinsniveaus seit fünfzehn Jahren viel zu viel Steuern und hoffen auf Entlastung durch die Reform.

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Mieterhaushalte dürfte die Abstimmung eher kalt lassen, weil sich für sie steuerrechtlich nichts ändert. Denn mit der Abschaffung des Eigenmietwerts werden auch die steuerlich vorteilhaften Abzüge für Schuldzinsen und die Unterhaltskosten abgeschafft. Damit bleibt die steuerliche Bilanz und damit das Gleichgewicht zwischen Mieter- und Hauseigentümerhaushalten gewahrt.

«Je grösser die Schulden und je grösser der Unterhaltsrückstand, desto schlechter für Eigentümerhaushalte.»

In der Einzelperspektive sind Eigentümerhaushalte allerdings sehr unterschiedlich betroffen: Die einen profitieren, die anderen nicht. Je grösser die Schulden und je grösser der Unterhaltsrückstand, desto schlechter für sie. Je neuer das Wohneigentum und je tiefer die Schulden, desto besser. Am meisten bevorteilt dürften die Rentnerhaushalte sein, die ihre Hypothekarschuld reduziert haben.

Diese Faustregeln sind von einem Wert abhängig, dem Hypothekarzins. Heute gilt: Je höher die Zinsen sind, desto vorteilhafter für die Eigentümerhaushalte, je tiefer die Zinsen sind, desto besser für den Bund und die Kantone, weil sie mehr Steuern einnehmen. Letzteres gilt seit ungefähr 2009, seit die Zinsen unter 3 Prozent gefallen sind. Seitdem zahlen diese Haushalte steuerlich überwiegend drauf.

Mit der Reform sollte es umgekehrt sein: je tiefer der Zins, desto besser für die Eigentümerschaften, je höher der Zins, desto besser für den Staat. Bei einem Hypothekarzins ab 3 Prozent wäre Letzterer im Vorteil. Beim heutigen Zinsniveau würde der Bund 400 Millionen Franken verlieren.

Linke wie bürgerliche Gegner schwindeln

Die linke Gegnerschaft schwindelt also, wenn sie mit der Parole «Keine Steuergeschenke für Reiche» pauschal Stimmung dagegen macht – denn diese Aussage ist vom Zins abhängig.

Auch die rechte Gegnerschaft, aus dem Baugewerbe, sagt nur die halbe Wahrheit: Renovationen werden vor allem gemacht, wenn sie nötig sind, und nicht, weil man sie steuerlich fördert. Die Mitnahmeeffekte sind gross.

Warum wir überhaupt abstimmen

Und schliesslich die gegnerischen Bergkantone: Sie könnten mit der Reform Steuerverluste erleiden, weil die Eigenmietwerte der Zweitwohnungen nicht mehr besteuert würden. Aber gerade deshalb stimmen wir ab – über eine neue Immobiliensteuer, genannt Objektsteuer, die Kantonen erlaubt, Steuerverluste zu kompensieren.

Der Hauptgewinn der Reform ist, dass die Verschuldung reduziert werden dürfte, was der Abhängigkeit von Banken entgegenwirkt und den Kredit- und Immobilienmarkt robuster macht. Ausser dem Umstellungsaufwand spricht alles für die Reform.