Der Bundesrat war clever. Er kam mit Donald Trumps Leuten ins Gespräch, um ihnen klarzumachen, dass keiner der an die Schweiz gerichteten Vorwürfe stimmt. Trumps Behauptung, dass unsere Wirtschaft die USA ausnütze, ist völlig falsch. Aus mehreren Gründen.
Erstens: Die Schweiz ist kein Billiglohnland wie China oder Vietnam, wohin grosse Teile der US-Produktion über die letzten vier Jahrzehnte ausgelagert wurden und weshalb US-Fabriken geschlossen wurden.
Zweitens: Es war nicht das Ausland, sondern es waren US-Manager, welche die Produktion in Billiglohnländer verlagert haben. Der Haupttreiber war die Managementtheorie des Shareholder-Value. Sie besagt, dass das Mass aller Dinge der Mehrwert für Aktionäre sei.
Dank der Produktion in China sanken die Kosten, die Gewinne stiegen. US-Manager haben den europäischen Stakeholder-Value, der weitere Anspruchsgruppen wie Angestellte mit einbezieht, belächelt. Nun trägt Trump den Anspruch der US-Bürger auf einen Job in die Politik. Er macht den Stakeholder-Value in den USA salonfähig. «Bring die Produktion in die USA zurück, Tim Cook», sagte Trump zum Apple-Boss. Dieser musste zusagen, um den Aktienkurs zu retten.
Drittens: die fehlende Innovation von Gütern. Die USA sind stark in der Erfindung von Arzneimitteln und in den IT- und Plattformdienstleistungen von Google, Microsoft und Co. Das Land hat es aber verpasst, physische innovative Produkte zu entwickeln, die Schweizer Firmen und Haushalte nachfragen könnten.
So verwundert es nicht, dass die Handelsbilanz der USA mit uns rot wurde. Wir führen wenig aus den Vereinigten Staaten ein, weil es wenig Nennenswertes zu importieren gibt – bis auf Rüstung, die dort stark subventioniert ist. Die einzige Industrieinnovation der letzten Jahre war Tesla.
Viertens: Die Schweiz hat keine Billigwährung gefördert, um Exporte in die USA zu fördern. Im Gegenteil. Die USA haben den Dollar über die letzten vier Jahrzehnte entwerten lassen. War der Dollar 1982 fast 3 Franken wert, waren es zuletzt 85 Rappen.
Kaufkraftbereinigt hat sich der Wert des Dollar gegenüber dem Franken halbiert. US-Güter sind billiger geworden, und dennoch kaufen Schweizer Firmen nicht mehr US-Güter.
Fünftens: Sollte die Schweizer Industrie jetzt im grossen Stil Franken zur Investition in die USA schicken, würde sich der Dollar aufwerten und unsere Exporte billiger machen. Es würde sie noch befeuern. Das wäre dumm für Trump.
Und sechstens: Trump wirft der Welt vor, zu wenig zu konsumieren. Das ist für die Schweiz falsch. Die Schweiz hat – etwa im Gegensatz zu Deutschland – in ihre Infrastruktur investiert. Die Löhne sind real gestiegen, und die Firmen und Haushalte geben munter aus.
Der starke Franken war der Antrieb zu mehr Produktivität und Innovation. KMU und Konzerne haben die Industriebasis im Land behalten. Sie bauten die Arbeitsplätze um, die Menschen investierten in Weiterbildung. So überwand die Schweiz die Malaise der 1990er- und Nullerjahre. Die Schweiz muss Trump daher in nichts entgegenkommen.