Einen Menschen hat Wilma Mankiller nie getötet, trotz ihres Namens. Dennoch könnte sie nun, fünf Jahre nach ihrem Tod, dafür sorgen, dass ein Mann das Zeitliche segnet, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Sie ist eine von vier Kandidatinnen einer Kampagne, die sich zum Ziel gesetzt hat, den einstigen Präsidenten Andrew Jackson von der 20-Dollar-Banknote zu verbannen und durch das Porträt einer Frau zu ersetzen.

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Antrieb für die Aktivisten ist die Tatsache, dass bis heute keine einzige Frau auf einem Dollar-Schein zu sehen ist. Ganz anders als bei fast allen anderen Währungen – mal werden sie dort als Allegorien gezeigt, wie die mythische Figur der Europa im Hologramm der Euro-Banknoten, mal erscheinen anonyme Vertreterinnen aus dem Volk, mal sind es Schriftstellerinnen oder Wissenschaftlerinnen. In der Schweiz schmückt das Antlitz von der Malerin, Kunstgewerblerin und Plastikerin Sophie Taeuber-Arp (1889-1943) den 20-Franken-Schein.

Fast überall selbstverständlich

In jedem Fall aber sind Frauen heute auf Banknoten fast aller Nationen ganz selbstverständlich. Eine Ausnahme machen nur noch die meisten islamisch geprägten Länder. Und eben die USA.

Die Organisation Women On 20s will das ändern. Dazu führt sie derzeit eine Online-Abstimmung durch, bei der zunächst die passende Anwärterin gefunden werden soll. Am Donnerstagabend hat nun die demokratische Senatorin aus New Hampshire, Jeanne Shaheen, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgestellt, der den neuen 20er überhaupt erst ermöglichen soll.

Vier Kandidatinnen

Nach der Vorrunde der Online-Abstimmung, in der aus 30 Kandidatinnen gewählt werden konnte, sind nun noch vier Finalistinnen übrig. Dazu gehört: Eleanor Roosevelt (1884–1962), die Frau des einstigen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, die selbst politisch sehr aktiv war. Harriet Tubman (ca. 1822–1913) ist eine weitere Kandidatin. Sie wurde als Sklavin geboren und war eine der herausragenden Frauen im Kampf gegen die Sklaverei.

Die dritte Kandidatin: Rosa Parks (1913–2005). Sie weigerte sich einst, im Bus von ihrem Platz für einen Weissen aufzustehen, landete dafür im Gefängnis und brachte damit die Bürgerrechtsbewegung ins Rollen. Und schliesslich ist da eben Wilma Mankiller (1945–2010) als vierte Kandidatin. Sie war der erste weibliche Häuptling der Cherokee.

Prinzip der Abbildungen durchbrochen

Gegner der Kampagne wenden allerdings ein, dass jede dieser Frauen das Prinzip der Abbildungen auf den Dollar-Noten durchbrechen würde. Denn sie zeigen fast alle ehemalige Präsidenten des Landes, von George Washington bis Abraham Lincoln, nur Benjamin Franklin auf dem Hunderter hatte dieses Amt nie, gehört aber zu den Gründungsvätern der USA, ebenso wie Alexander Hamilton auf dem Zehner.

Allerdings ist dieses Prinzip relativ neu. Denn bis in die 60er-Jahre gab es beispielsweise einen 10’000-Dollar-Schein mit dem Porträt von Salmon P. Chase. Er war nie Präsident, sondern amtierte unter Lincoln als Finanzminister. Sein Verdienst war, dass er einst das Papiergeld einführte, mit dem letztlich der Sezessionskrieg finanziert wurde.

Martha Washington war schon einmal auf Dollar-Schein

Zudem gab es durchaus auch schon einmal eine Frau auf Dollar-Scheinen zu sehen. Allerdings handelte es sich dabei um sogenannte «Silver certificates». Derartige Zertifikate waren zwischen 1878 und 1968 neben anderen Dollar-Scheinen in Umlauf und konnten jederzeit gegen eine entsprechende Anzahl an Silber-Dollar-Münzen eingetauscht werden.

Auf einem 1-Dollar-Silberzertifikat war dabei ab 1886 Martha Washington zu sehen, die Ehefrau von George Washington. Besondere Verdienste um die Nation, die diese Ehre rechtfertigen würden, hatte sie nur bedingt, sieht man davon ab, dass sie sich um den Haushalt des ersten Präsidenten kümmerte. So erschien Martha denn bei der Neuauflage des Scheins von 1896 bereits nur noch zusammen mit ihrem Mann, ab 1899 verschwand sie ganz von den Banknoten.

Marylin Monroe auf Kriegsscheinen

Im 20. Jahrhundert dagegen tauchten weibliche Porträts nur auf den sogenannten «Military payment certificates» auf, die US-Soldaten zwischen 1946 und 1973 bei ihren Einsätzen im Ausland nutzten. Gezeigt wurden zwar stets nur anonyme Frauen, doch mit dem Beginn des Vietnamkrieges ähnelten sie zunehmend bekannten Stars der Showbranche.

Ein Motiv sah sogar Marilyn Monroe zum Verwechseln ähnlich. Ab 1970 wurden die Frauendarstellungen jedoch wieder anonymer, und mit dem Ende des Vietnamkrieges verschwanden diese Scheine, die ohnehin nur einen eng begrenzten Geltungsbereich hatten, ganz.

Eine der letzten Bastionen des Patriarchats

Insofern wäre eine Frauengestalt auf einem Dollar-Schein, der in der ganzen Nation und letztlich sogar weltweit benutzt wird, eine echte Revolution und etwas bisher nie Dagewesenes. Damit würde eine der letzten Bastionen des Patriarchats in der westlichen Hemisphäre geschleift.

Doch zunächst muss bei der Internet-Abstimmung eine Kandidatin ausgewählt werden. Und dann müssen die Aktivisten noch die US-Politik von ihrem Ansinnen überzeugen. Ob es helfen wird, wenn Hillary Clinton die nächste Präsidentin werden sollte, ist dabei fraglich. Denn immerhin hätte sie ja die grössten Chancen, dereinst die erste Frau auf einem Dollar-Schein zu werden – schliesslich würde sie dann das Prinzip, dass darauf nur ehemalige Präsidenten zu sehen sind, nicht durchbrechen