Die Konjunktur kühlt sich deutlich ab. Und mit ihr der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit nimmt seit einem Jahr zu. Die Zahl der offenen Stellen und der Mangel an Arbeitskräften haben deutlich abgenommen. Die Einwanderung aus der EU wird sich abschwächen. Hinter dieser allgemeinen Abkühlung verbirgt sich aber eine strukturelle Verschiebung auf dem Arbeitsmarkt, die beunruhigend ist.
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In den letzten zwölf Monaten wurden in der Verwaltung, in den Bildungsinstitutionen und im Gesundheits- und Sozialwesen mehr als 28’000 neue Stellen geschaffen. In der Privatwirtschaft wurden in der gleichen Zeit per saldo Arbeitsplätze abgebaut, obschon sich einzelne Branchen wie die Bau- und Immobilienwirtschaft dank den tiefen Zinsen recht gut entwickelten. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die für die Schweiz bereits im ganzen letzten Jahrzehnt charakteristisch war. In den zehn Jahren vor der Covid-Krise wuchs die Zahl der Beschäftigten in den staatsnahen Bereichen jedes Jahr um 2,6 Prozent – eine Zunahme um rund 20’000 Beschäftigte jedes Jahr. In den anderen, eher privatwirtschaftlichen Sektoren betrug die Zunahme 0,7 Prozent. Verwaltung, Bildung und Gesundheit expandierten während eines Jahrzehnts fast viermal stärker als die Privatwirtschaft.
Die Behörden sollten das Beschäftigungswachstum in der Verwaltung begrenzen.
Diese Entwicklung hat nur zu einem geringen Teil mit der demografischen Entwicklung zu tun. Es ist unsere Wirtschaftspolitik, die diese Entwicklung zulässt oder sogar massgeblich beeinflusst. Wer kann Gegensteuer geben?
Erstens sollten die politischen Behörden das Wachstum der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung begrenzen. Das aktuelle Entlastungspaket des Bundes ist ein guter Anlass dazu. Die Bundesaufgaben können bis Ende dieses Jahrzehnts mit dem bestehenden Personalbestand bewältigt werden.
Zweitens würden die Bürger dieses Landes aufatmen, wenn die Politik das Kosten- und damit auch das Stellenwachstum im Gesundheitswesen endlich dämpfen würde. Das Parlament hat als Gegenvorschlag zu einer abgelehnten Volksinitiative der Mitte entschieden, dass der Bundesrat künftig Ziele für das Ausgabenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung festlegt. Diese Woche hat Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die ersten Resultate verkündet. Es finden sich dabei viele gute Ideen. Leider bleibt (noch) unklar, ob und wie rasch die Massnahmen umgesetzt werden. Angesichts der vielen Akteure und der unklaren Kompetenzen wird es einige Zeit brauchen, bis Bund und Kantone über die Strukturen verfügen, um die Kosten straffer zu steuern.
Wir dürfen nicht vergessen, dass der Franken vor allem im Vergleich zum Euro zu teuer ist.
Drittens kann die Nationalbank weiterhin dafür sorgen, dass der Franken nicht übermässig aufwertet und die Wettbewerbsfähigkeit der international tätigen Branchen nicht mindert. Nach der massiven Aufwertung zu Beginn des letzten Jahrzehnts ist es ihr nach 2016 gelungen, eine übermässige Aufwertung zu verhindern. Heute ist der Franken aber wieder deutlich überbewertet. Ursache dafür ist zwar eine Abschwächung des Dollars, wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Franken vor allem im Vergleich zum Euro zu teuer ist. Eine gewisse Abschwächung des Frankens zum Euro wäre deshalb in dieser Konjunkturschwäche hilfreich. Damit trüge die Nationalbank, ohne die Preisstabilität zu gefährden, zu einem ausgeglichenen Wachstum der schweizerischen Wirtschaft bei.
Der Weg zu einer ausgeglicheneren Entwicklung lässt sich einfach zusammenfassen: Es braucht einerseits eine etwas restriktivere Finanzpolitik. Das bremst die Beschäftigung in den staatsnahen Branchen. Anderseits braucht es für die international tätige Privatwirtschaft bessere Rahmenbedingungen durch einen weniger starken Franken.

