Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen gehören in vielen Städten zum gewohnten Bild. Viele Leute suchen verzweifelt nach bezahlbaren Wohnungen. Doch wenn clever geplant wird, kann neuer Wohnraum für bis zu zwei Millionen Menschen mehr geschaffen werden. Das zeigt eine neue Studie von Sotomo, im Auftrag des Thinktanks Urbanistica.

Das grösste Potenzial liegt dabei in den Agglomerationen. Wohnraum für 870'000 Menschen könnte so geschaffen werden. Dabei sticht der Raum Zürich heraus, wie das Gemeinde-Ranking der Studie zeigt: Auf den ersten drei Plätzen tauchen mit Schwerzenbach ZH, Opfikon ZH und Killwangen AG gleich drei Gemeinden in der Nähe der Stadt Zürich auf. Mit Vernier, Pregny-Chambésy und Meyrin gibt es auch in der Umgebung von Genf noch viel Potenzial.

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Die Agglomerations-Gemeinden würden von der Infrastruktur der grossen Zentren profitieren, «haben aber ihre baulichen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft», sagt Politologe Michael Hermann. Er hat die Studie durchgeführt.

Nicht automatisch höhere Häuser

Stadtentwicklung nach innen bedeutet nicht automatisch höhere Häuser. «70 Prozent aller heutigen Siedlungen werden nicht angerührt», sagt der Politologe.«Wenn die Schweiz auf über zehn Millionen Menschen wächst, ist es entscheidend, dass kompakt am richtigen Ort gebaut wird. Dafür braucht es auch keine Hochhäuser wie in Manhattan, es genügen die bestehenden Konfigurationen der Gebäude.»

Hermann nennt als Beispiel das Basler Gundeli Quartier. «Das ist ein beliebtes und belebtes Wohnquartier, das aber kompakt gebaut wurde. Das wäre auch an anderen Orten möglich.»

In den grössten Städten könnte zusätzlicher Platz für 770'000 Personen geschaffen werden. «Die grossen Städte wie Bern, Basel, Zürich, Genf weisen wegen ihrer hervorragenden ÖV-Erschliessung auch heute noch erhebliche Reserven auf.» Kurze Wege würden die Verkehrsinfrastruktur entlasten.

Bei den kleineren Städten verteilt sich das Potenzial auf verschiedene Kantone. In Front ist Aarau, auf Platz zwei folgen Zug, respektive Visp.

An der Urne ist oft Schluss

Doch warum hapert es bei der Verdichtung? «Viele Behörden bemühen sich, scheitern jedoch an der Urne oder bei der Gemeindeversammlung», sagt Politologe Hermann. «Viele, die dort abstimmen, haben bereits ein Haus oder eine Wohnung und wollen die Verdichtung lieber irgendwo anders.» Dazu kommt eine gewisse «Stadtskepsis». «Viele denken an graue Betonwüsten. Doch die Schweiz kann auch mit vielen Grünflächen verdichten.»

Dazu würden auch die Gemeinden von Verdichtung profitieren. «An vielen Orten gehen Beizen oder Läden zu. Wenn mehr Leute dort wohnen und arbeiten, steigt auch die Lebensqualität», gibt Hermann zu bedenken.

Doch bis das tatsächlich passiert, müssen noch «dicke Bretter gebohrt werden», so der Politologe. «Unsere Studie soll den Gemeinden Schützenhilfe geben, um die Bevölkerung zu überzeugen.»

Dieser Artikel erschien zuerst bei Blick.