Forschende des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (SwissTPH) haben die geografische Verteilung des Sterberisikos in der Schweiz untersucht: Je nach Sprachregion unterscheidet sich die Wahrscheinlichkeit, an Herzkrankheiten oder Lungenkrebs zu sterben.

Die Lebenserwartung in der Schweiz gehört zu den höchsten weltweit, mit durchschnittlich 80,4 Jahren bei Männern und 85,4 Jahren bei Frauen. Neben Alter und Geschlecht hat auch der Wohnort Einfluss auf das individuelle Sterberisiko. Die Analyse solcher regionaler Unterschiede kann Risikofaktoren aufdecken, gegen die sich anschliessend Massnahmen ergreifen lassen.

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Herz-Kreislauf-Erkranungen häufigste Todesursache

Deshalb haben Forschende des SwissTPH Schweizer Sterbeurkunden aus den Jahren 2008 bis 2012 analysiert, um eine geografische Karte der Sterberisiken für verschiedene Todesursache zu erstellen. Ihre Resultate veröffentlichten sie kürzlich im Fachblatt «Swiss Medical Weekly».

Wie schon aus früheren Statistiken bekannt, machen Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache aus. Sie sind für etwas mehr als ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich. Im regionalen Vergleich kam diese Todesursache in den Kantonen Glarus, St. Gallen, Thurgau und Appenzell überdurchschnittlich häufig vor.

Geringeres Sterberisiko in der Romandie

Nach den verschiedenen Sprachregionen aufgeschlüsselt zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, in der Deutschschweiz höher liegt als im Rest der Schweiz. Dies gilt zum Beispiel bei Bluthochdruck und Atherosklerose. Die Romandie verzeichnete ausserdem ein tieferes Sterberisiko durch Herzkrankheiten bei den über 75-Jährigen.

Den Grund vermuten die Forschenden in kulturellen Unterschieden und regional typischen Verhaltensweisen. Hoher Blutdruck, Rauchen, mangelnde Bewegung und Übergewicht erhöhen neben erblicher Prädisposition das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Ergebnisse decken sich mit dem Bild, welches die «Global Burden of Disease«-Studie 2010 zeichnete, wie die Forschenden in Swiss Medical Weekly schreiben: Auch in dieser Studie lag der Anteil verlorener Lebensjahre durch Herzkrankheiten in Deutschland deutlich höher als in Frankreich und Italien.

Lungenkrebs ist tödlichste Tumorerkrankung

Krebserkrankungen sind für 27 Prozent der jährlichen Todesfälle in der Schweiz verantwortlich. Im Durchschnitt waren Tumore der Lunge mit fünf Prozent aller Todesfälle und des Darmtrakts mit drei Prozent die tödlichsten.

Nach Geschlecht unterschieden war jedoch Brustkrebs mit 4,4 Prozent bei den Schweizerinnen die tödlichste Krebserkrankung vor Lungenkrebs mit 3,4 Prozent. Letzterer war bei Männern für sieben Prozent aller Todesfälle verantwortlich, Prostatakrebs für 4,6 Prozent.

Regionale Unterschiede

Auch bei den Krebserkrankungen zeigten sich regionale Unterschiede: Das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, lag in der Romandie höher als in der Deutschschweiz. Den möglichen Grund dafür sehen die Forschenden in unterschiedlichem Rauchverhalten. Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte bereits, dass die Bevölkerung der Romandie häufiger raucht, als die der Deutschschweiz. Besonders ausgeprägt sei der Trend bei Frauen.

Hingegen lag die Brustkrebs-Sterblichkeit bei Frauen über 75 in der Westschweiz tiefer als in der Deutschschweiz. Dies obwohl das Bundesamt für Statistik eine im Vergleich höhere Brustkrebsrate in der Romandie verzeichnet. Dass Frauen über 75 in der Westschweiz trotzdem seltener an Brustkrebs sterben, könnte an unterschiedlichen Praktiken beim Mammographie-Screening liegen, vermuten die Forscher.

Weniger Prostatakrebs-Todesfälle

Bei Männern lag die Prostata-Mortalität laut der Analyse in der italienischsprachigen Schweiz tiefer als im Rest des Landes. Zum einen könne man dies durch eine mediterrane Ernährung erklären, so die Forschenden. Diese gilt als gesundheitsfördernd.

Zum anderen sei in Italien eine Zunahme der präventiven Tests zu verzeichnen. Es wäre interessant zu untersuchen, ob dieser Trend auch auf die italienische Schweiz zutreffe, schreiben die Forscher. Auch zeigte sich ein höheres Prostata-Sterberisiko der über 75-Jährigen in der Stadt im Vergleich zum Land, was auf ungleiche Praktiken beim Prostatakrebs-Screening hindeuten könnte.

Im regionalen Vergleich fiel auch ein zunehmendes Sterberisiko durch Magenkrebs von Nordwesten nach Südosten auf, mit der höchsten Mortalität in der italienischsprachigen Schweiz. Dieses Phänomen wurde schon früher mit dem Vorkommen eines resistenten Stamms des Magenkeims Helicobacter Pylori in Zusammenhang gebracht.

Stadtluft doch nicht so schlecht?

Überraschenderweise lag die Sterblichkeit durch chronische Atemwegserkrankungen laut der Analyse in Städten tiefer als auf dem Land. Über die Gründe können die Forschenden nur Vermutungen anstellen.

Frühere Studien aus den USA wiesen beispielsweise auf verschiedene Schadstoffbelastungen bei typischen Stadt-Berufen und Land-Berufen hin. Auch unterscheiden sich mitunter die verwendeten Treibstoffe und somit ihre Abgase - sowohl beim Einsatz draussen als auch in Innenräumen zum Heizen und Kochen.

(sda/me)