Das globale Ernährungssystem ist nicht nachhaltig. Während es jährlich Lebensmittel im Wert von etwa 8 Billionen Dollar produziert, werden seine negativen Auswirkungen auf etwa 12 Billionen Dollar geschätzt. Und das ist nicht der einzige Widerspruch in diesem System.

Auf der ganzen Welt sind die Ernährungssysteme nicht nur vom Klimawandel betroffen, sie tragen auch erheblich zu ihm bei. Die Millionen von Arbeitsplätzen, die sie bieten, sind oft von geringer Qualität und schlecht bezahlt. Und vor allem verfehlen sie ihren eigentlichen Zweck, nämlich die Versorgung aller Menschen mit erschwinglichen, gesunden Lebensmitteln.

Da das globale Ernährungssystem nicht lebensfähig ist, ist ein Wandel unvermeidlich. Doch die radikalen Reformen, die notwendig sind, um einen nachhaltigen Sektor zu schaffen, der nahrhafte Lebensmittel für die Weltbevölkerung produziert, können kurzfristig verheerende Folgen haben. Wenn wir uns für den falschen Ansatz entscheiden, dann würde die Einbeziehung der tatsächlichen Produktionskosten in die Ernährungssysteme einen weitverbreiteten Bankrott auslösen, die Arbeitslosigkeit auf dem Lande massgeblich erhöhen, die Preise steigen lassen und die Armut vergrössern.

Der beste Weg zu einem schnellen, fairen und sicheren Übergang zu einem nachhaltigen globalen Ernährungssystem, das erschwingliche, gesunde Lebensmittel für alle liefern kann, wird kontrovers diskutiert. Aus produktionstechnischer Sicht lehnen die Befürworter und Befürworterinnen der regenerativen Landwirtschaft etwa eine neue Generation der Nahrungsmittelproduktion ohne Erde, wie zum Beispiel im Labor gezüchtetes «alternatives Protein» und eine vertikale Landwirtschaft, vehement ab.

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«1 Prozent der Agrarkonzerne besitzt 65 Prozent der Nutzfläche.»

Simon Zadek, Vorsitzender Initiative «Finance for Biodiversity»



Eine regenerative Landwirtschaft schnell zu skalieren, ist jedoch nicht ganz einfach. Erdelose Systeme müssen aber ein wichtiger Teil der Lösung sein, da sie den Kohlendioxidausstoss und den Wasserverbrauch drastisch reduzieren, die Auswirkungen auf die Artenvielfalt minimieren und das Potenzial haben, schnell billige, gesunde Lebensmittel in grossem Massstab zu liefern.

Oligopole sind im Agrarsektor ein ernsthaftes Problem

Die Klagen über den Einfluss einer begrenzten Anzahl privater Akteure auf Entscheidungen, die sich auf das gesamte globale Lebensmittelsystem auswirken, sind nicht unbegründet. Die Finanzialisierung nimmt im gesamten System zu, die Marktkonzentration steigt. So kontrollieren zehn Unternehmen die Hälfte des weltweiten Saatgutmarktes, und auf vier Agrarkonzerne entfallen 90 Prozent des Getreidehandels. Lediglich 1 Prozent der Agrarunternehmen besitzt fast zwei Drittel der verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Die Finanzialisierung verstärkt die ungleiche Verteilung wirtschaftlicher Erträge, drückt die Einkommen von Kleinbauern und Gemeinden und unterstützt zugleich Geschäftsmodelle, die eine Unterversorgung mit gesunden, erschwinglichen Lebensmitteln und eine Überversorgung mit Lebensmitteln mit hohem Salz-, Zucker-, Fett- und Kohlenhydratgehalt verursachen. Darüber hinaus verstärkt die Finanzialisierung die Lobbyarbeit der Unternehmen, welche die Kosten für die öffentliche Gesundheit externalisiert, perverse Agrarsubventionen aufrechterhält und sicherstellt, dass sich die Kosten für das Klima und die Natur nicht negativ auf die Gewinnbilanz auswirken.

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