Für viele europäische Zeitungen kam die Notfallrettung zu spät. Nur wenige schafften es nach der Pressekonferenz am Sonntagabend noch, die Fusion der Schweizer Grossbanken zum Wochenstart auf die Titelseite zu heben. Eine Ausnahme: die «Süddeutsche Zeitung» aus München. «Schweizer Beben», titelte das Blatt. Sie konstatiert «Grössenwahn»: «Zum Verhängnis wurden der Bank ihre raffgierigen Manager.»

Die CS stehe auch für ein unrühmliches Kapitel der Schweizer Geschichte, für «ein ruchloses Geschäftsmodell, das den eigenen Profit stets über die moralische Glaubwürdigkeit stellte und dabei nicht selten das ganze Land in Geiselhaft nahm». In einer Collage sieht man eine Hand, die einem anderen Paar Hände eine spielzeuggrosse Credit Suisse regelrecht zuschiebt. Am Rande flattern ein paar Geldscheine.

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Die Sprachbilder für die Notfallrettung sind drastisch. «Ende einer Ikone» titelt der «Spiegel» online über das Aus für die 167 Jahre alten Grossbank. Dass sich die CS von der UBS retten lassen müsse, sei «der entwürdigende Schlusspunkt einer Talfahrt – und womöglich der Auftakt einer noch grösseren Krise».

USA machten Druck – und sind erleichtert

Den amerikanischen Medien kam die Zeitverschiebung zugute. Alle grossen Zeitungen in den USA machten das Schweizer Banken-Beben zum Thema. Eine Arbeitsgruppe des Präsidenten für Finanzmärkte beobachte die Situation sehr eng, sowohl jene in der Schweiz als auch jene in den USA, heisst es in allen Berichten. Finanzministerin Janet Yellen und der Fed-Vorsitzende Jerome Powell zeigten sich am Sonntagabend sichtlich erleichtert über den Deal.

SZ

SZ: «Schweizer Beben» auf der Titelseite.

Quelle: Screenshot

Dass die Rettung überhaupt so schnell zustande kam, dürfte auch dem Druck aus dem Ausland geschuldet sein. Aufsichtsbehörden weltweit hatten befürchtet, dass sich ein Zusammenbruch der Credit Suisse massiv auf andere grosse Banken auswirken könnte. Von einer «hastigen» Fusion der «Bankriesen», schrieb etwa die «Washington Post». Das «Wall Street Journal» sprach von einer «Flintenhochzeit». Der Deal, den die Regierung schmieden musste, um das Schlimmste abzuwenden, erinnere an 2008: «Die Regulatoren sorgten sich, dass das Scheitern der Credit Suisse die Schweiz zu einem neuen Ansteckungsherd für globalen Stress machen könnte.»

WSJ

WSJ: CS-Debakel als gefährlicher «Ansteckungsherd».

Quelle: Screenshot

Die Schweiz als Risiko für die ganze Welt – so hatte es das Land auch als Hotspot während der zweiten Corona-Welle im Herbst auf die Frontseite der «New York Times» geschafft. Der Imageschaden des CS-Debakels ist gigantisch. Zwar galt die Credit Suisse schon viele Jahre als Banken-Schmuddelkind, doch dass sie tatsächlich komplett scheitern würde und der Staat als Retter einspringen muss, hielten bis zum Wochenende selbst Banken-Expertinnen und -Experten für ein verrücktes Szenario.

Kritik an der Schweiz

Es ist noch unklar, was die erzwungene Fusion langfristig für den Finanzplatz Schweiz bedeutet. Zum einen hat die Schweiz gezeigt, dass sie schnell und effektiv auf Finanzkrisen reagiert und dass die Regierung und der Bankensektor gemeinsam Massnahmen zur Bewältigung des Problems umsetzen. Doch bei Anlegern und anderen Ländern hat die Rettungsaktion Besorgnis ausgelöst und Fragen über die Stabilität des Schweizer Bankensystems und die Wirksamkeit des regulatorischen Rahmens aufgeworfen.

«Das Ansehen des Finanzplatzes Schweiz ist erschüttert – das Land wird als finanzielle Bananenrepublik angesehen. Das Debakel der Credit Suisse wird schwerwiegende Auswirkungen auf andere Schweizer Finanzinstitute haben», sagt Octavio Marenzi, CEO der Finanzberatung Opimas, gegenüber Reuters. «Der landesweite Ruf eines umsichtigen Finanzmanagements, einer soliden aufsichtsrechtlichen Kontrolle und, offen gesagt, einer gewissen Mürrischkeit und Langweiligkeit in Bezug auf Investitionen ist dahin.»

So sehr sich Finanzministerin Karin Keller-Sutter auch bemüht hat, die Notfallrettung als «kommerzielle Lösung» darzustellen: International wird das Ende der CS als «Bailout» gelesen und verstanden. Die CS ist gescheitert und die Übernahme durch die UBS nichts anderes als eine Zwangsvermählung durch den Schweizer Staat. Der bekannte Anti-Korruptions-Aktivist Bill Browder unkte hingegen bereits über unerwünschte Nebeneffekte des «Fiaskos»: Schmutzige russische Gelder seien in der «finanziellen Verzweiflung» nach der Milliarden-Rettung wohl noch willkommener.

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