Die Sozialwissenschaftlerin Katja Rost sieht das diese Woche vom Nationalrat verabschiedete Paket zur Kinderbetreuung kritisch: «Aus Sicht der Wissenschaft wird die Massnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit wenig bewirken.»

Sie gehe nur die Symptome an, nicht die Ursache der tiefen Erwerbstätigkeit. «Und das sind die festgefahrenen Rollenmodelle von Mann und Frau. Wenn die Ursachen nicht verstanden werden, kann gut gemeinte Familienpolitik sogar das Gegenteil bewirken», sagte Rost im Interview mit der «SonntagsZeitung».

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Beispielsweise bewirkt eine Verlängerung der Elternzeit, dass die Frauen häufiger aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, mehr Teilzeit arbeiten und damit auch weniger Karriere machen.» Das zeige das Beispiel Deutschland. Viele andere Massnahmen zur Frauenförderung wie beispielsweise ein Menstruationsurlaub erfüllten ihren Zwecke ebenfalls nicht.

«Einige sind sogar ein grosses Problem, weil damit Stereotype noch stärker gefestigt werden. So setzt sich in den Köpfen fest, dass Frauen weniger leistungsfähig sind, weil sie Angst hätten, sich zu exponieren, oder unter ihrer Periode litten», so die Professorin für Soziologie und Präsidentin der Gleichstellungskommission der Universität Zürich. «Genau das zementiert das Bild, dass die Frau ein schutzbedürftiges Wesen sein soll.»

Führungspersonen mit Losverfahren auswählen

Ein wirksame Möglichkeit bei der Auswahl von Führungspersonen stelle etwa ein qualifiziertes Losverfahren dar. «Frauen bewerben sich in diesen Verfahren genauso oft wie Männer», sagte Rost. «Zudem akzeptieren beide Geschlechter das Ergebnis - im Gegensatz zu Quoten.»

Damit mehr Mütter nach der Geburt ihrer Kinder eine Erwerbsarbeit aufnehmen, will der Nationalrat die Kosten der familienexternen Kinderbetreuung mit Bundesbeiträgen senken. Mit 107 zu 79 Stimmen und bei 5 Enthaltungen hiess die grosse Kammer am Mittwoch die Vorlage gut, die ihre Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) ausgearbeitet hatte.

(sda/dob)