Nun streiten die Städter und Ländler, wer wen subventioniert – und begreifen nicht, dass sie alle subventioniert sind: Land zahlt Stadt und umgekehrt. Dumm nur, dass sich die Zahlungen nicht gegenseitig aufheben. Das «Toll, ein anderer zahlt» bringt den Zerfall der Eigenverantwortung, schlechte Politik und Mittelverschwendung.

Vorsicht, das heisst nicht, dass unsere Städte und Landgegenden im internationalen Vergleich nicht top sein können – schliesslich ist es im Ausland oft noch schlimmer. Aber es heisst, dass sie zu wenig gut sind und ihr Potenzial zu wenig nutzen. Die Umverteilung zwischen Stadt und Land ist heute so vielfältig, dass kaum jemand durchblickt. Wichtige Umverteilungsmaschinen sind die Finanzausgleiche, die Bildungs-, Landwirtschafts- und Verkehrssubventionen sowie die riesige Mobilität zwischen Kantonen und Gemeinden. Und immer gilt: Es geht nicht einfach um Stadt gegen Land, sondern um manche Gruppen in Stadt und auf dem Land gegen andere Gruppen in Stadt und auf dem Land. Was tun? Drei Themen sind besonders wichtig:

Finanzausgleich
Wenn Empfängerkantone und -gemeinden heute ihre finanzielle Situation verbessern oder verschlechtern, werden die Ausgleichszahlungen schnell so angepasst, dass sie praktisch auf dem gleichen Leidensniveau bleiben. Gute Standortpolitik lohnt sich deshalb kaum mehr. Deshalb sollten Kantonen und Gemeinden, die sich positiv entwickeln, die Ausgleichszahlungen erst nach einer mehrjährigen Karenzfrist gekürzt oder sogar ein Bonus bezahlt werden. Das gäbe ihnen wirksame Anreize zu besserer Politik.

Mobilität
Mit der Elektrifizierung der Autos bricht die heutige Strassenfinanzierung zusammen. Denn nur die Fossilen zahlen die Strassen über Treibstoffzölle selbst. Deshalb geht es in Zukunft nur mit Mobility Pricing und Kostenwahrheit für alle Verkehrsträger, auch ÖV und Velo. Dank den zusätzlichen Abgaben von Auto und Velo und den Einsparungen beim ÖV können dann die anderen Steuern massiv gesenkt werden. Die grosse offene Frage bleibt: Wer soll über die Höhe der Verkehrsabgaben entscheiden und wohin sollen die Mittel aus zusätzlichen Einnahmen und Subventionskürzungen fliessen? Zum Bund, in die Städte oder in die Gemeinden, wo die Verkehrsteilnehmer herkommen?

Politische Institutionen
Die zunehmende Mobilität führt nicht nur zu Umverteilung, sondern höhlt zunehmend die Demokratie aus. Die Bürger haben am Wohnort Steuerpflicht und Stimmrecht, aber viele staatliche Leistungen konsumieren sie am Arbeitsort. Da zahlen sie zwar via Firmensteuern auch mit, haben aber kein Stimmrecht. Mögliche Lösungen: Pendler sollten einen Teil ihrer Steuern am Arbeitsort zahlen, dort aber auch ein Teil-Stimmrecht erhalten. Oder: Pendler sollten am Arbeitsort wenigstens Referenden und Initiativen lancieren und unterschreiben können. So könnten sie dort wenigstens Lösungen vorschlagen und die öffentliche Diskussion mitprägen.

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