Am 14. Juni entscheiden die Schweizer über die Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG). Die heutige Empfangsgebühr soll zugunsten einer Abgabe für alle Haushalte und Unternehmen abgeschafft werden. Dafür sollen die jährlichen Kosten für die Privathaushalte von heute rund 460 Franken auf etwa 400 Franken sinken.

Eine augenscheinlich simple Regeländerung, und doch ist darüber ein emotionaler Abstimmungskampf entbrannt. Da mögen SRG-Chef Roger de Weck und Bundesrätin Doris Leuthard noch so betonen, dass es um eine technische Frage gehe. Kommt ihr Vorschlag durch, so die Kritik der Gegner, würden die Gebühren in eine Art Mediensteuer umgewandelt. Der Begriff polarisiert: Die Änderung des RTVG hat seit Wochen einen schweren Stand in den Umfragen.

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Um mehr als ein Drittel teurer

Diskutiert wird zum einen über den Auftrag und zum zweiten über die Kosten der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG).

Zu viele Sender, zu teure Eigenproduktionen, zu viel Sport, bemängeln die Gegner. Das alles triebe die Kosten in die Höhe. Doch ist die SRG wirklich so teuer, wie nun kolportiert wird?

Die meisten Länder Europas haben einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie die Schweiz. Im Vergleich mit vielen von ihnen sind die Gebühren hierzulande tatsächlich hoch. So beträgt der jährliche «Rundfunkbeitrag» in Deutschland etwa nur 210 Euro. Und in Österreich bezahlen die Haushalte 276 Euro «Rundfunkgebühren» pro Jahr.

«Eidgenössische Solidarität»

Auch im Falle eines Systemwechsels blieben die Schweizer Gebühren mit 400 Franken im Jahr also höher als in anderen Ländern. Ein Grund dafür ist, dass die Schweiz trotz ihrer geringen Grösse vier Amtssprachen abdecken muss. «Wären wir ein einsprachiges Land, hätten wir 60 Prozent der heutigen Gebühren», sagte SRG-Direktor de Weck in der Sendung «Schawinski».

In allen drei Sprachregionen umfasst das Angebot der SRG mindestens zwei Vollprogramme im Fernsehen und drei Radiosender. In der Gebühr stecke «eidgenössische Solidarität», sagte deshalb Roger de Weck. «Ohne die Gebühren wären die kleineren Landesteile schlicht nicht in der Lage, ein Programm auf dem Niveau der Deutschschweizer zu haben.»

Sprachliche Minderheiten erhalten mehr Mittel

Das zeigen auch die Zahlen. Die sprachlichen Minderheiten erhalten im Vergleich zur Bevölkerungszahl mehr Mittel. 2014 gab die SRG 1,65 Milliarden Franken aus. Davon entfielen auf das Deutschschweizer Radio und Fernsehen SRF aber nur 569 Millionen Franken. Die Radio- und Fernsehsender in der Romandie erhielten 392 Millionen Franken und die italienischsprachigen 244 Millionen.

Dass sich in den Umfragen inzwischen ein Röstigraben aufgetan hat, überrascht deshalb kaum. Bei den Romands findet der Vorstoss Anhänger: Nach der zweiten SRG-Trend-Umfrage von Ende Mai wollen 55 Prozent von ihnen für die Änderung des RTVG stimmen und 30 Prozent dagegen. In der Deutschschweiz dagegen sind die Gegner in der Mehrheit, 53 Prozent wollen mit Nein votieren. Die Zustimmung lag dagegen bei nur 40 Prozent. In der ersten Umfrage hatte es noch kaum Unterschiede zwischen Romands und Deutschschweizern gegeben.

Umstrittene Eigenproduktionen

Im Abstimmungskampf stehen aber nicht allein die Kosten im Fokus. Auch die inhaltliche Ausrichtung der SRG ist umstritten, vor allem Eigenproduktionen und die Ausstrahlung von Sportereignissen werden kritisiert. Diese gehörten nicht zum Service Public der SRG, sondern sollten Sache von Privat- oder Bezahlsendern sein, so die Gegner der RTVG-Vorlage. «Will die Schweiz so viele und so teure Radio- und TV-Programme?», fragte Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbandes und Wortführer der Nein-Kampagne in einem Interview mit der «Berner Zeitung».

In der Tat sind die Eigenproduktionen der SRG kostspielig. Andererseits zählen Serien wie «Der Bestatter» oder Unterhaltungssendungen wie «Die grössten Schweizer Talente» zu den Quotenhits im Schweizer Fernsehen. Zugleich ist der Anteil an eigenen Formaten vergleichsweise gering, er liegt bei rund 20 Prozent. Das ist weit weniger als bei vielen anderen öffentlichen Rundfunkgesellschaften.

ARD und BBC machen viel mehr selbst

Bei der Fernsehstatistik der ARD wird zwischen Eigenproduktionen, Ko-Eigenproduktionen, Koproduktionen und Auftragsproduktionen unterschieden. Zusammen machen die originalen Elemente im durchschnittlichen Tagesprogramm der ARD rund 50 Prozent aus. Dazu kommen 33 Prozent Wiederholungen aber nur rund 17 Prozent Kauffilme und Übernahmen (Stand 2013).

Nach einer Studie von 2007 griff die BBC damals gar zu 66 Prozent auf interne Produktionen zurück. Allerdings verdient die BBC auch Geld mit dem Wiederverkauf von Programmen an ausländische Sender – wie etwa dem kürzlich abgesetzten «Top Gear». Die jährliche Gebühr, das sogenannte «TV Licensing», kostet 145,50 Pfund (etwa 210 Franken).

Abschreckendes Beispiel USA

Im Sport ist die SRG sehr stark aufgestellt. Das Programm ist viel umfangreicher als bei zahlreichen anderen staatlichen TV-Anstalten. Sport sei ein wichtiger Teil des Auftrags, so die SRG. «Radio und Fernsehen richten den Blick auf Schweizer Sportlerinnen und Sportler mit nationaler und internationaler Ausstrahlung.»

Wie viel die SRG für die Rechte an Sportveranstaltungen wie Olympischen Spielen und Fussball-Weltmeisterschaften bezahlt, wird nicht kommuniziert. Es ist aber bekannt, dass in Jahren solcher Grossereignisse meist rote Zahlen geschrieben werden. Sie reissen also ein Loch in die Kasse.

Dennoch ist es fraglich, ob engere Grenzen für die SRG sinnvoll wären. Denn was passiert, wenn der Auftrag des öffentlichen Rundfunks stark beschränkt wird,  zeigt das Beispiel der USA. Das sogenannte «Public Broadcasting» fristet in den USA ein absolutes Nischendasein. Der Marktanteil beträgt weniger als zwei Prozent.  Für Sport oder Serien muss dort bezahlt oder eine enorme Menge an Werbung in Kauf genommen werden.

Service Public-Diskussion wird weitergehen

Für SRG-Chef De Weck ist eine Zurückstutzung auf die «Grundversorgung» deshalb keine Möglichkeit. Dann würden auch die Informationssendungen viel weniger beachtet, schrieb er in einem Kommentar für die «Schweiz am Sonntag», weil sie nicht mehr in ein attraktives Programm eingebettet wären.

Egal, wie das Votum am 14. Juni ausfällt, eines ist sicher: Die Diskussion über den Service Public der SRG wird weitergehen. Klappt es mit der Unterschriftensammlung, kommt voraussichtlich schon 2017 die «No Billag»-Vorlage vors Volk.