Seit wann gibt es die St. Gallen Board Programmes, und wie haben sie sich entwickelt?

Die St. Gallen Board Programmes der Universität St. Gallen (HSG) umfassen Formate für erfahrene VRP und VR-Mitglieder sowie Weiterbildungs- und Zertifizierungsprogramme für bestehende und künftige VR-Mitglieder. Sie werden seit 2017 an der HSG entwickelt und durchgeführt. Seit dem Bestehen wurde das Portfolio im Durchschnitt jedes Jahr um ein neues VR-Programm erweitert. Im Jahr 2023 absolvierten etwa 200 erfahrene und angehende VR-Mitglieder aus der Schweiz und Europa die St. Gallen Board Programmes.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Welche Ziele werden mit diesen Programmen verfolgt?

Mit ihren VR-Programmen möchte die HSG einen Beitrag zur Professionalisierung der Verwaltungsratspraxis leisten. Die Rolle des VR ist im Wandel und umfasst immer mehr Aufgaben und Themenfelder. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an VR vonseiten der Gesellschaft, der Stakeholder, Investorinnen und Regulatoren. Neben seiner Kontroll- und strategischen Leitungsfunktion muss der VR dabei stets ein effektiver und vertrauensvoller Sparringspartner für CEO und Geschäftsleitung sein. Das Ziel der VR-Programme ist es, Impulse für die Stärkung einer verantwortungsvollen, innovativen und effektiven Corporate Governance in Unternehmen zu leisten.

Wen möchten Sie mit den Verwaltungsratsprogrammen ansprechen?

Für wen sind sie konzipiert? Obwohl es einige universelle Prinzipien guter Corporate Governance gibt, sind die spezifischen Herausforderungen und Prioritäten von VR häufig unterschiedlich. Die VR-Programme der HSG bilden diese Diversität ab. So gibt es Formate, die speziell für VRP oder für aktive VR-Mitglieder konzipiert sind. Daneben bestehen Programme für Personen, die für ihr erstes Mandat nominiert wurden und solche, welche die Aufnahme einer VR-Tätigkeit in Erwägung ziehen. Zudem gibt es ein umfangreiches VR-Zertifizierungsprogramm für Personen, die alle Aspekte der VR-Praxis vertiefen möchten.

Georg Guttmann
Quelle: ZVG

Der Trainer

Name: Prof. Dr. Georg Guttmann
Funktion: Direktor der St. Gallen Board Programmes und Assistenzprofessor für Internationale Corporate Governance
Geboren: 12. April 1986
Ausbildung: Doktorat (summa cum laude) in Strategie und Management an der Universität St. Gallen (HSG), zuvor Masterstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Tübingen (D)
Wohnort: St. Gallen

Was genau ist Ihrer Meinung nach der Mehrwert für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Programme?

 

Der grösste Mehrwert entsteht daraus, dass die VR-Programme drei sich ergänzende Perspektiven im Rahmen eines kuratierten Austausches verknüpfen: Erstens erfahren Teilnehmende die neuesten Ergebnisse aus der akademischen Forschung sowie evidenzbasierte Erkenntnisse hinsichtlich effektiver Verwaltungsratsarbeit. Zweitens lernen Teilnehmende von den persönlichen Erfahrungen gestandener VRP und VR-Mitlieder. Die St. Gallen Board Programmes werden von einem Beirat mit aktiven VRP und VR-Mitgliedern aus Unternehmen wie zum Beispiel ABB, Siemens, Novartis, GlaxoSmithKline, Zurich Insurance, Michelin, Adecco Group sowie Egon Zehnder unterstützt. Die Beiratsmitglieder nehmen seit Beginn an den St. Gallen Board Programmes als Referierende teil. Es sind gerade diese jahrelangen VR-Erfahrungen, die wichtige Erkenntnisse dazu liefern, wie man mit schwierigen Konflikten, komplexen Dynamiken und typischen Dilemmata im VR umgehen kann. Die dritte Perspektive ist der Austausch mit anderen Teilnehmenden. Die Bildung einer Programmkohorte basiert auf dem Prinzip, Personen mit ähnlicher Seniorität, aber ganz unterschiedlichen Länder-, Branchen- und Unternehmenserfahrungen zusammenzubringen.

Wie sind diese Verwaltungsratsprogramme an der HSG verankert?

An den St. Gallen Board Programmes wirken Professorinnen und Professoren aus rund einem Dutzend HSG-Instituten mit. Die diversen Herausforderungen moderner VR bedingen einen interdisziplinären Ansatz, in dem unterschiedlichste Expertisen gebündelt werden.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen in der gegenwärtigen und zukünftigen Verwaltungsratspraxis?

Ich würde hier vier aktuelle Herausforderungen betonen. Erstens: Die VR werden tendenziell grösser. Wie gelingt es, effiziente und vertrauensvolle Interaktionen in einer Gruppe zu gewährleisten, die zehn oder mehr Mitglieder haben kann und sich nur punktuell trifft? Zweitens: Investoren, Stimmrechtsberaterinnen, Regulatoren und NGO formulieren immer detailliertere Erwartungen und Zielvorgaben. Wie kann der VR sicherstellen, dass neben dem Rapportieren noch genügend Zeit für langfristige Überlegungen und strategische Diskussionen verbleibt? Drittens: Es kommen immer mehr Sachthemen auf die VR-Agenda, etwa ESG, Geopolitik, Cybersecurity, AI. Wie kann der VR die richtige Expertise aufbauen, um CEO und Geschäftsleitung effektiv bei der Bearbeitung all jener Themen zu unterstützen und kritisch zu begleiten? Viertens: Die Häufigkeit von Krisen, welche die unmittelbare Aufmerksamkeit des gesamten VR benötigen, steigt. Wie schafft man es als VR, Agilität und Resilienz zu bewahren und ganz pragmatisch den hohen und teils nicht planbaren Zeitaufwand zu organisieren?