Ja, davon sind wir aufgrund der Ergebnisse unserer jüngsten Studie überzeugt! Ob wir bei der Einführung neuer Technologien im Umfeld von Industrie 4.0 und Digitalisierung oder beim Aufbau von Geschäftsmodellen und Prozessen unterstützt haben, immer wieder konnten wir feststellen: Die grössten Herausforderungen scheinen im Bereich Organisation und Kultur zu liegen. Daraufhin haben wir, in Zusammenarbeit mit diversen Industrieunternehmen unterschiedlichster Grösse, gezielte Untersuchungen zu dieser Thematik durchführt und hier folgende, ausgewählte Hypothesen zugrunde gelegt:

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  • Hohe Marktdynamik erfordert zunehmend selbstorganisierte, agile Organisationsformen.
  • Eine pyramidale Hierarchie steht Innovationskraft, Unternehmertum und schnellen Entscheidungen, die eine Anpassung an dynamische Marktveränderungen ermöglichen, entgegen.
  • Digitalisierung und Industrie 4.0 werden die Arbeitswelt radikal verändern und damit auch den Aufbau und die Strukturen derzeitiger Organisationen infrage stellen.
  • Es gibt die unterschiedlichsten Ansätze und Wege zur Agilität – einen Königsweg scheint es nicht zu geben.
  • Funktionierende Veränderungsprozesse zu mehr Agilität stiften Sinnhaftigkeit, verbinden Entwicklungen in den Bereichen Prozesse und Strukturen, Führung, Kultur und Mitarbeiterkompetenzen.

Um es vorwegzunehmen: Die Eindeutigkeit, mit der unsere Hypothesen bestätigt wurden, hat uns sehr überrascht. An welcher der beiden Dimensionen von Industrie 4.0 und Digitalisierung ein Unternehmen arbeitet, ist dabei vollkommen egal; sprich, ob die eigene Wertschöpfungskette auf Industrie 4.0 getrimmt werden soll, innovative Produkte den Kunden einen verbesserten Mehrwert verschaffen sollen oder ob die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Vordergrund steht.

 

Mitarbeitende sollten sich mit dem tieferen Sinn der Firma identifizieren.

 

Die radikale Veränderung der eigenen Wertschöpfung (zum Beispiel autonome Regelkreise in der Produktion, Automatisierung von Routineprozessen in der Administration) erfordert beispielsweise die Einbindung völlig neuer Kompetenzfelder und Akteure. Viele der notwendigen Kompetenzen können von einigen Unternehmen nicht mehr eigenständig abgedeckt werden. Deshalb greifen Firmen auf ein Netzwerk, bestehend aus den unterschiedlichsten Firmen, Freelancern, Startups und Experten, zurück. Die Zusammenarbeit in diesen Netzwerken mittels agiler Methoden (zum Beispiel Scrum) und der Zwang, mehr und mehr crossfunktional zu arbeiten, stellen die Organisationsform der oftmals traditionell, funktional aufgestellten Unternehmen grundsätzlich infrage.

Auch Führungskräfte, die heute teilweise die fachliche und disziplinarische Macht über ganze Funktionsbereiche in einer Person bündeln, werden künftig nicht mehr in der Lage sein, allein das hierfür erforderliche Wissen und die notwendige Kompetenz abzudecken, um alle Entscheidungen treffen zu können. Dies erfordert sowohl neue Herangehensweisen als auch neue organisatorische Lösungen. Komplexe Entscheidungen und Problemlösungen müssen vermehrt auf Basis von heterogenen Teams und nicht länger mittels des funktionalen Ansatzes getroffen werden. Diese teilweise erstaunlichen Erkenntnisse geben uns klare Hinweise darauf, welche Elemente essenziell für ein Unternehmen sind, um Agilität, Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit in Bezug auf Marktveränderungen herzustellen. Darüber hinaus unterstützen sie die erfolgreiche Nutzung neuer Marktopportunitäten und steigern dabei gleichzeitig die Innovationsfähigkeit. Unternehmen, bei denen diese Elemente besonders ausgeprägt sind, haben vor allem eine Kultur etabliert, bei der ihre Mitarbeitenden mit Begeisterung und Leidenschaft an der Verwirklichung gemeinsamer Ideen arbeiten und sich mit dem tieferen Sinn und Zweck des Unternehmens identifizieren können.

Weitere, wichtige Bausteine für die Basis derartig leistungsfähiger Unternehmen sind:

  1. Dynamische Rollendefinitionen anstelle fixer Stellenbeschreibungen.
  2. Freiräume für eigene Ideengenerierung und Wissensvermehrung.
  3. Entkoppelung von disziplinarischer und fachlicher Führung.
  4. Prinzip der Freiwilligkeit im Sinne von «psychological ownership».

Fazit: Die gute Nachricht ist: Es lassen sich auch in einem kleinen Massstab durchaus grossartige Erfolge erzielen. Die weniger gute Nachricht ist: Es bedarf eines signifikanten Aufwands bei der Entwicklung des Gesamtsystems aus Strukturen, Organisationsprozessen, Führung, Kultur und Kompetenzen. Diese Transformation lohnt sich und ist notwendig, um erfolgreich Wachstum und Ertrag zu generieren.

 

Sascha Paxian, Director, Helbling Business Advisors, Zürich.