Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung in den Social Media weiter beschleunigt. Besonders die Kanäle Linkedin und Twitter verzeichneten in der jüngeren Vergangenheit eine deutliche Zunahme an Aktivitäten von CEO und anderen Mitgliedern der sogenannten C-Suite.

Beispielsweise sind von den 20 SMI-Unternehmen 15 CEO mit einem persönlichen Account auf der mittlerweile wichtigsten Businessplattform Linkedin vertreten. Dabei pendeln die Aktivitäten auf einer Skala zwischen «aktiv» und «überhaupt nicht aktiv». Auf Twitter ist der Anteil mit drei Accounts deutlich geringer.

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Wegweisender Botschafter

Die grossen Schweizer Unternehmen schöpfen das Potenzial der CEO-Kommunikation auf sozialen Medien somit nur zum Teil aus. Fakt ist: CEO sind die wichtigsten Botschafterinnen und Botschafter ihres Unternehmens. Strategische Themen lassen sich über die Chefin oder den Chef wirkungsvoller transportieren als nur über das Unternehmen. Mit einer gelebten Social-Media-Präsenz der Frontfrau oder des Frontmannes schwingt auch etwas Progressives mit: Nur diejenigen CEO, welche die Digitalisierung vorleben, vermitteln ihren Mitarbeitenden, Kundinnen und Partnern die Vorreiterrolle und Strategie des Unternehmens glaubhaft. Der sogenannte Social CEO setzt global und in Echtzeit Themen, lobt Mitarbeitende und kommentiert unternehmensbezogene oder auch private Ereignisse. Idealerweise unterstützt jedes Posting die Unternehmensstrategie und erreicht die richtigen Personen. Eine smarte und nachhaltige Kommunikationsstrategie, gemeinsam mit dem CEO und dem Kommunikationsteam oder externen Beratern entwickelt, steigert die Sichtbarkeit und Nahbarkeit der CEO, ohne sich der Gefahr einer Nabelschau auszusetzen.

Themensetting, Frequenz, Tonalität und der Umgang mit kritischen Postings sind Teil einer guten Strategie. Ein planloses Vorgehen ist auch in den sozialen Medien nicht ratsam.

Nicht jede und jeder CEO indes kann sich mit einem persönlichen Social-Media-Auftritt anfreunden. Zu wenig Zeit für eine angemessene CEO-Kommunikation in Eigenregie oder die fehlende Anerkennung des Mehrwerts einer solchen Kommunikation im digitalen Kosmos können zwei mögliche Gründe sein. Das ist nur konsequent, denn wie stets in der Kommunikation gilt auch in den sozialen Medien das Gebot der Glaubwürdigkeit: Wessen persönliche Botschaften nicht authentisch wirken, schrecken die Zielgruppe eher ab.

Baue auf in guten Zeiten

Vermutlich war die Chance in Zeiten von sinkendem Vertrauen in die Politik und der Verbreitung von Fake-News noch nie so gross wie heute, die Visionen und Werte von Unternehmen nach aussen wie nach innen glaubhaft zu kommunizieren. Dafür braucht es sowohl eine fachlich kompetente Begleitung sowie Schulungen der Chefinnen und Chefs durch ihren Kommunikationsstab.

Mit ihren Erfahrungen im Umgang mit den Mechanismen sozialer Medien können Kommunikatorinnen den Unternehmenslenkern und -lenkerinnen das Potenzial von Linkedin und Co. für die Stärkung der Reputation eines Unternehmens profund vermitteln. Denn eine gute Reputation bedeutet einen offenkundigen Wettbewerbsvorteil.

Gleichzeitig helfen diese Erfahrungen den Kommunikationsverantwortlichen, bei ihren Chefinnen und Chefs vorhandene Unsicherheiten im Hinblick auf mögliche Krisensituationen bis hin zu eigentlichen Shitstorms abzubauen – vermutlich immer noch einer der wichtigsten Gründe für das Fernbleiben auf sozialen Medien. Auch hier gilt: Wer sich in guten Zeiten in sozialen Medien als kompetenter Experte und nahbare Strategin positioniert, kann auch in Krisenfällen rasch und vor allem glaubwürdig kommunizieren.

Qualität vor Quantität

In der operativen Verteilung liegt eine weitere Möglichkeit, die CEO in die Social-Media-Kommunikation einzubinden. Ein Einbezug der C-Suite in die Kommunikationsstrategie bringt den Vorteil mit sich, dass die Ansprache der Zielgruppen in den sozialen Medien auf mehrere Schultern verteilt ist. Die Visionen und Werte des Unternehmens können adäquat von mehreren hochrangigen Unternehmensvertretern und -vertreterinnen im Dialog mit unterschiedlichen Stakeholdern geteilt werden, und das auf verschiedenen Kanälen, die nicht allein vom CEO bespielt werden müssen – für das knappe Zeitbudget des CEO ein valables Argument.

Social CEO oder Corporate Influencer werden für die (digitale) Reputation von Marken und Unternehmen immer wichtiger. Nicht jede und jeder indes muss ein Herbert Diess sein, der als Volkswagen-CEO sehr sichtbar in den sozialen Medien ist. Wenige, aber regelmässige Postings, die auf die Strategie einzahlen und nah an der Persönlichkeit des CEO sind, reichen zum Einstieg. Der Rest entwickelt sich mit der Zeit.

Oliver Seifried, Senior Consultant, IRF Reputation, Zürich.