Die Transformationen von Geschäftsmodellen und Innovationen sind heute nicht mehr ohne Berücksichtigung von Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit möglich. Hier trennen sich sehr gute Unternehmen und sehr gute Unternehmen, die nicht nur Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu den Prioritäten zählen. Sondern auch entsprechend handeln und dies in konkrete Ergebnisse umwandeln. Nur eines von fünf der von der Boston Consulting Group (BCG) in diesem Jahr befragten Unternehmen kombiniert Strategie mit Umsetzung.

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Seltene grosse «Moonshots»

Konkret wird da die Nachhaltigkeit von den besten Unternehmen gleich auch in die Innovationsvorhaben «eingebaut». Das beginnt bei den ersten frühen Forschungen und reicht bis in die grosse globale Massenproduktion.

Beim jüngsten, gerade erschienenen Ranking scheint mit Nestlé auch ein Schweizer Unternehmen unter den Top 50 auf. Allerdings erst auf Platz 49, einen Rang vor dem Konkurrenten Unilever. Die Spitzenplätze gehen indes an grosse Tech- und Digitalunternehmen wie Apple, Microsoft und Amazon. «Wir kommentieren die Platzierungen der Unternehmen nicht öffentlich», sagt Johann Daniel Harnoss, Innovationsexperte bei BCG und Mitverfasser des Innovationsberichts. «Aber: Nestlé gilt – auf Basis unserer Daten – unter Entscheidungsträgern in R&D, Produkt und Innovation weiterhin als eine hochinnovative Organisation, die sich durch Produktinnovationen hervortut, zum Beispiel auch im Bereich der Protein-based Nutrition.»

Harnoss und das BCG-Team sehen zwei wichtige Innovationstrends: einerseits jenen von den Produkt- zu den Businessmodellinnovationen, anderseits den Trend von Hardware zu kombinierter Hard- und Softwareinnovation. «Darüber hinaus sehen wir den Trend, sich stärker auf Innovationen im Kerngeschäft zu fokussieren, weil hier oft grosse Disruptionsrisiken liegen und der Weg zur Wertschöpfung häufig klarer vorgezeichnet ist», so Harnoss weiter.

Firmen, die sich bei Innovationen verbessern möchten, kennen oft lediglich die einfachen Stellhebel wie Erhöhungen von Forschungsbudgets oder den Aufbau spezieller Innovationsteams. In der Realität ist es komplizierter, sagt Harnoss: «Erfolg mit Innovation ist das Resultat von vielen Puzzleteilen, die ineinandergreifen müssen. Wir sehen es insbesondere als erfolgskritisch an, eine klarer von der Kundin abgeleitete Innovationsstrategie zu formulieren, den Innovationsteams klar definierte Freiräume zu geben («empowerment») und – das sehen wir selten – die Steuerung des Unternehmens an ihrer Innovationsfähigkeit auszurichten.»

Das bedeutete beispielsweise beim grossen US-Technologieunternehmen 3M, das bei der BCG als konsistenter Innovator gilt, die Business Units nicht nur nach Umsatz oder Ergebnis, sondern auch nach ihrer Innovationsleistung wie beispielsweise prozentualem Anteil von Innovationen am Umsatz zu steuern. «Nur das kreiert einen ‹Pull› durch die Organisation, andernfalls gibt es eine Tendenz zum Business as usual», so Harnoss.

Auch die kleineren Dachschüsse zählen

Idealiter würden Innovationen im Kerngeschäft direkt von den bestehenden Business Units beziehungsweise den Geschäftseinheiten verantwortet, sagt Harnoss. «Innovationen fern vom Kerngeschäft sollten von kleinen, unabhängigen Teams verantwortet werden, die in zentralen Einheiten oft mehr Freiheiten haben.»

Ganz wichtig dabei sei, dass Mitarbeitende aus dem Kerngeschäft hier auch mitwirken können, zum Beispiel über interne Abordnung, denn andernfalls entstehe schnell eine starke interne Rivalität. «Die erfolgreichsten Innovatoren schätzen die grossen, disruptiven Innovationen nicht mehr als die vielen wichtigen kleineren im Kerngeschäft», so Harnoss. «Google nennt das ‹Moonshots versus Roofshots› – die Besten verfolgen beide und investieren deutlich mehr in die oft viel weniger visiblen, aber stark werthaltigen Roofshots.» Bei Nestlé hat man eine Reihe von Projekten zur Hand, die mindestens auch Roofshot-Potenzial haben.

So hat man jahrelange Forschungsarbeit in Lausanne investiert, um Kindernahrung besser auf die frühkindliche Entwicklung abzustimmen (man vergisst  auch nicht, zu erwähnen, dass «Milch aus der Mutterbrust die ideale Nahrung für Babys ist»). Am gleichen Standort hat man auch ein Forschungsinstitut für Agrarwissenschaften aufgebaut und einen sogenannten Forschungs-Accelerator eingerichtet, bei dem Studierende, Startups und Nestlé-interne Forschende an neuen Themen arbeiten. Und aus Konolfingen kommen nicht nur neue Technologien für die Erzeugung von tierfrei produzierten Proteinen, sondern auch hier wurde im letzten Februar ein neues Forschungsinstitut eingerichtet. Vielleicht entsteht hier nach dem Vorbild Crypto Valley in Zug ein Food Valley bei Bern.