Nach dem Willen der EU dürfen nach 2035 keine neuen Nutzfahrzeuge mit einem Verbrennermotor mehr in Verkehr gesetzt werden. Darauf stellen sich die betroffenen Unternehmen im gesamten Güterverkehr zurzeit ein. Nachhaltige und umweltfreundliche Transporte stehen bei der täglichen Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung im Mittelpunkt. Vor allem in Stadtgebieten und Agglomerationen nehmen die nachhaltigen Transporte mit umweltfreundlichen Fahrzeugen zu. Dabei steht der Elektroantrieb im Vordergrund. E-Trucks haben den Vorteil, dass sie CO2- und NOx-frei und leise unterwegs sind. Ende September 2023 waren in der Schweiz bereits 11 886 Liefer- und Lastwagen mit einem alternativen Antrieb auf den Schweizer Strassen unterwegs. Eine Zahl, die in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen wird. Wie sieht es also in Sachen Dekarbonisierung des Güterverkehrs in der Schweiz aus?

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11’886 LKW mit einem alternativen Antrieb waren 2023 in der Schweiz unterwegs.

 

Die «Handelszeitung» wollte von zehn führenden Logistikdienstleistern im Schweizer Güterverkehr erfahren, wie gross ihre Flotte an E-Trucks derzeit ist und wie viele noch dazukommen werden. Sämtliche Firmen planen, in den kommenden Jahren ihre Flotte an E-Trucks deutlich auszubauen.

 

Planbare Distanzen

Aufgrund der überschaubaren Transportdistanzen in der Schweiz (Nord–Süd: 220 Kilometer; West–Ost: 350 Kilometer) können Sattelschlepper mit vierzig Tonnen Gesamtgewicht und einer Reichweite von rund 400 Kilometern problemlos eingesetzt werden. Aber auch elektrisch betriebene Lieferwagen können heute ihre Tagestouren weitgehend ohne Nachladen bewältigen. Mittelschwere Fahrzeuge mit 16 bis 18 Tonnen Gesamtgewicht und leichte Lieferwagen bis 3,5 Tonnen werden mehrheitlich zur Belieferung der Innenstädte und Agglomerationen eingesetzt. Durch eine exakte Planung der Fahrrouten kann die Batteriekapazität optimal ausgenutzt werden.

 

Faktor Lademöglichkeiten

Entscheidend für den Einsatz elektrisch angetriebener Nutzfahrzeuge ist die dafür notwendige Ladeinfrastruktur. Die befragten Logistikdienstleister haben in den vergangenen zwei Jahren grössere Ladestationen für ihren eigenen Bedarf an ihren jeweiligen Standorten realisiert und planen, diese weiter auszubauen. In vielen Fällen wird der dafür notwendige Strom mit Photovoltaikanlagen erzeugt. Die Galliker Transport & Logistics realisierte Ladeanlagen für rund hundert Fahrzeuge, und ein weiterer Ausbau um sechzig Fahrzeuge ist bis Ende 2025 geplant. Camion Transport verfügt über 15 Ladestationen und Planzer Transport hat Ladestationen an allen Standorten eingerichtet. Die Hugelshofer Logistik realisiert in Zusammenarbeit mit der Ampere Dynamic Schweiz GmbH einen Truckport in Frauenfeld mit Schnellladestationen à 360 Kilowatt, an dem gleichzeitig 28 E-Trucks geladen werden können. Die Anlage steht auch ausgewählten Unternehmen und Partnerunternehmen von Hugelshofer zur Verfügung.

Die Ladestationen wurden weitgehend für den eigenen Strombedarf realisiert, doch einige Logistikdienstleister überlegen sich, ihre Stationen auch Dritten zur Verfügung zu stellen. So plant die Dreier AG, ihre sich im Bau befindende Ladestruktur zu einem späteren Zeitpunkt Dritten zugänglich zu machen. Es kann wohl damit gerechnet werden, dass auch andere Betreiber von E-Trucks ihre Ladestationen öffentlich zugänglich machen werden.

Im Weiteren sehen spezialisierte Anbieter von Ladestationen sowie die Nutzfahrzeugimporteure in der Schweiz landesweit Ladenetze vor. Das wäre ein wirksamer Beitrag zur Realisation eines schweizweiten öffentlichen Ladenetzes für LKW. Das Beratungsunternehmen EBP Schweiz mit Sitz in Zürich hat im Auftrag der Nutzfahrzeugimporteure, Logistikdienstleister und verschiedener Organisationen im Schweizer Strassentransport in einer Studie berechnet, dass bis zum Jahr 2030 in der Schweiz 125 Ladepunkte mit einer Ladeleistung von 1000 Kilowatt sowie zusätzliche 55 Ladepunkte mit einer Ladeleistung von 350/400 Kilowatt benötigt werden, um den Bedarf an Schnellladehubs decken zu können.

Elektro allein reicht nicht 

Sollen die Pariser Klimaziele im vorgegebenen Zeitrahmen erreicht werden, braucht es im Verkehrsbereich neben dem batterieelektrischen Antrieb, weitere Antriebsvarianten wie der Brennstoffzellenantrieb sowie Verbrennungsmotoren mit grünem Wasserstoff. Elektro allein reicht nicht aus. Dabei dürfte Wasserstoff in Form der Brennstoffquelle oder auch direkt eingespritzt eine wichtige Rolle spielen, vor allem im internationalen Güterverkehr auf langen Distanzen in Europa. Aber auch synthetische Treibstoffe als Alternative werden zu berücksichtigen sein. Ob sich Gasmotoren auf der Basis von LNG oder CNG als weitere Alternative durchsetzen werden, ist im Moment schwer zu beurteilen.

Unabhängig davon, welche der alternativen Antriebe sich durchsetzen werden, ist die Errichtung eines jeweiligen Versorgungsnetzes für diese Fahrzeuge von zentraler Bedeutung. Von diesem Netz hängt der langfristige Erfolg ökologisch betriebener Nutzfahrzeuge in entscheidendem Masse ab. Die Nutzfahrzeughersteller stehen also vor anspruchsvollen Herausforderungen.