Als Teil der langfristigen Klimastrategie strebt die Schweiz bis 2050 eine weitere Reduktion der Treibhausgase auf netto null an. Das heisst, Quellen und Senken von Treibhausgasen sollen im Gleichgewicht sein. Die Defossilisierung des Verkehrssektors – in der Schweiz der grösste Verursacher von CO2-Emissionen – ist dabei eine der grössten Herausforderungen. Im Forschungsprogramm Mobilität sollen daher ganzheitliche Ansätze untersucht werden, welche den Energieverbrauch und die Emissionen gesamthaft reduzieren, sei es durch generelle Reduktion von Verkehr, durch die Elektrifizierung der Mobiliät, durch Umlagerung auf nachhaltigere Transportträger oder durch technische Verbesserungen.

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Sauberere Alternativen

Während der Bund die regulatorische und gesetzliche Basis schafft, arbeitet die Industrie an der Umsetzung. Beispielsweise Synhelion, die Pilatus Flugzeugwerke AG, das Automobilunternehmen Amag oder die United Waterways AG.

Da flüssige Treibstoffe weiterhin für Reisen, Transport und Güterverkehr benötigt werden, sind nachhaltige, sauberere Alternativen gesucht. Solartreibstoff könnte so eine Alternative sein. Dieser Meinung ist man beim Cleantech-Unternehmen Synhelion, das 2016 von der ETH Zürich weiterentwickelt wurde. Das von Gianluca Ambrosetti und Philipp Furler gegründete Unternehmen hat eine einzigartige Technologie entwickelt, um mit Sonnenwärme CO2 und Wasser in Treibstoff zu verwandeln. Das Unternehmen produziert solaren Flugzeugtreibstoff, Diesel und Benzin, die fossile Brennstoffe direkt ersetzen können. Solche erneuerbaren Solartreibstoffe sollen den CO2-Kreislauf schliessen, da sie bei der Verbrennung nur so viel CO2 ausstossen, wie für ihre Herstellung der Atmosphäre CO2 vorgängig entzogen wurde.

 

Solartreibstoffe für Flugzeuge

Synhelions Technologie hat auch die Pilatus Flugzeugwerke AG überzeugt. Der Flugzeugbauer aus Stans ist letzten Sommer als Aktionär eine strategische Kooperation mit dem Cleantech-Unternehmen eingegangen, mit dem Ziel, die Skalierung von Solartreibstoffen für die Luftfahrt zu beschleunigen. Pilatus möchte die Solartreibstoffe von Synhelion für den eigenen Flugbetrieb nutzen und mittelfristig auch der eigenen Kundschaft anbieten.

Die Flugzeuge von Pilatus sind bereits heute für die Nutzung von sogenanntem Sustainable Aviation Fuel (SAF) zertifiziert, der mehrheitlich aus Biomasse oder Abfällen hergestellt wird. Berechnungen zeigen jedoch, dass nicht genügend nach dieser Methode hergestellter Treibstoff auf dem Markt verfügbar sein wird. Deshalb, so Pilatus-CEO Markus Bucher, «sind wir von der Technologie der Solartreibstoffe überzeugt – sie sind der beste Weg, um den Flugverkehr möglichst schnell defossilisieren zu können».

 

Auch für Verbrennungsmotoren

Synthetische Treibstoffe, kurz Synfuels, sind eine vielversprechende Alternative zu fossilen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel. Sie werden aus erneuerbarem Strom oder Sonnenwärme, Wasser und CO2 hergestellt und können in bestehenden Fahrzeugen und Infrastrukturen verwendet werden. Doch geht das auch bei klassischen Autos mit Verbrennungsmotor? Um das herauszufinden, hat die hauptsächlich im Automobilhandel tätige Unternehmensgruppe Amag mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa erfolgreich Tests durchgeführt.

Eine kostengünstige Herstellung von Synfuels ist jedoch kein simples Vorhaben. Lange Zeit lag das Hauptproblem darin, ausreichend erneuerbare Energie zu wettbewerbsfähigen Kosten bereitzustellen. Die Amag-Gruppe hat sich deshalb schon 2021 über ihren Klima- und Innovationsfonds an Synhelion beteiligt und ist überzeugt von deren wegweisender Technologie. Zudem unterstützte die Amag im Rahmen der ETH-Mobilitätsinitiative ein Forschungsprojekt, welches die Rahmenbedingungen für kostengünstige Synfuels erforschte.

 

Auch für Schiffe

Komplex ist es auch in der Schifffahrt. Zwar sind die Chancen, etwa den Flusskreuzfahrtbetrieb grüner zu machen, durchaus vorhanden. Sascha Gill sieht diese in einer Palette von alternativen Treibstoffen bis hin zu Energieeffizienzmassnahmen. Der CEO von United Waterways AG mit Sitz in Basel, einem Anbieter von Schiffsmanagement und Schifffahrtsdienstleistungen für Passagierschiffe weltweit, weist aber auch die Herausforderungen hin: «Der Weg zu echter Nachhaltigkeit ist lang und erfordert eine systemische Transformation.» Seine Vision und Ansätze: Künftige Häfen müssen Landstrom liefern, Fortschritte im Batteriespeicher werden dabei eine entscheidende Rolle spielen. Schiffe beginnen zudem, Biokraftstoffe aus Abfallstoffen zu verwenden. Es ist aber noch unklar, ob es weltweit genug davon geben wird, um fossile Brennstoffe überall zu ersetzen. Gill sieht Biokraftstoffe eher als Übergangslösung.

Wasserstoff und synthetische Treibstoffe seien dagegen vielversprechende Alternativen, erfordern aber grosse Veränderungen in der Infrastruktur. Sascha Gill sieht daher die Effizienz als Gamechanger. Über die Kraftstoffe hinaus werden intelligentere Lösungen – etwa die Senkung des Energieverbrauchs pro Passagier – entscheidend sein. Optionen wie langsamere Fahrgeschwindigkeiten und optimierte Routen werden eine zunehmende Rolle beim Ausgleich von Nachhaltigkeit mit betrieblicher Effizienz spielen.

Auch bei der Defossilisierung der Mobilität scheint Pragmatismus angezeigt: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Wendepunkt

Synhelion verfügt gemäss eigenen Angaben über ausgereifte und patentierte Technologien zur Herstellung erneuerbarer Treibstoffe. Dabei wird Sonnenenergie genutzt. Die Technologie wandelt erneuerbare Energien und biogene Abfälle mit in synthetische Kraftstoffe um. Diese Kraftstoffe sollen nahtlos mit bestehenden Motoren und Infrastrukturen arbeiten. Bei der sogenannten «Sun-to-Liquid» Technologie wird die Wärme der Sonneneinstrahlung durch gewaltige Spiegel gebündelt (über 1500 Grad Celsius). Diese Energie wird dann verwendet, um im Elektrolyseverfahren Wasser zu spalten. Durch diese Vorgehensweise entsteht praktisch keine Belastung für die Umwelt und eignet sich gut für die vielen sonnenreichen Gegenden der Welt.