Viele Unternehmen verwenden immer noch Papierrechnungen. Wie wollen Sie diese überzeugen?

Mike Fäh: Wir wollen unseren Service noch einer grösseren Zielgruppe zugänglich machen – mit Fokus auf KMU. Das bedeutet, dass auch eine Schreinerei, eine Werbeagentur oder eine Immobilienverwaltung unsere Dienste nutzen kann. Papierrechnungen können dann automatisch kontiert, zugewiesen und freigegeben werden. Damit können sich die Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und müssen sich nicht mit langwierigen Prozessen abmühen.

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Sie haben Immobilienverwaltungen erwähnt. Weshalb?

Immobilienverwaltungen erhalten sehr viele Rechnungen noch immer in Papierform oder als PDF. Jede Rechnung muss manuell aufbereitet, erfasst und bezahlt werden. Der Markt der Rechnungssteller ist dabei sehr verzettelt, die Schreinerei aus einem Dorf schickt eine Papierrechnung, die nächste ein PDF. Deshalb ist es umso wichtiger, diese Rechnungen in eine strukturierte Form zu bringen. Mit unserer KI und unseren Schnittstellen lassen sich Aufwand und Kosten deutlich senken.

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Quelle: ZVG
Der Digitalisierer

Name: Mike Fäh

Funktion: Head of Sales, Project- and Product-Management,Swisscom/Conextrade

Ausbildung: MAS Leadership & Management, ZHAW ZurichUniversity of Applied Science; Dipl. Business Engineer NDS HF, SIB; dipl. Informatiker HF, ABB-Technikerschule

 

Das Unternehmen Conextrade bietet Lösungen für Firmen aller Grössen, bei denen Bestellungen, Lieferscheine und Rechnungen digital abgewickelt werden können. Dabei werden die Daten mittels KI extrahiert und ein standardisierter Austausch von Daten für den Einkauf und Verkauf ermöglicht. Conextrade ist eine Plattform der Swisscom.

Wie geht das konkret vor sich?

Wenn die Rechnung als Papier kommt, dann packt ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin von uns diese tatsächlich von Hand aus und legt sie auf einen Stapel, und dann werden sie gescannt. Anschliessend extrahiert die KI die Rechnungspositionen und bringt sie in eine einheitliche Form. Von dort gelangen sie zur Immobilienverwaltung und in deren Buchhaltungssystem. Immobilienverwaltungen verschicken viele Rechnungen an Privatpersonen. Bei grossen Rechnungsstellern macht es Sinn, eine direkte Schnittstelle zu Conextrade zu installieren. Wir «übersetzen» es dann in das jeweilige ERP-Format, beispielsweise SAP oder Abacus.

Dann ist Ihre Dienstleistung also auf Grossunternehmen und nicht auf KMU zugeschnitten?

Wir zählen einige Immobilienverwaltungen zu unseren Kunden, auch kleinere. Sie schätzen unseren Service, weil wir die lokalen und branchenspezifischen Herausforderungen kennen. Immobilienverwaltungen, die schweizweit tätig sind, arbeiten mit zahlreichen Handwerkern, und jeder schreibt eine andere Rechnung. Das können sie bei uns automatisieren und die Buchhaltung anderweitig auslasten.

Sind die Kosten für ein KMU nicht zu hoch? Was kostet Ihre Dienstleistung?

Es kommt auf das Rechnungsvolumen an. Das Abtippen von Rechnungen kann ein Mensch unmöglich genauso schnell erledigen wie eine Maschine. Deshalb kostet ein Unternehmen eine Papierrechnung zwischen 12 und 20 Franken! Bei uns kostet die Bearbeitung einer Rechnung zwischen 25 Rappen und 2 Franken. Dieser Preis gelingt uns dank unseren KI-Tools und unseren Scannern. Diese sind auf grosse Volumen angelegt. Wir machen ja den ganzen Tag nichts anderes.

«Es geht ­darum, die Lösungen für das Unternehmen zu individualisieren.»

Welche wichtigen Themen sehen Sie bei Ihren Kunden?

Die Umstellung auf QR-Rechnungen war in diesem Jahr für viele Unternehmen eine Herausforderung. Ich bin froh darüber, dass dieses Thema durch ist und wir uns wieder auf neue Innovationen konzentrieren können. Der Trend ist ungebrochen: Immer mehr Unternehmen setzen auf E-Rechnungen, und die Digitalisierung des Rechnungseingangs schreitet voran, weil die Vorteile klar auf der Hand liegen.

Warum sollen Immobilienverwaltungen den Rechnungsversand einer externen Firma übergeben?

Der Teufel steckt oft im Detail. Es geht darum, die Lösungen für das Unternehmen zu individualisieren. Die Schweiz hat spezielle Anforderungen, und dort haben wir einen klaren Vorteil. Papierrechnungen zu digitalisieren, ist in der Schweiz einfacher, ansonsten müsste man diese Briefe ja zuerst ins Ausland schicken. Da spielt auch der Nachhaltigkeitsgedanke mit.

«Für einen kleinen Malerbetrieb macht es tatsächlich wenig Sinn, sich an unser ­System anzuschliessen.»

Wie viele Kunden zählt Conextrade?

Wir haben über 10 000 Kunden. Darunter etwa den Migros-Genossenschafts-Bund, die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich oder auch die SV Group. Ein KMU mit fünfzig Mitarbeitenden zahlt für die einfachste Lösung rund 4500 Franken jährlich.

Werden die KMU von diesen Kosten abgeschreckt?

Für einen kleinen Malerbetrieb macht es tatsächlich wenig Sinn, sich an unser System anzuschliessen. Er kann Rechnungen per Mail als PDF verschicken. Aber Papierrechnungen sind einfach ineffizient! Ein Mensch oder eine Maschine muss wieder eine Umwandlung vornehmen, und das kostet Geld, welches anders viel produktiver und sinnvoller eingesetzt werden kann.

Wie können Sie KMU überzeugen, diesen Schritt zu machen?

Es ist die Macht der Gewohnheit. Viele Firmen bestehen nach wie vor auf Papierrechnungen. Dieselbe Frage ist, ob man Bargeld oder Apple Pay benutzt. Es besteht ein Generationen-Gap. Die Schweiz ist ein Land mit 600 000 KMU. Es gibt dabei zahlreiche verschiedene technische Voraussetzungen und Buchhaltungssysteme. Leider sind nach wie vor viele Unternehmen gar nicht in der Lage, Rechnungen anders als in Papierform zu verschicken. Es fällt ihnen schwer, das umzustellen. Oder sie glauben, E-Mail-Adressen seien unsicher, Postadressen hingegen nicht.