Würden Sie sagen, Markenrelevanz ist heute wichtiger als je zuvor?

Ja, Markenrelevanz ist heute bedeutender denn je – nicht nur um sich im Wettbewerb zu differenzieren, sondern um überhaupt in der Wahrnehmung der Zielgruppen stattzufinden. Heute erwarten Konsumenten Haltung, Nahbarkeit, Authentizität und echten Mehrwert. Marken müssen im Alltag oder in Lebenssituationen der Menschen eine bedeutende und sinnstiftende Rolle haben. Marken sind ein zentraler Pfeiler unserer Wirtschaft. Die 104 Promarca-Mitglieder allein schaffen über 26'500 Arbeitsplätze und investieren jährlich über 700 Millionen Franken in den Standort Schweiz.

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Zur Person

Barbara Castegnaro ist seit dem 1. Januar 2025 Director von Promarca. Zuvor arbeitete sie für Miele, Moët Hennessy, Lindt & Sprüngli und Wander.

Eine Marke, die ich wie selbstverständlich nutze, hat somit alles richtig gemacht?

So kann man es auch sagen. Eine Marke, die wie selbstverständlich in den eigenen Alltag integriert wurde, hat vieles richtig gemacht. Sie darf sich darauf aber nicht ausruhen, die Markenwahrnehmung ist heute dynamisch: Sie wird stark von gesellschaftlichen Entwicklungen, Medienverhalten und kulturellen Trends geprägt.

Mit welchen Strategien kann eine Marke diese Relevanz erreichen und behalten?

Konsistenz und Kohärenz sind wichtig! Es braucht ein profundes Verständnis der Marken-DNA und eine klare Positionierung. Wer für alles steht, riskiert am Schluss, nicht mehr authentisch und relevant zu sein. Konsumenten und Konsumentinnen wollen die Werte einer Marke verstehen. 

Es geht demnach um Fokus bei der Markenführung?

Es geht darum, den Fokus klar zu setzen. Customer-Centricity ist ein wichtiger Schlüssel. Es gilt, die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu bedienen und mit den eigenen Zielen und Werten zu verknüpfen. Erfolgreiche Marken setzen auf eine klare Positionierung, starke Kernbotschaften und ein klares Werteversprechen – und das bei rigoroser Kundenorientierung, ohne sich dabei zu verlieren. Agilität und kulturelle Anschlussfähigkeit spielen dabei eine zentrale Rolle.

Das ist in bewegten Märkten aber nicht einfach …

Die zentrale Herausforderung liegt in der Balance zwischen Markenkonsistenz und notwendiger Anpassungsfähigkeit. Marken müssen schnell auf neue Trends, Plattformen und Erwartungen reagieren. Sie dürfen aber ihre Identität nicht verlieren. Dabei stehen die Kommunikationsstrategie und die Auswahl der Kanäle und Plattformen im Fokus.

Man soll also nicht auf allen digitalen Festen tanzen?

Es gibt ausreichend Beispiele, die zeigen, wie Marken überdehnt wurden. Denn auch eine erfolgreiche Dachmarke kann nicht alles verkaufen. Bei Modemarken ist es oft die Ergänzung der Kleidung durch Parfüm, Uhren, Transportgepäck und andere Produkte, die auch zu viel sein können. Marken riskieren so, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Und das gilt auch für die digitalen Präsenzen. Eine selektive Auswahl der Plattformen, auf denen ihre bestehende oder zukünftige Zielgruppe aktiv ist, ist mit entsprechenden Ansprachen zielführender.

Wie lässt sich bei der digitalen Präsenz die Balance halten? 

Entscheidend ist eine integrierte Markenführung. Online und offline müssen dieselben Markenwerte vermittelt werden – in einer jeweils passenden Sprache und Form. Die Customer-Journey sollte nahtlos und markenkonform gestaltet sein, unterstützt von gezielten Datenanalysen und einheitlichen Markenrichtlinien. Social Media ist heute ein Schlüsselkanal für Markenbindung. Hier können Marken in Echtzeit mit ihrer Zielgruppe interagieren, relevante Inhalte teilen, Geschichten erzählen und Haltung zeigen. Erfolgreich sind dabei Marken, die Dialoge fördern, auf Community-Building setzen und Influencers oder Creators authentisch einbinden. 

Eine stringente Markenführung braucht jedoch Ressourcen. Nicht selten wird hier aber als Erstes gespart, wenn es mal nicht rund läuft. Oder was sind Ihre Erfahrungen?

Marketingmassnahmen werden oft synonym zu Einsparpotenzial gesehen. Das ist ein Trugschluss. Denn immer dann, wenn es herausfordernd wird, ist es umso wichtiger, sich zu positionieren – und das innerhalb einer klaren Strategie. Markenrelevanz hat stark mit Transparenz zu tun. Gerade auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten braucht es eine gezielte und abgestimmte Markenkommunikation, welche die eigene Relevanz festigen. 

Wie wichtig ist das Management, wenn es um Markenrelevanz und Markenführung geht?

Ganz klar, das Management hat eine – wenn nicht sogar die wichtigste – Rolle! Nur mit strategischem Commitment des Topmanagements entfaltet die Markenstrategie ihre Wirkung. Führungskräfte müssen Markenwerte vorleben, Ressourcen bereitstellen und die Marke zur strategischen Priorität machen. Nur dann kann die Relevanz extern wie auch intern nachhaltig verankert werden.

Und wer ist in einem Unternehmen sonst noch für die Marke verantwortlich?

Wie gesagt: Markenrelevanz ist nicht allein Aufgabe des Marketings, sondern eine Querschnittsaufgabe. Neben dem Brand- oder Produktmanagement tragen auch Produktentwicklung, Vertrieb, Kundenservice und HR zur Markenwahrnehmung bei, um nur einige zu nennen. Letztlich ist jede Interaktion mit dem Kunden, aber auch mit den eigenen Mitarbeitenden Teil der Markenkommunikation – und damit relevant. Jeder und jede Mitarbeitende ist ein Markenbotschafter.

Und final: Lässt sich Markenrelevanz messen?

Ja, auch wenn sie nicht immer direkt greifbar ist. Markenrelevanz lässt sich über verschiedene quantitative und qualitative Indikatoren erfassen – etwa über interne Kennzahlen und Daten, Markenbekanntheit, Brand-Image, Engagement-Raten in sozialen Medien, Net-Promoter-Score (NPS), Customer-Lifetime-Value oder Share of Voice. Ergänzend liefern Kundenfeedback und Social Listening wertvolle Einblicke.