The New Marketing Playbook» ist am 11. März 2026 das Generalthema der Trend-Tagung der Gesellschaft für Marketing (GFM). Marcus Schögel, unter anderem Präsident des Stiftungsrates der GFM sowie Vorsitzender der Jury des GFM-Preises für marktorientierte Unternehmensführung, gibt vorab eine Einschätzung darüber, was es für ein eigenes erfolgreiches Playbook braucht. 

Warum sprechen wir über Playbooks?

Ein «Playbook» ist eine Art Handbuch, das verspricht, auf jede Herausforderung eine klare Antwort zu haben. Die Idee dahinter: So wie Sportteams mit festen Spielzügen auf dem Platz agieren, sollen Unternehmen mit erprobten Strategien im Markt bestehen. Playbooks können Orientierung geben, besonders in einem Umfeld, das immer komplexer wird. Sie helfen, Prioritäten zu setzen, Entscheidungen zu strukturieren und Ressourcen effizient einzusetzen. Doch je populärer das Konzept wird, desto mehr wird es auch zu einem Schlagwort, das zwar Sicherheit verspricht, aber in der Praxis oft mehr Schein als Sein liefert.

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Zur Person

Marcus Schögel ist Associate Professor, Senior Lecturer und akademischer Direktor des Master in Marketing Management, Universität St. Gallen.

Das Problem ist demnach: die falschen Gegner und das falsche Spielfeld?

Immer häufiger begegnen Marketingverantwortliche «One best way»-Empfehlungen, die als provokante Wahrheit inszeniert werden. Dazu kommen künstliche Gegensätze wie Branding versus Performance, Awareness versus Conversion oder Kundenakquise versus Kundenbindung. Diese vereinfachten Frontstellungen wirken klar und handlungsleitend, sind in der Realität aber irreführend. Marketing ist selten ein Entweder-oder – es ist ein ständiges Austarieren zwischen verschiedenen Zielen, Zeithorizonten und Budgets. Parallel wächst ein KPI-Dschungel, gepflegt von detailverliebten Digitalanbietern, die Kennzahlen oft weniger zur besseren Steuerung bieten, sondern um ihre Preise für Platzierungen, Adwords oder Targeting zu rechtfertigen. Während wir uns in Reportingschleifen verlieren, gerät das grössere Spielfeld aus dem Blick. Denn Marketing ist heute nicht nur tiefer, sondern auch breiter geworden: Sponsoring, Co-Branding, Influencer-Kooperationen, Customer- Experience-Strategien, Pop-up-Konzepte, Dynamic Pricing – das Arsenal an Disziplinen wächst, und mit ihm die Gefahr, sich im Klein-Klein zu verlieren. Wer glaubt, mit einem statischen Playbook zu gewinnen, spielt ein Spiel, das längst neue Regeln hat.

Was ist in Ihren Augen die Lösung?

Das echte Playbook schreibt man selbst. Denn Playbooks sind nicht per se schlecht. Aber sie dürfen nicht als starre Blaupause verstanden werden, sondern müssen individuell entwickelt und kontinuierlich weitergeschrieben werden. Das beginnt mit dem Mut, vermeintliche Best Practices zu hinterfragen und Scheingegensätze aufzulösen. Branding und Performance? Ja, mit klarer Rollenverteilung. Kundenakquise und -bindung? Untrennbar verbunden, wenn der Customer Lifetime Value das Mass aller Dinge ist. Ein wirksames Playbook reflektiert Veränderungen im Markt, antizipiert Kundenverhalten und passt Spielzüge flexibel an. Es definiert Erfolgsmetriken, ohne von externen Dienstleistern diktiert zu werden. Es bildet die strategische DNA der Marke ab – von kurzfristiger Effizienz bis zu langfristiger Markenstärke. Es ordnet das erweiterte Spielfeld, priorisiert bewusst und integriert neue Disziplinen.

Was braucht es dazu?

Unternehmen müssen ihre Hoheit über Marketingentscheidungen zurückgewinnen. Statt blind KPIs hinterherzulaufen, gilt es, eigene Spielregeln zu definieren. Statt externe Benchmarks zu kopieren, gilt es, mutige Experimente zu wagen. Es gilt, unberechenbar zu bleiben – im positiven Sinne.

Ihr Fazit?

Schluss mit dem Rigged Game. Das heutige Marketing-Playbook ist oft voreingenommen durch die Interessen Dritter, gefangen in überholten Denkmustern und blind für die wachsende Komplexität des Spielfelds. Wer weiter blind kopiert, riskiert, Statist im Spiel anderer zu sein. Wer hingegen sein eigenes Playbook entwickelt, die relevanten Spielzüge bewusst auswählt und flexibel anpasst, wird nicht nur mitspielen – er wird das Spiel führen.