In den vergangenen zwölf Monaten ist der MSCI World Index um 13,4 Prozent gestiegen (auf Dollar-Basis). Der MSCI Global Alternative Energy Index ist dagegen um fast 23 Prozent gefallen. Dieser Index lässt sich noch weiter ausdifferenzieren – so sind die Aktien der Uranförderer um 33 Prozent gestiegen, die der Solarproduzenten um 26 Prozent gefallen. Und auch bei den Trendthemen sieht es ganz unterschiedlich aus – der US-Index für smarte Netzinfrastruktur hat seit Juni 2024 um 15 Prozent zugelegt, der Index, der auch die Lithium-Akku-Hersteller einschliesst, liegt mit plus 4 Prozent deutlich zurück.
Ethik, Umstellung, aktiver Beitrag
ESG-Aktienanlagen sind keine Selbstläufer, und es sieht so aus, als ob die Aktien von Firmen, die kaum an der Nachhaltigkeit arbeiten beziehungsweise sich im Umstellungsprozess befinden, besser laufen als die Aktien der Firmen, die bezüglich Nachhaltigkeit schon weit sind. Doch in der Praxis ist es komplizierter. Bei der Bank J. Safra Sarasin geht man bei diesem Thema systematisch und von drei Überlegungen geleitet vor, wie Daniel Wild, Chief Sustainability Officer, erklärt: «Zunächst gibt es ethische Überlegungen, und das hat zunächst nichts mit der Performance der Aktien zu tun, sondern mit der Grundsatzfrage, ob man es beispielsweise als Investor vertretbar findet, in die Aktien von Tabakunternehmen zu investieren.» Dann kommt das Thema ESG und die sich daraus ergebende finanzielle Materialität. «Hier stellt man die Frage, ob die Aktie einer Firma beziehungsweise eine Firma besser performt, weil sie etwas gut macht, zum Beispiel die Transition weg von fossilen Energieträgern vorantreibt, um Transitionsrisiken zu minimieren», sagt Wild. Und schliesslich stellt sich die Frage, ob Produkte oder Dienstleistungen einer Firma einen aktiven Beitrag zu nachhaltigen Entwicklungszielen leisten. In der Realität findet man oft eine Mischung dieser drei Gesichtspunkte.
Bei den ethischen Überlegungen stellt sich die Frage, ob man damit lediglich einige wenige Firmen aus dem Anlageuniversum ausschliesst. Oder dieses gleich um die Hälfte dezimiert, womit es schwierig wird, für die ausgeschlossenen Werte einen Ausgleich zu finden. Beim zweiten Punkt zeigt sich in der Realität ein gemischtes Bild: «Es gibt hier je nach Untersuchungen unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem, welchen ESG-Faktor man wie hoch gewichtet», so Wild. Hier gebe es kein einfaches «Richtig/Falsch»-Ergebnis. Und bei der dritten Überlegung, die sich auf die aktiven Beiträge zu Nachhaltigkeit richtet, sieht Wild viele Parallelen mit dem thematischen Investieren und der damit zusammenhängenden Berichterstattung.
«Gerade grosse Softwarefirmen stehen bei den Rankings nachhaltiger Firmen oft weit oben», beobachtet Wild. Stark verkürzen lassen sich die hier aufgezeigten Überlegungen nicht, sagt Wild. «Man kann mit den offiziellen Rankings beginnen, dann die drei hier aufgeworfenen Überlegungen einbeziehen und damit seine eigenen Grundlagen für die Wahl einzelner Aktien und Unternehmen erarbeiten.»
Was ist eine nachhaltige Firma?
«Es ist schwierig, allgemeine Aussagen zur Performance der Aktien nachhaltiger Firmen zu machen, weil es keine einheitliche Definition gibt, was eine solche Firma ausmacht», erklärt auch Marie-Laure Schaufelberger, Chief Sustainability Officer, Pictet Group. «Nachhaltiges Wirtschaften kann sowohl Unternehmen einschliessen, die ihre ESG-Risiken reduzieren, und solche, die positive Wirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft aufweisen.» Das sei einer der Gründe, weshalb die Ratings der ESG-Rankings beträchtlich voneinander abweichen können. Und das Gleiche gilt dann auch für die Performance der Indizes oder Portfolios, die auf solchen Daten aufgebaut werden.
Schaufelberger sieht zwei Faktoren, die für den Erfolg von Anlagen bei nachhaltigen Firmen ausschlaggebend sind: Der erste betrifft die Unterschiede zwischen Firmen, die ihr Nachhaltigkeitsprofil verbessern, und den anderen. «Die Finanzmärkte tendieren dazu, stärker auf die Veränderungen der Firmeneigenschaften beziehungsweise in diesem Fall der Nachhaltigkeit zu reagieren als auf die absoluten Nachhaltigkeitsniveaus.» Investoren können sich hier einbringen, indem sie die Managements der Firmen ermuntern, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen auszuweiten. Der zweite Faktor ist das Investieren in Unternehmen, die nachhaltige Produkte und Dienstleistungen anbieten. «Solche Firmen weisen oft auch ein attraktives Umsatz- und Gewinnwachstum auf.» Schaufelberger geht davon aus, dass Firmen, die ihre Nachhaltigkeitsprofile verbessern, längerfristig belohnt werden. «Die Unternehmen, die bereits heute vorausliegen, haben möglicherweise nicht so viele Verbesserungsspielräume, aber sie verfügen dann generell über ein attraktiveres Risikoprofil.»