Quantitatives Investieren ist ein moderner Ansatz, der auf der Nutzung mathematischer Modelle und Algorithmen zur Analyse grosser Datensätze und zur Entscheidungsfindung bei Investitionen basiert. Diese Anlagestrategie bietet gegenüber traditionellen Ansätzen einige Vorteile. «Wir können so grosse Datenmengen verarbeiten, um die Renditen und Risiken eines grossen Universums von Wertpapieren zu prognostizieren und dabei menschliche Verzerrungen während des gesamten Prozesses zu minimieren», erläutert Ariane Dehn, Country Head von BNP Paribas Asset Management in der Schweiz. «Der datengesteuerte Ansatz ermöglicht eine systematische und konsistente Konzeption und Umsetzung von Anlagestrategien, die auf objektiven Analysen basieren. Dies führt zu einer Quelle der Stildiversifizierung im Vergleich zu traditionellen Ansätzen.»
Strategien für festverzinsliche Anlagen
Die Strategien für festverzinsliche Anlagen unterscheiden sich grundsätzlich von denen für andere Anlageklassen im quantitativen Bereich. Die quantitativen Strategien für festverzinsliche Wertpapiere basieren auf mehreren Grundprinzipien, die auch für andere Anlageklassen gelten, insbesondere in Bezug auf die Modellierungsphilosophie. «Beim Vergleich unserer Ansätze für Unternehmensanleihen und Aktien stützen wir uns konsequent auf einen multifaktoriellen Ansatz, der sich auf vier Schlüsselstile konzentriert: Qualität, Value, geringes Risiko und Momentum», erklärt Ariane Dehn.
Einige der für Unternehmensanleihen vorgeschlagenen Faktoren haben sich auch in den Aktienstrategien als wertvoll erwiesen. «Risikoorientierte Kennzahlen wie die Ausfallwahrscheinlichkeit und der Verschuldungsgrad wurden erfolgreich angepasst, um Unternehmen mit höheren risikobereinigten Renditen für Aktienportfolios auszuwählen», so die Expertin. «Umgekehrt haben Erkenntnisse aus den Aktienmärkten auch die Fixed-Income-Modelle bereichert. Aktien-Momentum-Faktoren haben beispielsweise eine starke Prognosekraft bei der Identifizierung von Emittenten gezeigt, deren Anleihen wahrscheinlich eine Outperformance erzielen werden.»
Entwicklung und Trends
In den letzten Jahren hat sich quantitatives Investieren erheblich weiterentwickelt und wird vor allem von institutionellen Investoren präferiert. Zu beobachten ist bei den institutionellen Investoren ein wachsendes Interesse daran, nicht finanzielle Daten in quantitativen Modellen zu berücksichtigen, wie auch Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren. Ebenso wird die Nutzung fortschrittlicher Techniken wie maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) immer öfter nachgefragt, um die Genauigkeit quantitativer Modelle zu verbessern. Trotz den Herausforderungen wie dem hohen Signal-Rausch-Verhältnis in Finanzdaten oder der begrenzten Reichweite historischer Datensätze zeigen Techniken der natürlichen Sprachverarbeitung (NLP) zur Extraktion von Faktoren aus Textdokumenten vielversprechende Ergebnisse.
Doch technische Innovationen sind bislang nur begrenzt einsetzbar. Das gilt auch für Echtzeitdaten, die bei der Handelsausführung eine wichtige Rolle spielen. «Unser Fokus liegt auf Modellen mit höherer Kapazität und geringer Umschlaggeschwindigkeit, bei denen Positionen durchschnittlich sechs bis zwölf Monate lang gehalten werden», sagt Ariane Dehn. Portfolio-Trading verbessert die Ausführungsqualität für Unternehmensanleihen erheblich. Genutzt werden unüberwachte Methoden wie Clustering und überwachte Ansätze wie Lasso-Regressionen. «Auch das Potenzial anderer Methoden wie Entscheidungsbaummodelle, Deep Learning und Reinforcement Learning haben wir untersucht, bislang mit begrenztem Erfolg», beschreibt Dehn den aktuellen Stand.
Risiken und Unsicherheiten
Quantitatives Investment hat seine Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich, daher liegt der Fokus auch auf den institutionellen Anlegern. «Wir sprechen in der Regel nicht mit Endkunden, sondern mit Banken, Vermögensverwaltern, Family-Offices, Pensionskassen und Versicherungen», erläutert Ariane Dehn. «Portfoliomanager sehen die analytischen Vorteile und die Möglichkeit zur Diversifikation. Im Einzelberatungskontext ist der Ansatz jedoch weniger attraktiv, da oft der persönliche Heldenansatz des besten Fondsmanagers bevorzugt wird.»
Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind entscheidend. Die Kunden legen Wert darauf, zu verstehen, wie Entscheidungen getroffen werden und welche Überlegungen dahinterstehen. «In den letzten Jahren haben sich unsere Kunden zunehmend mit quantitativen Anlageansätzen vertraut gemacht. Bei der Bewertung einer Strategie möchten sie die zugrunde liegenden Faktoren für die Beständigkeit des Alpha und die Leistungsfähigkeit des Modells verstehen», sagt Dehn. «Sie zeigen grosses Interesse daran, wie sich diese Strategien unter verschiedenen Marktbedingungen entwickeln.» Um systematische Strategien unter ungünstigen Marktbedingungen zu bewerten, kommen Backtesting und historische Simulationen zum Einsatz. Ein robustes Risikomanagement-Rahmenwerk hilft, das Engagement in unbeabsichtigten Risikofaktoren zu kontrollieren. Die Performance der Portfolios wird kontinuierlich analysiert und mit relevanten Benchmarks und Indizes verglichen.