Nach zwanzig Jahren mit hohen Wachstumszahlen verzeichnet der Online-Handel in der Schweiz erstmals einen Rückschlag. Der Rückgang der gesamten Umsätze liegt zwar lediglich im einstelligen prozentualen Bereich. Aber dahinter stehen einige gegenläufige Entwicklungen. Das Thema Home & Living beispielsweise verzeichnet weiterhin Wachstumsraten um 25 Prozent. Etwa um den gleichen prozentualen Anteil sind die Umsätze bei Bekleidung geschrumpft. Beide Produktkategorien werden vorwiegend im Ausland produziert – und diese und viele weitere passieren auf dem Weg zu den Retailhändlern und den Kundinnen und Kunden grosse Logistikeinrichtungen. 

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Kosten versus Kundennähe

«Es gibt zu wenig gute Logistikimmobilien» sagt Peter Acél, Gründer und Geschäftsführer des gleichnamigen Zürcher Beratungsunternehmens. «Gut für die Schweiz meint prozessorientiert und hoch automatisiert.» Die guten Logistikimmobilien würden von den Logistikfirmen selbst gebaut. Treiber der Entwicklung ist weiterhin die Auslagerung von Lagerhaltung und Logistikdiensten an Spezialisten. Der ständige Druck durch die B2B- und B2C-Kunden, die bestellten Produkte noch schneller zu erhalten, wächst. Die zeitlichen Grenzen für Lieferungen werden laut Acél immer weiter nach hinten verschoben. «In der Gastronomie ist man bereits bei 23 Uhr Bestellzeit für Lieferungen am nächsten Tag bis 10.30 Uhr», sagt Acél.

Bei Elektroartikeln werden die Installateure inzwischen in Zürich bis zu dreimal täglich beliefert. «Das gelingt nicht einmal allen Apotheken», konstatiert Acél. «Denn es ist für Firmen teuer, Lagerbestände zu halten, und so bauen dann die Grosshändler eigene Lager auf, die sie über diesen Service finanzieren.» Denn Lagerflächen sind laut Acél auch ein Mittel, die Kundenbindung der Logistikdienstleister zu erhöhen – der Transporteur ist rascher gewechselt, als Lagerbestände verschoben werden. Im stark ereignis- und wetterabhängigen Foodbereich mit seinen vielen Impulskaufartikeln komme es sehr auf rasche Lieferungen an. Hier brauche es eine dezentrale Lagerhaltung. Eine Zentralisierung erfolgt laut Acél, wenn die Kosten im Vordergrund stehen. 

«Die Praxis zeigt, dass in der Schweiz oft auch noch Lagerplätze zu günstig verrechnet werden», sagt der Experte. Diese fehlende Kostendeckung müsse dann anderweitig ausgeglichen werden. «Auch Logistikstandorte im Ausland, die nicht in unmittelbarer Grenznähe liegen, lohnen sich, weil dort das Lohngefälle und die Transportkosten niedriger sind», sagt Acél. Erste Retailer bauen deshalb Logistikflächen im grenznahen Ausland. 

 

Nachhaltigkeit nimmt an Bedeutung zu

«Die Unternehmen bauen ihre Strategie langfristig auf und glauben nach wie vor an das E-Commerce-Geschäft», sagt Anica Raichle, Leiterin Entwicklung bei Rimaplan, einem Schweizer Immobilienentwickler und -dienstleister. «Die Nachfrage an den zentralen Lagen mit den entsprechenden Parametern ist daher ungebrochen.» Für Logistikimmobilien sei nach wie vor die gute Anbindung das A und O, um eine effiziente Verteilung der Waren zu ermöglichen. «Die Standortwahl richtet sich nicht primär nach einzelnen Endabnehmern, stattdessen wird versucht, Bereiche gesamthaft abzudecken», so Raichle weiter. «Die dezentrale Nähe zu Endabnehmern und -abnehmerinnen ist dann wichtig, wenn es um die schnelle Belieferung von Kunden geht.»

Wenn Logistikimmobilien in der Nähe von dicht besiedelten Gebieten oder grossen Absatzmärkten platziert sind, können Unternehmen die Lieferzeiten verkürzen und eine schnelle Reaktion auf Kundenbedürfnisse ermöglichen. Das sei vor allem bei E-Commerce oder Same-Day-Delivery ausschlaggebend. «Die Standortwahl variiert je nach individuellen Anforderungen und Gegebenheiten», fasst Raichle zusammen. Im Hinblick auf mögliche Nutzerwechsel brauche es Flexibilität wie modulare Raumgestaltung und flexibel nutzbare Raumhöhen.

«Wichtig sind heute darüber hinaus auch die entsprechenden Anschlüsse und Ladestationen für E-Fahrzeuge», so Raichle weiter. «Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine zunehmend wichtige Rolle.» Zertifizierungen und Standards für nachhaltiges Bauen würden wichtiger. «Auch Aspekte wie Energieeffizienz, Abfallmanagement, Recycling und die sogenannte grüne Infrastruktur finden eine immer grössere Beachtung», sagt Raichle. «So wurde zum Beispiel bei einem Logistikhallenneubau in Dällikon ein sogenannter Greenloop in das Projekt integriert. Dabei handelt es sich um Fassaden- und Dachbegrünung in Form einer umlaufenden grünen Schleife, die das Gebäude zoniert und eine Steigerung der Biodiversität mit sich bringt.»