Lastwagen sind normalerweise keine Fahrzeuge, mit denen ihre Fahrerinnen und Fahrer posen: Die allermeisten verrichten täglich von früh bis spät ihre zuverlässigen Dienste im Rahmen der immer komplexeren Logistikketten. Allenfalls als lärmige Verkehrsteilnehmer und/oder als Verkehrshindernisse werden sie von vielen Menschen wahrgenommen.

In einigen Jahren könnte sich das ändern: Im Schatten der Grossbestellung von 100 000 Teslas durch die Autovermietung Hertz meldete Embark Trucks die Reservierung von 14 200 Lastwagen durch das eigene Partnerprogramm mit den Industriepartnern. Die Auslieferungen sollen ab 2024 erfolgen. Dannzumal soll auch die Software kommerziell verfügbar sein.

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Embark Trucks? Die Firma könnte Tesla in den kommenden Jahren überholen, zumindest bezüglich der Aufmerksamkeit. Ihr CEO Alex Rodrigues könnte altersmässig der Sohn des Tesla-Unternehmers Elon Musk sein. Sein Gesellenstück lieferte Rodrigues im Oktober dieses Jahres ab, als er Embark über eine Spac-Beteiligungshülle an die Börse gebracht hat. Die Firma ist 5 Milliarden Dollar wert. Beim Börsengang sammelte man netto über 300 Millionen Dollar frische Mittel ein. Das ist gut das Doppelte von dem, was Tesla vor elf Jahren bei seinem IPO erhielt.

Automatik mit Baukastenprinzip

Hier enden die Vergleiche: Tesla produziert eigene Fahrzeuge. Embark dagegen befasst sich mit der Software und der dazugehörenden Technologie, mit der Lastwagen automatisch auf dem Level 4 gesteuert werden. Das Fahrzeug übernimmt dabei praktisch vollständig die Steuerung – wenn alle Bedingungen erfüllt sind. Lediglich unter besonderen Umständen greift eine Fahrerin oder ein Fahrer noch ein.

Die Unterschiede liegen bei den Details: Embark verkauft gefahrene Meilen-Leistung und arbeitet mit dynamischen Kartensystemen, die laufend anzeigen, wo gerade gebaut wird und wie sich Baustellen am besten handhaben lassen. Zudem arbeitet die Firma mit einem Software-as-a-Service-Modell, wie man das von Firmensoftware her kennt, die aber in der Logistik-Hardware unüblich ist. Und die Systeme von Embark sollen mit allen gängigen Lastwagenherstellern funktionieren. Auch das ist eine Abkehr von der heute gängigen Praxis. Und damit haben die grossen Flottenbetreiber, die vielfach über Fahrzeuge von unterschiedlichen Herstellern verfügen, einen grossen Vorteil: Mit einer einzigen Monitoring-Konsole haben sie ihre Flotten im Blick und mit einer einzigen Logik steuern sie die Flotten und die Lastwagen.

Lkw fortschrittlicher als Pkw

Was wie Science-Fiction klingt, ist teilweise schon Realität: In den USA werden vollständige automatische kommerzielle Fahrten bereits angeboten. Allerdings ist derzeit immer noch ein «Sicherheitsfahrer» mit an Bord. Parallel dazu unternimmt man auch die ersten Schritte in Richtung eines Ökosystems inklusive der «Transfer-Punkte». Für 2024 wagen die Analysten von Morgan Stanley eine erste Umsatzprognose. Die veranschlagten 860 Millionen Dollar entsprechen lediglich 1 Prozent des erreichbaren Gesamtmarktes. Längerfristig liegen Bruttomargen von über 70 Prozent und Betriebsgewinnmargen von über 30 Prozent drin. Das ist deutlich mehr, als das darunter stehende Logistik- und Transportgeschäft eigentlich hergibt.

Solche Margen ziehen automatisch weitere Interessenten an: Analysten gehen davon aus, dass fünf bis sechs Anbieter das Rennen um die Steuerung einzelner autonomer Lastwagen und ganzer Flotten machen werden. Zu den grössten Konkurrenten zählen Tu Simple, Kodiak Robotics, Gatik, Aurora und Einride aus Schweden. Und natürlich positionieren sich auch die grossen Autohersteller wie BMW, der kürzlich bei Kodiak Robotics eingestiegen ist. Und weil die Regulierung bei autonomen Lastwagen einfacher ist als bei Personenfahrzeugen, hat die Lkw-Sparte von Daimler eine Kooperation mit Waymo, einer Google-Tochter, bekannt gegeben. Zusammen will man Kleinlastwagen, wie sie die Lieferdienste oft nutzen, automatisieren. Den Menschen braucht es dann nur noch, um an der Haustüre der Empfänger zu klingeln.