Dass geopolitische Veränderungen und Verwerfungen grosse Folgen für Schweizer Firmen haben, weiss man an den Märkten längst: Je nach Auslöser und Region verteuern sich das Rohöl, das Gold und/oder der Dollar. Umgekehrt sinken Aktienkurse, die Konsumentenstimmung und die Einkaufsmanagerindizes.

Unternehmen müssen reagieren – und dann sind ihre Führungskräfte besonders gefordert. Für Finanzdienstleister bilden Krisen auch immer Gelegenheiten – wenn sie rasch reagieren und beispielsweise ihre Anlageempfehlungen rasch modifizieren und ebenso rasch umsetzen. Der US-Finanzexperte Marko Papic zum Beispiel hat bereits vor fünf Jahren ein Modell entwickelt, wie man in geopolitisch schwierigen Situationen Geld verdienen kann (Spoiler: Es ist in der Praxis sehr anspruchsvoll).

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De-Coupling und «China + 1»

Geopolitik wird auch in den Weiterbildungen zunehmend ein Thema. Das Geneva Institute of Geopolitical Studies (Gigs) beispielsweise bietet im Sommer eine «Summer School» zum Thema an. Das Swiss Institute for Global Affairs – School of Geopolitics der Ostschweizer Fachhochschule informiert Eilige im Rahmen von Tagesseminaren über Themen wie «BRICS plus – Konsequenzen für die Welt und die Schweiz». Und auch bei der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gab es bereits erste Round Tables zu «Geopolitik und KMU».

Bei den grossen Universitäten findet sich das Thema in vielfältigen Angeboten. «Wir bieten im Bereich Finance den CAS in Risk-Management an, der sich insbesondere mit finanziellen Risiken beschäftigt», sagt Benjamin Wilding, Geschäftsführer des Instituts für Banking und Finance an der Universität Zürich. Insbesondere im Kurs «Risk Management Practices» werden die aktuellen Themen im Bereich Risk-Management gelehrt und diskutiert. «Hier wird viel interdisziplinär gearbeitet, vorwiegend der historische Aspekt ist von grosser Relevanz», so Wilding.

Auch in die Managementweiterbildung der Universität Zürich spielt die Geopolitik hinein. «Im Executive MBA behandeln wir diesen Themenkreis im Rahmen des Moduls ‹International Management›», sagt Wilding. Unter anderem treten in diesem Modul als Gäste zwei ehemalige Schweizer Botschafter zum Thema Geopolitik auf. Themen wie De-Coupling, De-Risking, Lieferketten und weitere werden in diesem Teil besprochen. «Da das Modul einen Fokus auf Asien legt, wird beispielsweise auch auf Konzepte wie ‹China + 1›, das heisst auf die Stärkung der Resilienz von globalen Lieferketten, eingegangen», erläutert Wilding weiter. «Diese Themen gehören in einer zunehmend fragmentierten Welt in eine umfassende Weiterbildung wie den Executive MBA. Um den Teilnehmenden ein möglichst objektives Bild mitzugeben, kommen im EMBA optimistische und pessimistische Stimmen zu Wort.» Zudem wurde an der Universität Zürich aufgrund der Entwicklungen das Zentrum für Krisenkompetenz gegründet, das sich die interdisziplinäre Beleuchtung von Krisen zum Ziel gesetzt hat.

 

Doing business in crisis

Geopolitische Überlegungen seien für die Weiterbildung von Führungskräften von zentraler Bedeutung, da sie das Geschäftsumfeld massgeblich beeinflussen, heisst es auch von der Universität St. Gallen (HSG). Sie wirken sich auf den internationalen Wettbewerb, globale Kooperationen, Investitionsvorhaben, Marktverschiebungen, Risikomanagement, rechtliche Rahmenbedingungen und Compliance aus. In den Weiterbildungsprogrammen an der Executive School der Universität St. Gallen vermittelt man den Führungskräften laut HSG das notwendige Verständnis für geopolitische Entwicklungen und unterstützt sie dabei, Strategien anzupassen, Risiken zu managen und globalen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Die Inhalte würden von den führenden Expertinnen und Experten der Universität St. Gallen erarbeitet und laufend den aktuellen Entwicklungen angepasst. Der Anspruch der Executive School sei, die Teilnehmenden mit Kompetenzen auszustatten, die auf neue Situationen übertragbar sind.

Auch in der Weiterbildung von Führungskräften spielt die Geopolitik laut HSG eine wichtige Rolle. Man behandle dieses Thema in den Kursen «International Management», «Doing Business in China», «Global Business» sowie in den Kursen «Economics», «Value Creation in a Global Economy» und «Geoeconomic Dynamics & Disruption». In den Board-Programmen behandelt man das Thema Geopolitik an der HSG mittlerweile standardmässig, da es in allen Agenden von Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten zu finden ist. Der Fokus liegt dabei laut HSG meist auf der Frage, welche geopolitischen Risiken für Unternehmen relevant sind und welchen Einfluss sie auf die Strategieformulierung haben.

Auch die HBM-Unternehmerschule testet gemäss HSG derzeit ein neues Weiterbildungsformat für ihre Alumni in Zusammenarbeit mit CEO und Entrepreneurs. Dieses neue Weiterbildungsformat befasst sich mit Fragen wie: Wie sollen Unternehmen auf die zunehmende Regulierung in der EU beziehungsweise zwischen der EU und der Schweiz reagieren? Beispiele sind das Lieferkettengesetz und branchenspezifische Richtlinien. Die Ergebnisse dieses neuen Angebots werden in den nächsten Monaten erwartet.